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Veröffentlichung von geschützten Werken zu Studienzwecken

LG Stuttgart, Urteil vom 27. September 2011, Az. 17 O 671/10


Veröffentlichung von geschützten Werken zu Studienzwecken

Das Landgericht (LG) Stuttgart hat mit seinem Urteil vom 27. September 2011 unter dem Az. 17 O 671/10 entschieden, dass geschützte Werke nur in engen Grenzen zu Studienzwecken verbreitet werden dürfen.

Damit hat das LG die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, Teile des Werkes X ohne Erlaubnis der Klägerin elektronisch zu verbreiten, indem sie es Studenten ermöglicht, Teile des Werks als Datei herunterzuladen und zu speichern. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um mehr als drei Seiten des Werkteils handelt.
Auch ansehen dürfen die Studenten die Werkteile nur, wenn es sich dabei um weniger als 48 Seiten handelt. Gleiches gilt für das Ausdrucken von Werkteilen.
Außerdem muss die Beklagte der Klägerin Auskunft über das Ausmaß der rechtsverletzenden Handlungen erteilen, insbesondere Zeitpunkte sowie Zeiträume der Zugänglichmachung und Anzahl der Zugriffe seit dem Zeitpunkt der öffentlichen Zugänglichmachung. Die Beklagte muss der Klägerin ferner Schadensersatz leisten.

Anlass der Klage ist ein Streit um die Rechtmäßigkeit der Zugänglichmachung von Seiten eines Buches. Die Seiten wurden Studenten von der Beklagten im Rahmen einer elektronischen Lernplattform zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin ist die Verlegerin des Buches X, das das Thema Geschichte der Psychologie zum Gegenstand hat und einen Abriss von der Antike bis zur Gegenwart bietet. Das Werk ist als Nachschlagewerk und begleitende Studienlektüre für Studenten der Psychologie geeignet und umfasst 533 Seiten. Die Beklagte betreibt eine elektronische Lernplattform, über die Lerninhalte und Literatur abrufbar sind.
Die Plattform ist mit einem Benutzernamen und einem Passwort für angemeldete Studenten zu erreichen.
Die Beklagte empfiehlt den Studenten des Studiengangs Psychologie unter anderem das von der Klägerin herausgegebene Werk als Pflichtlektüre und stellte dies über das
elektronische Lernprogramm "Moodle" zur Verfügung. Darauf wurde die Klägerin durch einen Blog-Beitrag aufmerksam, der wie folgt lautet: "Ein Teil aus diesem Buch gehört zur empfohlenen Literatur, der wird aber i. d. R. als PDF bereitgestellt. Ich selbst habe mir das Buch gekauft. Der Inhalt ist sicherlich interessant, aber wenn ich jetzt die Wahl hätte, würde ich es nicht kaufen ... "
In einem weiteren Blog-Beitrag hieß es: "Wichtig: Nichts kaufen, lediglich den Lück irgendwo ausleihen, den braucht man danach nie mehr wieder. Der Rest wird in Moodle zum Download bereit gestellt, wer die Bücher kauft, macht das faktisch umsonst"

Die Klägerin mahnte deswegen die Beklagte ab und forderte Unterlassung der Bereitstellung von Teilen des Werkes. Daraufhin teilte die Beklagte mit, sich an den § 52a UrhG zu halten und stellte ihr Programm so um, dass Studenten das Werk nicht mehr speichern konnten.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Handlungen der Beklagten seien nicht durch den § UrhG gerechtfertigt, da es sich nicht um eine Veröffentlichung kleiner Werk-Teile für einen bestimmten, abgegrenzten Kreis von Teilnehmern im Unterricht gehandelt habe.
Vielnehr seien 91 Seiten verbreitet worden, was im Verhältnis zu 476 Textseiten keinen kleinen Teil darstelle.

Auch ein inhaltlicher und zeitlicher Bezug zum Unterricht sei nicht gegeben. Da die Beklagte ihren Studenten mitgeteilt habe, das Werk gehöre zur Pflichtlektüre, habe sie deutlich gemacht, dass es nicht um eine Veranschaulichung ging, sondern dass das Werk die Grundlage für das Semester darstelle. Die Nutzungsmöglichkeit sei auch nicht zeitlich beschränkt.
Dem schließt sich das LG Stuttgart weitgehend an. Die Klägerin könne verlangen, dass die Beklagte es unterlässt, den Studenten zu ermöglichen, mehr als 3 Seiten des Werks zu speichern. Unabhängig von der Seitenanzahl hätte die Beklagte ein anderes Format als eine PDF-Datei wählen müssen, um die Speicherung zu verhindern.
Indem die Nutzung an ein Passwort und Benutzernamen gebunden war, handele es sich jedoch um einen überschaubaren Kreis von zugreifenden Personen. Unerheblich sei dabei, dass es keine regionalen Zugangsbeschränkungen gebe. Dies würde vielmehr eine unzulässige Freizügigkeitsbeschränkung des Bürgers in der Europäischen Union bedeuten.
Die Zugänglichmachung von 10 % der Seiten stelle überdies nur einen kleinen Teil dar.

LG Stuttgart, Urteil vom 27. September 2011, Az. 17 O 671/10


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