Preisvorteile ohne Bezugsgröße führen Kunden in die Irre - Listenpreis
Wer für sich und seine Produkte werben möchte, darf seine Kunden nicht in die Irre führen. Ein genannter Preisvorteil ohne Bezugsgröße stellt dabei eine solche Irreführung dar.
Das Verbot der irreführenden Werbung
Die europäischen Automobilbauer stecken derzeit in einer tiefen Krise. Bedingt durch die Eurokrise ist die Nachfrage nach Neuwagen eingebrochen. Während zum Beispiel der Mutterkonzern von Opel, der US-amerikanische GM-Konzern, wegen fortlaufender Verluste nun endgültig entschieden hat, das Bochumer Werk zu schließen, versuchen andere Hersteller durch satte Preisnachlässe doch noch mehr Fahrzeuge abzusetzen. Doch bei der Werbung ihrer Produkte verhalten sich nicht alle Marktteilnehmer redlich. Um Verbraucher vor Betrug zu schützen, indem Hersteller und Verkäufer etwas versprechen, was sie nicht einhalten können, hat der Gesetzgeber schon vor einem Jahrhundert das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz. UWG) erlassen. Demnach dürfen Marktteilnehmer keine geschäftlichen Handlungen vornehmen, die unlauter sind. Der Paragraf 5 UWG konkretisiert dabei dahin gehend, dass unlauter derjenige handelt, der "irreführende geschäftliche Handlung vornimmt".
Listenpreis - ein mehrdeutiger Begriff
Unter Bezugnahme dieses Verbotes der irreführenden geschäftlichen Handlungen klagte ein Verein gegen Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs im Automobilgewerbe gegen einen Autohändler. Streitgegenstände waren dabei einerseits die Werbung des Verkäufers, Kunden 19 Prozent des Listenpreises erlassen zu wollen, und andererseits ein vom Verkäufer gewährter Preisnachlass von 4.000 Euro, ohne dass dieser dabei erwähnte, worauf sich dieser Preisvorteil bezog. Vor dem Landgericht Dortmund konnte sich der Kläger nicht durchsetzen, sodass er nun einen neuen Versuch vor dem Oberlandesgericht Hamm unternahm. Vor dem Oberlandesgericht Hamm erklärte der Kläger, es sei für den Kunden irreführend, wenn der Verkäufer behauptet, er wolle ihnen 19 Prozent des "Listenpreises" erlassen. Immerhin, so die Ansicht des Klägers, sei der Begriff "Listenpreis" mehrdeutig. Kunden können nicht ersehen, ob der Verkäufer mit Listenpreis die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers meint oder aber seinen eigenen, alten Verkäuferlistenpreis, den er unabhängig von der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers kalkuliert. Ebenso irreführend sei ferner der Umstand, dass der Beklagte mit einem Preisvorteil von 4.000 Euro wirbt, ohne dabei die Bezugsgröße zu nennen, worauf sich dieser Preisnachlass bezieht.
Die Entscheidung des OLG Hamm
Das Oberlandesgericht Hamm gab der Klage teilweise statt. Hinsichtlich des Aspekts des 4.000 Euro hohen Preisnachlasses ohne Bezugsgröße gaben die Richter dem Kläger recht. Der Kunde müsse wissen, worauf sich der Preisnachlass bezieht. Denn nur dann hätten sie eine klare Vorstellung, wie groß ihr Preisvorteil ist. Es wäre für den Beklagten ohne Weiteres möglich gewesen, einen Bezugspunkt, zum Beispiel die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, als Anknüpfungspunkt auf der Werbung mitzuteilen. Hinsichtlich des zur Frage stehenden Umstandes des mehrdeutigen Wortlautes "Listenpreis" wollten die Richter dem Ansinnen des Klägers nicht folgen. Zwar sei es richtig, dass der Begriff dehnbar und unterschiedlich gedeutet werden könne. Doch gerade in der Automobilbranche habe der Begriff eine feste Bedeutung erfahren, der sich auch der durchschnittlich verständige Verbraucher bewusst ist. Insoweit sei es klar, dass es sich beim Listenpreis stets um den vom Hersteller selbst als unverbindliche Preisempfehlung herausgegebene Preisliste handelt, was die Irreführung der Werbung insofern ausschließt.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.12.11, Aktenzeichen I 4 U 31/11