Schutzmaßnahmen für Videospiele
Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in dem Urteil vom 27. November 2014 mit den technischen Schutzmaßnahmen bei Videospielen auseinandergesetzt. Dabei hat das Gericht deutlich herausgestellt, dass die Anwendung von technischen Schutzmaßnahmen möglicherweise gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, wobei vom Gesetz erlaubte Gebrauchsmöglichkeiten nicht in unzulässiger Art und Weise eingeschränkt werden. Sodann hat der Senat das anhängige Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht München verwiesen.
Bei der Klägerin handelte es sich um die Produzenten sowie Anbieterin von Konsolen und Videospielen. Unter anderem vertreibt sie die von Nintendo hergestellte Spielekonsole "Nintendo DS" und die dazugehörigen Spieler. Die Klägerin ist darüber hinaus Inhaberin von Schutzrechten, die urheberrechtlich gesichert sind. Diese Schutzrechte gelten im Hinblick auf die Computerprogramme sowie Musik-, Lichtbild-, Sprach- und Filmwerke, die ihrerseits fester Bestandteil der Spiele sind. Die einzelnen Spieler werden auf einer Speicherkarte abgespeichert, die ausschließlich von der Nintendo-Spielekonsole ausgelesen werden können. Dazu muss der Nutzer die Speicherkarte in den dafür vorgesehenen Kartenslot an der Konsole einlegen.
Bei der früheren Beklagten handelte es sich um eine Anbieterin, die über das Internet spezielle Adapter für die Konsole verkauft hat. Dabei wurden die Adapter an die Form der originalen Speicherkarten angepasst. Dementsprechend konnten die Adapter anstelle einer Speicherkarte in den Kartenschacht eingelegt werden. Durch diese Nachbildung war es für Käufer möglich, über das Internet Raubkopien der einzelnen Spiele zu beziehen, um diese anschließend auf der Spielekonsole zu nutzen. Die Spiele, die illegal aus dem Internet bezogen wurden, konnten entweder auf eine SD-Karte übertragen werden, die sodann mit dem Adapter verbunden wurde. Alternativ war es auch möglich, den im Adapter verbauten Speicherbausteinen direkt zu verwenden.
Nach Ansicht der Klägerin verstoße der Verkauf des Adapters gegen die Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG. Sinn und Zweck der Norm sei es, die Möglichkeit technischer Maßnahmen ausnutzen zu können, um urheberrechtlich geschützte Werke gegen die missbräuchliche Nutzung zu schützen. In dem Verfahren hat die Klägerin sowohl die Unterlassung des Vertriebs als auch einen angemessenen Schadensersatz beantragt. Der Klage wurde vom Landgericht stattgegeben. Dagegen hatte die Beklagte Berufung eingelegt, die jedoch im Ergebnis erfolglos blieb. Der BGH als Revisionsinstanz hat das Urteil der Berufungsinstanz aufgehoben, und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht verwiesen.
Der 1. Zivilsenat hat deutlich gemacht, dass es nach der Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG nichts gestattet ist, Vorrichtungen zu verkaufen, die im Wesentlichen dazu produziert werden, technische Schutzvorkehrungen zu umgehen. Daher seien auch technische Maßnahmen zum Schutz vor illegaler Nutzung von Videospielen vom Schutzzweck des Gesetzes erfasst. Die von der Klägerin produzierten Spielekarten stellen nach Einschätzung der Richter eine derartige Schutzmaßnahme dar. Durch die Abstimmung der Karten und dem in der Konsole vorhandenen Kartenschacht soll der illegalen Verbreitung von Raubkopien vorgebeugt werden, da die speziellen Spielekarten ausschließlich für die Nintendo-Spielekonsole hergestellt werden. Bei den von der Beklagten verkauften Adapter handelt es sich demgegenüber um technische Geräte, die überwiegend zur Umgehung der Schutzmaßnahme produziert worden sind. Für den Käufer bestehe der Reiz zum Kauf eines Adapters gerade darin, in Zukunft keine Spiele mehr kaufen zu müssen, sondern stattdessen auf Raubkopien zurückzugreifen. Demgegenüber treten die legalen Möglichkeiten, die ein solcher Adapter bietet, in den Hintergrund.
Der BGH hat jedoch keine endgültige Entscheidung getroffen, da die Berufungsinstanz es versäumt hat, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in dem konkreten Rechtsstreit zu prüfen. Insbesondere ist nach Meinung des Bundesgerichts zu prüfen, ob die Verwendung solcher technischer Schutzmaßnahmen mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang zu bringen ist. Darüber hinaus dürften die legalen Verwendungsmöglichkeiten keineswegs in unzulässiger Weise eingeschränkt werden.
Insoweit konnte der BGH dem von der Klägerin begehrten Unterlassungsgesuch sowie der Anzahlung eines angemessenen Schadensersatzes nicht nachkommen. Die von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen sein für die Durchsetzung der Ansprüche nicht ausreichend, so die Meinung der Karlsruher Richter.
BGH, Urteil vom 27.11.2014, Az. I ZR 124/11