Maklerhaftung für EnEV-Pflichtangaben
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) sieht bei Immobilieninseraten detaillierte Pflichtangaben über den energetischen Zustand eines Kauf- oder Mietobjekts vor. Dies verteuert eine Anzeige erheblich. Makler, die regelmäßig Immobilien inserieren, werden durch diese Vorschrift besonders belastet. Einige verzichten deshalb auf die Pflichtangaben. Sie berufen sich darauf, im Wortlaut des § 16a EnEV, der die Pflichtangaben und deren Adressatenkreis festlegt, nicht erwähnt zu sein. Dies hat einige Gerichtsfälle provoziert.
Da noch kein klärender Entscheid des Bundesgerichtshofs vorliegt, haben sich in der Rechtsprechung zwei Argumentationslinien herauskristallisiert. Die einen Gerichte gehen davon aus, dass der Gesetzgeber bewusst nur den Verkäufer oder Vermieter, nicht aber den Makler für die Einhaltung der Pflichtangaben verantwortlich machen wollte. Sie halten die Auslegung der Norm über die Grenze des Wortlautes hinaus für unzulässig, umso mehr, als die Regelung mit einem Ordnungsgeld bewehrt ist. Die anderen Gerichte, die Mehrheit, sehen in der fehlenden gesetzlichen Erwähnung der Makler eine Regelungslücke, die übergeordnetes Unionsrecht unterläuft und durch Auslegung geschlossen werden muss. Zu dieser Mehrheit gesellt sich das Landgericht Traunstein mit einem Entscheid vom Februar 2016.
Sachverhalt
Die Betreiberin eines Maklerunternehmens schaltete in einem Wochenblatt Anzeigen für die Vermietung von drei Wohnungen. In allen Inseraten veröffentlichte sie nur einen Teil der Pflichtangaben zur Energieeffizienz. Sie gab jeweils an, dass ein Energieausweis vorhanden sei, und nannte den wesentlichen Energieträger für die Heizung und den Endenergieverbrauch. Keine Angaben machte sie über die Art des Energieausweises (Energiebedarfs- oder Energieverbrauchsausweis) und über das Baujahr der Immobilien.
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. erkannte darin einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 16a EnEV. Nach erfolgloser Abmahnung klagte sie gegen die Maklerin auf Unterlassung. Das Landgericht Traunstein gab der Klage mit Urteil vom 12.02.2016 statt (Az. 1 HK O 3385/15).
Urteilsbegründung
Das Gericht stellt seine Begründung darauf ab, dass die Pflichtangaben der EnEV auf die Gesamtenergieeffizienzrichtlinie (2010/31/EU) der EU zurückgehen. Nationales Recht sei dem Unionsrecht untergeordnet. Entsprechend seien nationale Bestimmungen, die in den Regelungsbereich einer Richtlinie fallen, richtlinienkonform, das heißt nach Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszulegen. Der Wortlaut der nationalen Vorschrift bilde dabei keine Grenze.
12 Abs. 4 der Gesamtenergieeffizienzrichtlinie schreibe den Mitgliedsstaaten vor, bei kommerziellen Verkaufs- und Vermietungsinseraten die Publikation des Indikators der Gesamtenergieeffizienz zu verlangen. Die Richtlinie knüpfe die Angabepflicht nicht an die Stellung als Eigentümer, Vermieter oder Verkäufer, sondern an das Inserat. Der Schutzzweck der Richtlinie würde unterlaufen, falls deren Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber Makler nicht von der Angabepflicht erfasse. Zumal der größte Teil der Immobilieninserate von Maklern stammten. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 16a EnEV gebiete daher, dass auch Makler in seinen Anwendungsbereich fielen.
Die Vorenthaltung von Pflichtangaben stelle eine unlautere Handlung im Sinne des Wettbewerbsrechts dar. Unlauter handle, wer die Verbraucher in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtige, indem er ihnen wesentliche Informationen vorenthalte. Informationen, deren Angabe gemeinschaftsrechtlich vorgeschrieben sei, seien wesentlich. Deshalb hält die 1. Kammer für Handelssachen den Unterlassungsanspruch des Klägers für begründet.
Sie folgt damit ausdrücklich den gleichlautenden Entscheidungen der Landgerichte Würzburg (Urteil vom 10.09.2015, Az. 1 HK O 1046/15), Tübingen (Urteil vom 12.11.2015, Az. 20 O 60/15), München I (Urteil vom 16.11.2015, Az. 4 HK O 6347/15) und Münster (Urteil vom 25.11.2015, Az. 21 O 87/15). Das gegenteilige Urteil des Landgerichts Gießen vom 11.09.2015 (Az. 8 O 7/15) halten die Traunsteiner Richter hingegen für wenig überzeugend. Darin vertritt das Landgericht Gießen die Auffassung, der Gesetzgeber habe Makler bewusst nicht von der Angabepflicht erfasst. Ohnehin verbiete sich ein Analogieschluss, da es sich bei § 16a EnEV um eine ordnungsgeldbewehrte Regelung handle. Im Übrigen werde der Normzweck durch die Nichtunterstellung der Makler nicht unterlaufen, hafte doch der Verkäufer. Leider setzt sich das Landgericht Traunstein mit diesen Argumenten nicht auseinander.
Fazit
§ 16a EnEV ist ein Beispiel für schlechte Gesetzgebung, denn er bringt die Rechtsprechung in ein Dilemma. Interpretieren die Gerichte die Regelung wörtlich, führt dies dazu, dass der Verkäufer für die Pflichtangaben in einem Inserat haftet, das sein Makler aufgegeben hat – keine sinnvolle Lösung. Subsumieren sie den Makler unter den Begriff "Verkäufer" oder "Vermieter", tun sie dies zum Preis der Verunklärung eigentlich klarer Begrifflichkeiten des bürgerlichen Rechts. Schließen sie vom Verkäufer oder Vermieter analog auf den Makler, verletzen sie das Analogieverbot für Tatbestände, die als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Dieses Dilemma kann nur der Gesetzgeber auflösen, indem er die Aufzählung der Adressaten der Pflichtangaben in § 16a EnEV um den Makler ergänzt.
LG Traunstein, Urteil vom 12.02.2016, Az. 1 HK O 3385/15
Anwendbarkeit von § 16a EnEV auf Makler wird von den Gerichten sehr unterschiedlich beurteilt.