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Widerrufsrecht bei Bahnticketerwerb

Kein Widerrufsrecht wegen Bereichsausschluss bei Bahnfahrkarten und Fahrscheine für einen bestimmten Zeitraum


Widerrufsrecht bei Bahnticketerwerb

Grundsätzlich haben Verbraucher beim Abschluss eines Fernabsatzvertrages ein gesetzliches Widerrufsrecht. Mit Urteil vom 15.April 2010 hat das OLG Frankfurt jedoch eine wichtige Ausnahme deutlich gemacht. Gemäß § 312 b Abs.3 BGB wird vom Gesetz ein Widerrufsrecht für Dienstleitungen, die dem Bereich der Beförderung zuzuordnen sind, ausgeschlossen. Voraussetzung dafür ist, dass die Beförderung innerhalb eines bestimmbaren Zeitraums in Anspruch genommen werden kann. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den Unternehmer nicht unverhältnismäßig zu belasten. Die Ausnahmevorschrift findet jedenfalls dann Anwendung, wenn ein Kunde über das Internet eine Fahrkarte für die Bahn erwirbt, die ihn dazu berechtigt, innerhalb von 11 Wochen zwei einfache Fahrten zu tätigen, die von ihm frei gewählt werden können. Das Gericht hat zudem entschieden, dass die Befristung des Tickets zulässig ist. Insofern kann der Kunde nach Ablauf des eingeräumten Zeitraums keine Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises verlangen. Dieser Grundsatz gilt umso mehr, wenn der Kaufpreis für das Ticket deutlich unter dem durchschnittlichen Preis für eine Fahrkarte liegt. 

Die Beklagte hatte im Internet in dem Zeitraum vom 01.08. bis zum 10.08.2008 mehrere Bahntickets verkauft, die vom Käufer für zwei einfache Fahrten im Zeitraum vom 16.08. bis zum 31.10.2008 verwendet werden konnten. Nach Ansicht der Klägerin hätte den Käufern im Rahmen dieser Verkaufsaktionen ein Widerrufsrecht im Sinne des § 312 d Abs.1 BGB zugestanden. Über dieses Recht hätten sie außerdem vorab informiert werden müssen, wie es sich aus § 312 c Abs.1 BGB ergibt. Weiterhin hatte die Klägerin vorgetragen, dass die Vertragsbedingungen der Verkäuferin einen Verstoß gegen § 307 BGB darstellen würden, da der Kunde dadurch unangemessen benachteiligt werde. Dies hatte sie damit begründet, dass es die Beklagte ausgeschlossen hat, einen Umtausch bzw. eine Erstattung der Kosten anzubieten. Vor dem Landgericht wurde die Klage abgewiesen. Die Klageabweisung wurde vom Gericht damit begründet, dass die Vorschriften über Fernabsatzverträge in dem konkreten Fall gemäß § 312 b Abs.3 Nr.6 BGB keine Anwendung finden. Die unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB wurde ebenfalls verneint. Dem Unternehmer müsse eine Gültigkeitsbefristung zugestanden werden. Diese sei darüber hinaus in der Branche auch nicht unüblich und für den Anbieter nicht verzichtbar. Gegen dieses Urteil hatte die Klägerin sodann Berufung vor dem OLG Frankfurt eingelegt. 

Die zulässige Berufung wurde jedoch vom Gericht als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der Richter war der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG oder aus §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG nicht begründet. Zwar wurden die Fahrkarten über das Internet verkauft, so dass es sich dem Grunde nach um einen Fernabsatzvertrag gehandelt hat. Allerdings ist die Anwendung der Vorschriften über Fernabsatzverträge auch nach Ansicht des OLG Frankfurt nach § 312 b Abs.3 Nr.6 BGB ausgeschlossen. Daher waren die §§ 312 c, 312 d BGB in dem konkreten Rechtsstreit nicht anwendbar. Der Wortlaut der Vorschrift des § 312 b Abs.3 Nr.6 BGB macht deutlich, dass unter anderem Verträge über die Beförderung von den Bestimmungen über das gesetzliche Widerrufsrecht ausgenommen sind. Durch den Kauf der Tickets, hat der Käufer einen Vertrag mit der Bahn geschlossen. Ihm oblag es dabei, die gekauften Fahrkarten im Hinblick auf Fahrstrecke sowie dem Datum nach eigenen Vorstellungen zu verwenden. Als weitere Voraussetzung macht § 312 b Abs.3 Nr.6 BGB deutlich, dass der Unternehmer dazu verpflichtet wird, die angebotene Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt, jedenfalls aber in einem bestimmbaren Zeitraum, zu erfüllen. Bei ihren Angeboten hatte die Beklagte hinreichend darauf aufmerksam gemacht, dass die Fahrkarten innerhalb des Zeitraums zwischen dem 16.08. bis zum 31.10.2008 gültig gewesen sind. Innerhalb dieses Zeitfensters, hätte der Käufer die vertraglich zugesicherte Beförderung jederzeit in Anspruch nehmen können. 

Durch den Ausschluss eines Umtauschs bzw. einer Erstattung des Kaufpreises, hat die Beklagte auch nicht gegen § 307 BGB verstoßen. Es fehlt insofern an einer unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers. Zur Berechnung hat das OLG Frankfurt ausgeführt, dass zwei Einzelfahrkarten für die längste und teuerste Streckenverbindung innerhalb Deutschlands deutlich kostenintensiver gewesen wären, als das Angebot der Beklagten. 

OLG Frankfurt, Urteil vom 15.04.2010, Az. 6 U 49/09 


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