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Kein Ersatz für abhanden gekommene oder zerstörte Tickets

Oberlandesgericht München, Urteil vom 09.06.2011, Az. 29 U 635/11


Das OLG München hatte die Frage zu klären, ob ein Veranstalter in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einen Haftungsausschluss für zerstörte oder nicht mehr existente Tickets aufnehmen darf.

Ein Veranstalter hatte mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Haftungsübernahme für verloren gegangene oder zerstörte Tickets ausgeschlossen. Bei Verlust des Tickets bekommen die Kunden kein neues ausgestellt und der Kaufpreis wird nicht erstattet. Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, vertritt die Ansicht, dass dieser Haftungsausschluss die Interessenlage der Kunden unverhältnismäßig eingeschränkt.

Das OLG stellte sich jedoch auf die Seite des Klägers und nimmt eine Interessenabwägung vor. Beide Parteien haben ein gleichwertiges Interesse an den Karten. Der Kunde kann die von ihm gebuchte Veranstaltung nicht mehr besuchen, wenn sein Ticket verloren gegangen ist oder zerstört wurde. Der Veranstalter hat ein großes Interesse daran, möglichst viele Tickets zu verkaufen. Rein rechtlich gesehen sind Tickets Inhaberpapiere gemäß § 870 BGB, was bedeutet, dass derjenige, der bei einer Veranstaltung das entsprechende Ticket vorlegt, zum Eintritt berechtigt ist, da er als rechtmäßiger Besitzer dieses nicht personalisierten Dokumentes anzusehen ist. Auch dritte Parteien, die das Ticket gutgläubig erworben haben oder Finder sind zur Teilnahme an der jeweiligen Veranstaltung berechtigt. Die Kontrolleure am Eingang können nicht nachprüfen, wer das Ticket ursprünglich erworben hat, da der Name nicht verzeichnet ist, sondern lediglich die Daten der Veranstaltung.

Wäre der Veranstalter verpflichtet, im Verlustfall das Ticket oder den Kaufpreis zu ersetzen, wären seine Interessen stark beeinträchtigt. Ein Verlust des Tickets lässt sich nicht nachweisen, theoretisch könnte der Kunde einen Verlust melden und würde ein neues erhalten oder den Kaufpreis erstattet bekommen, obwohl das Dokument tatsächlich noch vorhanden ist. Damit wäre der Kunde in der Lage, sich einen geschäftlichen Vorteil gegenüber dem Veranstalter zu verschaffen. Bei Verlust des Tickets ist der Finder oder ein gutgläubiger Erwerber zur Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt. Bekommt der Kunde zur gleichen Zeit ein neues Ticket ausgestellt, kann es zu einer Doppelbelegung kommen. In diesem Fall wäre der Veranstalter schadenersatzpflichtig, was ein unzumutbares geschäftliches Risiko darstellt. Denn die Leistungspflicht des Veranstalters besteht nicht nur gegenüber dem rechtmäßigen Besitzer, sondern auch gegenüber einem Finder oder einem gutgläubigen Erwerber. Aus diesem Grund sehen die Richter keine unangemessene Benachteiligung der Kunden. Den Einwand der Klägerin, der Begriff „zerstört“ sei nicht eindeutig definiert und damit mehrdeutig, lehnen die Richter ab. Ihrer Meinung nach wissen die Vertragsparteien, dass dieser Begriff lediglich die Tickets beschreibt, die aus irgendeinem Grund so unleserlich geworden sind, dass sie sich als Eintrittskarte nicht mehr eignen, da die Daten zu der jeweiligen Veranstaltung nicht mehr erkennbar sind. Aus diesem Grund kommt weder ein Ticketersatz noch die Rückerstattung des Kaufpreises in Frage.

Angesichts dieser Rechtslage bleibt den Kunden nur eines übrig: gut auf ihre Tickets aufzupassen.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 09.06.2011, Az. 29 U 635/11


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