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Zur Preisangabepflicht in Schaufenstern

Zur Preisangabepflicht bei Schaufenstern in Ladengeschäften


Zur Preisangabepflicht in Schaufenstern

Fenster zu Geschäftsräumlichkeiten eines Bestattungsunternehmen sind aufgrund der Besonderheiten des Bestattergewerbes regelmäßig keine Schaufenster im Sinne der Bestimmungen der Preisangabenverordnung. Die üblicherweise schriftlich ausgefertigten Angebote im Bestattungswesen könnten generell die Annahme rechtfertigen, dass Leistungen eines Bestattungsunternehmens von den Vorschriften der Preisangabenverordnung über die Anbringung eines Preisverzeichnisses ausgenommen sind. Verfahren, die die Überprüfung eines preisangabenrechtlichen Anspruchs zu unterschiedlichen Geschäftslokalen eines Unternehmens zum Gegenstand haben, begründen aufgrund der auf die jeweilige Örtlichkeit bezogenen notwendigen Einzelfallprüfung trotz identischer Antragsformulierung keine anderweitige Rechtshängigkeit. 

Das Begehren eines Bestattungsunternehmens auf Feststellung des Nichtbestehens eines Unterlassungsanspruchs war Gegenstand einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg. Das Gericht setzte sich mit der Frage auseinander, unter welchen Voraussetzungen ein Schaufenster im Sinne der Preisangabenverordnung vorliegt. Der beklagte Verbraucherschutzverein hatte das klagende Bestattungsunternehmen im Vorfeld auf Unterlassung in Anspruch genommen. Konkret war dem Unternehmen als Verstoß gegen die Preisangabenverordnung vorgeworfen worden, in den Fenstern der Geschäftsräume am Firmensitz des Unternehmens kein Preisverzeichnis mit den Preisen für die wesentlichen Leistungen angebracht zu haben. Das Unternehmen gab keine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab und forderte den Verein seinerseits zur Abgabe einer Erklärung auf, die Behauptung von Wettbewerbsverstößen nicht weiter aufrechtzuerhalten. Nach den Urteilsfeststellungen war es möglich, durch Fenster in das Innere der Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmens zu blicken. Es waren Einrichtungsgegenstände und eine der Jahreszeit angepasste Dekoration erkennbar. Oberhalb eines Fensters fanden sich allgemeine Hinweise auf den Unternehmensgegenstand. Nach der Ansicht des Oberlandesgerichtes Hamburg blieb kein Raum, die gegenständlichen Fenster dem Begriff des Schaufensters im Sinne der Preisangabenverordnung zu unterstellen. Schutzgegenstand der Preisangabenverordnung sind stets konkrete Leistungsangebote, nicht jedoch die allgemeinen geschäftlichen Verhältnisse des Anbieters. Die Preisangabenverordnung soll sicherstellen, dass das Preisverzeichnis an jedem Ort angebracht wird, an dem der potentielle Kunde mit dem Leistungsangebot konfrontiert wird. In den Geschäftsräumen des Bestattungsunternehmens wurden keine wesentlichen Leistungen zur Schau gestellt. Es gehört nach den Ausführungen des Gerichtes vielmehr zu den Besonderheiten des Bestattergewerbes, dass der weit überwiegende Teil der Dienstleistungen außerhalb der Geschäftsräume und schon gar nicht im sichtbaren Bereich der Geschäftsräume erbracht wird. Die Dekoration und Fenstergestaltung des Unternehmens wurde vom Gericht als eine allenfalls werbende Darstellung ohne Bezug zu konkreten Leistungen und Produkten gewertet. Dabei schadete es auch nicht, dass ein Kunde durch die Fenster einen Blick auf typische Utensilien eines Bestattungsunternehmens wie Kerzen oder Kränze werfen konnte. Die Glasflächen der Fenster wurden vom Unternehmen nach den Feststellungen nicht zum Ausstellen von Waren oder zur besonderen Zurschaustellung von Dienstleistungen genutzt. Das Gericht verneinte daher bereits das Vorliegen eines Schaufensters im Sinne der Preisangabenverordnung. Die Bestimmung zum Preisverzeichnis ist auf Leistungen nicht anzuwenden, die üblicherweise aufgrund von schriftlichen Angeboten oder schriftlichen Voranschlägen erbracht werden, die auf den Einzelfall abgestellt sind. Das Gericht hatte nicht abschließend über die Frage zu urteilen, ob die von einem Bestattungsunternehmen angebotenen Leistungen diesen Ausnahmetatbestand erfüllen. Das Gericht nahm die Entscheidung allerdings zu der Anmerkung zum Anlass, dass gerade im Bestattungswesen vieles für diese Annahme sprechen würde. Anlässlich einer Bestattung sind viele Faktoren und Kostenpositionen zu berücksichtigen. Die konkrete Gestaltung der Bestattung erfolgt unter Berücksichtigung der besonderen Wünsche des Verstorbenen und der Angehörigen. Bestatter rechnen vielfach auch fremde Kosten mit ab. In Verbindung mit den zumeist nicht unerheblichen Kosten einer Bestattung wird dies dazu führen, dass dem Kunden im Regelfall ein schriftliches und auf den Einzelfall abgestelltes Angebot übermittelt wird. Damit wären die Leistungen dem Ausnahmetatbestand zu unterstellen. Der Verein hatte den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit erhobenen. Die gegen das Unternehmen gerichteten Abmahnungen betreffend zwei Zweigniederlassungen waren bereits Gegenstand eines Rechtsstreits. Das Oberlandesgericht Hamburg sah den Einwand als unbegründet an. Der Vorwurf in Bezug auf ein konkretes Geschäftslokal macht auch bei identischen Anträgen eine Einzelfallprüfung erforderlich, die je nach Örtlichkeit unterschiedlich ausfallen kann. Die Berufung des Vereins gegen das stattgebende Urteil des Landgerichts Hamburg wurde vom Oberlandesgericht Hamburg zurückgewiesen. 

Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 08.05.2013, Az. 5 U 169/11


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