Fernabsatz: deutscher Markt - deutscher Gerichtsstand
Aufgrund der rasanten Ausbreitung des Internets können die Verbraucher gegenwärtig Dienstleistungen und Waren rund um den Globus bestellen. Das führt zu diversen Vorteilen, die nicht zuletzt in einem breiten Angebot sowie sehr niedrigen Preisen liegen. Doch wer sich das Impressum manches Anbieters einmal genauer ansieht, erkennt schnell die Tücken: Wird der Gerichtsstand in das Ausland verlegt, herrscht rechtliche Unsicherheit. Einen solchen Fall hatte kürzlich der Bundesgerichtshof zu entscheiden.
Gerichtsstand in den Niederlanden
Vorliegend ging es um eine Versandapotheke, die in einer holländischen Stadt ansässig war, ihre Waren aber gezielt auf dem deutschen Markt vertrieb. Dafür nutzte sie als Gerichtsstand aber den Sitz des Hauses. Wäre es also zwischen dem Unternehmen und einem Kunden zu Streitigkeiten gekommen, so hätte Letztgenannter zunächst in die Niederlande reisen müssen, um sein Recht geltend zu machen. Ebenso wäre natürlich die Beauftragung eines Juristen nötig gewesen, der sich in den niederländischen Gesetzen auskennt. Diese Praxis sah der Bundesgerichtshof jedoch als unzulässig an. Er forderte, dass Unternehmen auf dem deutschen Markt auch einen in Deutschland befindlichen Gerichtsstand nennen müssen.
Keine kostenpflichtige Hotline
Doch nicht alleine die Zweifel am Gerichtsstand hatten das Gericht auf den Plan gerufen. So warb das Unternehmen ebenso mit einer gebührenbehafteten Hotline. Diese war nicht direkt zum Vertrieb der pharmazeutischen Waren gedacht, sondern sollte eher die Funktion der Beratung des Kunden übernehmen. Auch darin sahen die Richter aber einen Verstoß gegen geltendes Recht. Gerade die Beratung und Aufklärung des Bürgers gehöre zu den grundsätzlichen Aufgaben eines Apothekers. Diese könne er zwar sehr wohl über eine Hotline leisten und dafür auch ein fremdes Callcenter beauftragen. Allerdings dürfe eine solche Rufnummer nicht mit Kosten verbunden sein. Der Service sei vielmehr unentgeltlich zu leisten.
Irreführung des Verbrauchers
Letztlich mahnte das Gericht das allgemeine Vorgehen der Versandapotheke an. Diese hatte die Waren nämlich nicht ausschließlich unter eigenem Namen vertrieben, sondern sich darüber hinaus die Hilfe einer deutschen Drogeriekette gesichert. Interessierte Kunden hatten damit allen Anlass zur Vermutung, sie würden die Artikel in eben jener Drogerie erwerben und mit dieser einen Vertrag eingehen. Hinsichtlich des Gerichtsstandes war also zu unterstellen, dass dieser in Deutschland liegen würde. Dass es sich tatsächlich aber um einen Konzern aus den Niederlanden handelte, war für die Käufer nicht zu erkennen. Die Drogerie hatte weder in ihren Filialen noch auf ihrer Plattform im Internet die Partnerschaft mit der Versandapotheke dargelegt. Der Bundesgerichtshof sah darin eine Täuschung der Kunden und untersagte das Vorgehen.
Die Rechte gestärkt
Im Endeffekt hat der Spruchkörper sich mit seinem Urteil einmal mehr auf die Seite des Verbrauchers gestellt. Dieser muss wissen können, mit welchem Unternehmen er einen Vertrag eingeht. Ebenso ist ihm nicht zuzumuten, zur Wahrung eigener Rechte in ein fremdes – wenn auch nahes – Land zu reisen. Die Versandapotheke musste sich hingegen den Vorwurf gefallen lassen, besondere Privilegien auf dem deutschen Markt gesucht zu haben, die einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen. So seien andere Mitbewerber und Pharmazeuten benachteiligt worden. Künftig wird das niederländische Versandhaus seine Praktiken also grundlegend verändern müssen, soll auf absehbare Zeit noch einmal um die Gunst der in Deutschland ansässigen Kunden geworben werden.
BGH, Urteil vom 19.07.2012, Az. I ZR 40/11