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Online-Vertriebsverbot und Vorbehalt für Online-Preisvergleiche

LG FFM, 2-03 O 158/13


Online-Vertriebsverbot und Vorbehalt für Online-Preisvergleiche

Am 18.06.2014 hat das Landgericht Frankfurt am Main zum Aktenzeichen 2-03 O 158/13 ein Urteil in einer kartellrechtlichen Angelegenheit verkündet. Geklagt hatte eine Online-Händlerin, die nicht nur im Internet, sondern auch auf eigener Verkaufsfläche Sportartikel und spezielle Ausrüstungsgegenstände für verschiedene Outdoor-Sportarten anbietet.

Die Klage richtet sich gegen eine seit 1898 in Deutschland ansässige Produzentin von sportspezifischen Rucksäcken, die wegen ihrer speziellen, dem jeweiligen Verwendungszweck besonders gut angepassten Funktionen kurz als "Funktionsrucksäcke" bezeichnet werden. Die Beklagte verfügt unbestritten über eine sehr starke bis beherrschende Marktposition im Bereich der anspruchsvollen Funktionsrucksäcke für Outdoor-Sportler. Es ist von einem Marktanteil von 45 % auf dem deutschen Markt für Funktionsrucksäcke und von einem Marktanteil von 30 % im gesamteuropäischen Vergleich auszugehen.

Die Beklagte hat die Klägerin seit August 2012 mit Funktionsrucksäcken beliefert, bevor sie im Oktober 2012 eine Umstellung der vertraglichen Bedingungen für die Belieferung nach dem 01.03.2013 ankündigte. In einer "selektiven Vertriebsvereinbarung", die der Klägerin zur Unterzeichnung vorgelegt wurde, sollte diese unter anderem darauf verzichten, die Markenprodukte der Beklagten im Internet über bestimmte Preisvergleichsportale oder Marketplace-Plattformen anzubieten. Die Klägerin sollte sich, um weiterhin beliefert zu werden, verpflichten, jede diesbezügliche Aktivität bei der Beklagten vorher anzumelden und das Einverständnis der Beklagten einzuholen.
Für die Zusammenarbeit mit bestimmten Plattformen und Portalen, über die die Klägerin seit mehreren Jahren Waren mit sehr gutem wirtschaftlichen Erfolg angeboten hatte, wurde eine Erlaubnis auf Nachfrage von der Beklagten kategorisch abgelehnt.

Die Klägerin fühlt sich von der Beklagten durch die selektiven Belieferungsbedingungen in ihrer eigenen wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit und damit in ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt. Da es sich bei der Beklagten um ein marktbeherrschendes Unternehmen handelt, vertritt die Klägerin die Ansicht, dass diese aufgrund von kartellrechtlichen Bestimmungen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen darf, die Wettbewerbsfähigkeit anderer Unternehmen zu schwächen. Dies sei jedoch im vorliegenden Fall geschehen, da es für die Verfügung, die von der Beklagten erworbenen Funktionsrucksäcke nicht über bestimmte Internetplattformen oder –portale zu vermarkten, keine objektiven Gründe gäbe. Eine durch die Klägerin modifizierte selektive Vertriebsvereinbarung, die der Klägerin erlaubt hätte, mit ihrer bisher hauptsächlich genutzten Marketplace-Plattform weiterhin zusammenzuarbeiten, hatte die Beklagte nicht akzeptiert. Die Lieferungen an die Klägerin wurden trotzdem eingestellt.

Die Klägerin hatte daraufhin beim Landgericht Frankfurt am Main Unterlassungsklage erhoben und beantragt, die Beklagte dazu zu verpflichten, die weitere Belieferung nicht von der Unterzeichnung der selektiven Vertriebsvereinbarung und von der Einhaltung der dort aufgeführten Bedingungen abhängig zu machen.

Die Richter der Kammer für Handelssachen haben der Klage stattgegeben. Sie schlossen sich der von der Beklagten vertretenen Ansicht, dass die Klägerin wirtschaftlich nicht auf die Nutzung der im Zuge der streitgegenständlichen selektiven Vertriebsvereinbarung untersagten Internetplattformen und -portale angewiesen sei, weil die Kunden direkt im Internetshop der Klägerin einkaufen könnten, nicht an. In der Urteilsbegründung wies die Kammer darauf hin, dass selektive Vertriebsbestimmungen nach deutschem Kartellrecht und nach in der Europäischen Union geltenden Richtlinien im Einzelfall als nicht kartellrechtswidrig zugelassen werden könnten, wenn qualitative Gründe für die Selektion genannt werden. Bei bestimmten, besonders anspruchsvollen und hochwertigen Gütern mag es notwendig sein, besonderen Wert auf Fachkunde des zu beliefernden Händlers zu legen, damit dieser den Kunden eine dem Wert und Ansehen der Marke entsprechenden Service bieten könne. Bei den von der Beklagten vertriebenen, hochwertigen und speziellen Innovationen unterliegenden Funktionsrucksäcken kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine derartige Ware handelt. Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme zur Klageschrift allerdings keine ausreichenden Gründe dafür ausgeführt, die Klägerin aus qualitativen Erwägungen nicht mehr zu beliefern.

Auch die gegen die Marketplace-Plattformen gerichtete Argumentation ließ nach Ansicht des Landgerichts Frankfurt am Main keine konkreten Beanstandungen der Qualität erkennen. Allein die Pflege eines bestimmten, sich abhebenden Markenimages reicht jedoch nicht aus, um wettbewerbseinschränkende Selektion von belieferten Händlern zu rechtfertigen.

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.06,2014, Aktenzeichen 2-03 O 158/13


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