Rechtsmissbräuchlichkeit der Vertragsstrafe
Das Oberlandesgericht (OLG) in Stuttgart hat mit seinem Urteil vom 24.02.2011 unter dem Az. 2 U 104/10 entschieden, dass die Beurteilung, ob eine Missbräuchlichkeit einer Vertragsstrafe vorliegt, sich nicht nach dem UWG zu richten habe, sondern nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben.
Damit hat das OLG Stuttgart der Berufung des Beklagten teilweise stattgegeben.
Die Berufung sei zulässig, dem Kläger stehe lediglich ein Betrag von 10.200 € an Vertragsstrafen zu. Die Vertragsstrafen seien durch zwei Verstöße des Beklagten gegen dessen Unterlassungserklärung vom 14.04.09 entstanden. Anders als das Landgericht meine, liege hier kein Verstoß gegen die weitere Unterlassungserklärung vom 29.04.09 vor.
Der auf Zahlung von 20.400 Euro gerichtete Klageantrag sei jedoch zulässig.
Unzulässig sei auch nicht die Einforderung der Vertragsstrafe wegen Rechtsmissbräuchlichkeit. Die Berufung leide bereits daran, dass sie sich auf Kriterien zur missbräuchlichen Rechtsverfolgung bei Unterlassungsansprüchen stütze. Jedoch träfen nicht alle einschlägigen Kriterien auf die Geltendmachung von Vertragsstrafen zu.
Hier gelte nämlich nicht das Wettbewerbsrecht, sondern es gelten allgemeine Grundsätze des Rechtsmissbrauches. Dies sei dann nicht mehr eine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit. Insoweit gelte für den Vertragsstrafenanspruch das Prinzip des Verstoßes gegen Treu und Glauben.
Begründet seien die geltend gemachten Vertragsstrafen nur bezüglich des doppelten Verstoßes gegen die erste Unterlassungserklärung. Anders als der Kläger meine, liege kein Verstoß gegen die zweite Unterlassungserklärung vor.
Die Anwendung der o.g. Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergebe, anders als es das Landgericht darstelle, dass die zweite Unterlassungserklärung nicht dahingehend auszulegen sei, dass der Beklagte eine Vertragsstrafe für jeden Verstoß gegen gesetzliche Anforderungen (aus § 312 c BGB) habe versprechen wollen.
Es komme hier nämlich eine Auslegung entgegen dem vertraglichen Wortsinn in Betracht, da die am Wortsinn orientierte Auslegung nicht dem wirklichen Willen der Vertragspartner entspreche (§ 133 BGB) und auch nicht dem Grundsatz der interessengerechten Auslegung beider Parteien.
Es sprächen Indizien dafür, dass auch der Klägervertreter seine Abmahnung in diesem Sinne verstanden habe.
Zu Recht habe das Landgericht jedoch wegen des zweifachen Verstoßes gegen die erste Unterlassungserklärung dem Kläger eine Vertragsstrafe von 10.200 Euro zugesprochen.
Dem stehe nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen.
Aufgrund der ersten Unterlassungserklärung sei ein Unterlassungsvertrag zustande gekommen, weil der Kläger die Erklärung angenommen habe. Dass der Kläger eine noch weitergehende Erklärung gefordert hat, ändere hieran nichts.
Zu Recht habe das LG auch angenommen, dass der Beklagte gegen den Unterlassungsvertrag verstoßen habe.
Soweit das LG angenommen habe, der Beklagte habe durch die Klausel
„Der Kunde hat die empfangene Ware unverzüglich auf Richtigkeit, Vollständigkeit, Transportschäden, offensichtliche Mängel, Beschaffenheit und Eigenschaft hin zu untersuchen und zu prüfen. Dem Verkäufer sind Mängel unverzüglich schriftlich per … zu melden …“
sich verpflichtet, gegen den Passus
„1. … dem Verkäufer sind Mängel unverzüglich, durch den Verbraucher innerhalb von 2 Wochen ab Lieferung schriftlich per … „
verstoßen, erhebe die Berufung keinen Einwand gegen die Ausführungen des Landgerichts.
OLG Stuttgart, Urteil vom 24.02.2011, Az. 2 U 104/10