Unzulässige Werbung für homöopathisches Mittel
Die Werbung mit der vorgeblichen Wirkung eines Arzneimittels, die in Wahrheit nicht erwiesen beziehungsweise als Indikation zugelassen wurde, ist unstatthaft. Sie ist irreführend, weshalb das Landgericht Bielefeld eine solche Werbung für ein homöopathisches Mittel auf Antrag per einstweiliger Verfügung untersagte.
Urteil des LG Bielefeld
Die Antragsgegnerin - Vermarkterin homöopathischer Arzneimittel - muss es künftig zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis 250.000 Euro oder einer Ordnungshaft bis sechs Monate unterlassen, für ein homöopathisches Mittel unzulässig zu werben. Antragsteller ist ein Verein, der den ordnungsgemäßen Wettbewerb überwacht. Die Antragsgegnerin darf auch nicht Oberbegriffe für etwaige Anwendungsgebiete verwenden, für die das Mittel in Wahrheit nicht zugelassen wurde.
Zum Tatbestand
Die Antragsgegnerin warb in der Apothekerzeitung für ein homöopathisches Mittel “S.” damit, dass dieses für “belastbarere und stärkere Knochen, Muskeln und Bänder” sorge, dass es der “Stärkung und Beweglichkeit” diene und das “Wachstum von Zähnen und Knochen” unterstütze. Gegen diese Aussagen beantragte der eingetragene Verein eine einstweilige Verfügung mit dem Argument, dass das homöopathische Mittel keinesfalls zur Stärkung der sportlichen Leistungskraft diene oder dafür zugelassen sei. Es brächte Sportlern keinen Gewinn, was bezüglich der angemahnten Werbung ein Verstoß gegen die §§ 3, 3a HWG darstelle. Es gäbe keinen Nachweis, dass die in der Werbung gemachten Aussagen und weitere gesundheitsbezogene Werbebehauptungen richtig seien. Das homöopathische Mittel sei nicht einmal allgemein zur Stärkung von menschlichen Körperfunktionen geeignet. Die verbreitete Werbung überschreite zugelassene Indikationen des Mittels und täusche die Verbraucher beziehungsweise PatientInnen. Weder erhöhe das Mittel die Beweglichkeit noch stärke es Muskeln oder Knochen, schon gar nicht fördere es das Wachstum von Knochen oder Zähnen. Es fördere vielmehr gar kein Wachstum. Die entsprechenden Werbeaussagen entsprächen zudem keinesfalls gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Aufgrund dieser Argumente beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Zielrichtung, die irreführende Werbung künftig zu unterbinden. Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung des Antrags mit der Begründung, die Werbeaussagen würden keine konkreten Anwendungsgebiete benennen, sondern nur Wirkungsaussagen treffen. Es würden keine Indikationen genannt und auch keine Krankheitsbilder beschrieben. Vielmehr würden sich die beanstandeten Aussagen im Rahmen des für das Mittel zugelassenen Anwendungsgebietes bewegen, welches den Bereich der Muskeln, Sehnen sowie des Stütz- und Bindegewebes einschließe. Man suggeriere in der Werbung keine übertriebenen Wirkungen, der Verbraucher würde vielmehr die Werbeaussagen im Kontext gut und richtig verstehen. Auch auf die homöopathische wissenschaftliche Fachliteratur berief sich die Antragsgegnerin, in der es Belege für die dargestellten Wirkungen gäbe. Diesen Argumenten folgte das Landgericht nicht, es verhängte vielmehr die beantragte einstweilige Verfügung, welche die zitierten Werbeaussagen künftig verbietet.
Entscheidungsgründe des Gerichts
Die Vorschrift, nur zulässig zu werben, erstreckt sich auch auf Oberbegriffe zu einer Indikation. Durch den Einsatz der Begrifflichkeiten “Stärkung”, “Knochen- und Zahnwachstum” oder “Beweglichkeit” werden Wirkungen suggeriert, die das Mittel eindeutig nicht erzielt. Man könne durchaus auf zusätzliche, wenngleich nicht indizierte positive Wirkungen verweisen, müsse dieses aber werblich korrekt darstellen. Auf die Pflichtangaben im Beipackzettel eines Medikaments können sich Werbetreibende nicht berufen, um damit auf ihre korrekte Vermarktung zu verweisen. Diese Pflichtangaben sind nicht geeignet, Fehlvorstellungen durch eine suggestive Werbung zu korrigieren, die der § 3a HWG ausdrücklich unterbinden möchte. Der Verbraucher müsse vor dieser Art der Werbung geschützt werden, führte das Landgericht Bielefeld in der Urteilsbegründung aus. Der Verstoß ergäbe sich im vorliegenden Fall auch durch die Koppelung der Werbeaussagen mit Bildern von Personen, die wohl durch das Mittel besonders kräftig und beweglich geworden seien. Letzten Endes suggeriere die Werbung eine “Stärkung” des Stützapparates, während das Mittel nur “gegen die Schwäche des Stützapparates” anzuwenden sei. Diese Argumentation lässt sich auf alle angeführten Werbeaussagen (Stärkung der Zähne und Beweglichkeit usw.) ausdehnen. Es dürfe beim Publikum nicht der falsche Eindruck erweckt werden, ein Heilmittel wirke indikationsbezogen umfassender, als das tatsächlich der Fall ist.
LG Bielefeld, Urteil vom 28.01.2015, Az. 16 O 2/15
Kommentare (1)
Das_Sams
Die DHU verkauft noch immer Zuckerkügelchen als "Heuschnupfenmittel". Kann man dagegen was tun?
Ich habe irgendwo eine Geschichte gelesen, daß jemand als Kind das Zeug fressen mußte, was seiner Mutter ein gutes Gewissen gegeben hat, daß sie ja alles getan hätte um ihrem Kind zu helfen und es dabei auch noch vor "der bösen Pharmaindustrie" geschützt habe und damit dafür gesorgt hat, daß dem betroffenen seine gesamte Kindheit/Jugend der Zugang zu wirksamen Medikamenten verwehrt war, wo drunter er sehr gelitten hat.
Im Vergleich dazu war ich also noch gut dran, weil ich nur etwa eine Woche wegen diesem Zeug am Dauerniesen war.
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