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E-Zigarette ist weder Arzneimittel noch Medizinprodukt

BVerwG, 3 C 25.13


E-Zigarette ist weder Arzneimittel noch Medizinprodukt

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Sitz in Leipzig hatte drei Revisionsverfahren zum Thema elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) vorliegen. Zu klären war, ob die darin enthaltenen nikotinhaltigen Flüssigkeiten, die sogenannten Liquids, als Arzneimittel einzustufen sind. Im Falle der Bejahung würden E-Zigaretten dem Medizinproduktegesetz (MPG) unterfallen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster als Berufungsinstanz hatte die Arzneimitteleigenschaft in allen drei Verfahren im September 2013 verneint.

Im ersten Fall war die Klägerin Betreiberin eines Ladens in Wuppertal, in dem seit Dezember 2011 E-Zigaretten und Zubehör verkauft wurden. Drei Monate später, im Februar 2012, wurde ihr der Handel mit den Produkten von der beklagten Stadt Wuppertal untersagt; diese führte aus, dass es sich bei den Liquids, die verdampft und inhaliert werden, um Arzneimittel handele. Es gebe dafür aber in Deutschland keine Zulassung, weshalb sie nicht in den Verkehr gebracht werden dürften. Nachdem das erstinstanzliche Gericht die Klage gegen diese Untersagungsverfügung noch abgewiesen hatte, änderte das OVG Münster das ergangene Urteil ab und hob den angefochtenen Bescheid auf.

Dagegen wandte sich nun die Beklagte mit der Revision, die vom BVerwG zurückgewiesen wurde. Es schloss sich der Begründung des OVG Münster an.

Bei den nikotinhaltigen Liquids handele es sich eben nicht um Arzneimittel gemäß des Arzneimittelgesetzes (AMG); es läge kein sogenanntes Präsentationsarzneimittel vor, das laut AMG ein “Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher [...] Krankheiten“ ist und als solches am Markt präsentiert wird. Auch die Aufmachung des Produktes würde beim Verbraucher nicht den Eindruck hervorrufen, er habe es mit einem Arzneimittel zu tun. Eine Einstufung als Funktionsarzneimittel käme ebenfalls nicht in Frage, da E-Zigaretten keine therapeutische Eignung aufwiesen: Bislang gebe es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass E-Zigaretten ein nützliches Hilfsmittel bei der dauerhafte Rauch- und Nikotinentwöhnung seien. Man könne hier den nachgewiesenen pharmakologischen Effekt des Nikotins auf den menschlichen Stoffwechsel vernachlässigen. (Das macht insofern Sinn, als auch Zigaretten Nikotin enthalten und nicht als Arzneimittel gelten.) Der Verbraucher würde jedenfalls nicht davon ausgehen, dass nikotinhaltige Liquids ein Arzneimittel seien, sondern setze sie als Genussmittel ein.

Das zweite Verfahren befasste sich mit einer Unterlassungsklage gegen eine vom nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium im Dezember 2011 veröffentlichte Pressemitteilung. Die Klägerin, eine Herstellerin von E-Zigaretten und liquidhaltigen Filterkartuschen, wandte sich gegen die darin enthaltene Äußerung, dass nikotinhaltige Liquids nur bei Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung verkehrsfähig seien, und gegen die generelle Warnung vor dem Handel und Verkauf von E-Zigaretten und Liquids. Weiterhin schrieb das Ministerium, dass E-Zigaretten gemäß der MPG-Vorschriften gekennzeichnet werden müssten. Die Unterlassungsklage der Herstellerin gegen das Land Nordrhein-Westfalen - als Rechtsträger der Behörde - vor dem Verwaltungsgericht wurde abgewiesen. Die Klägerin legte dagegen erfolgreich Berufung ein: Das OVG Münster untersagte dem Beklagten die Äußerungen, woraufhin das Land in Revision ging.

Das BVerwG wies diese zurück und führte aus, dass der Unterlassungsanspruch der Klägerin begründet sei, da die gemachten öffentlichen Äußerungen sie in ihrem Grundrecht auf freie Berufsausübung verletzten. Dem staatlichen Informationshandeln, hier in der Form einer öffentlichen Warnung, fehle es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Durch die Äußerungen würde die wettbewerbsrechtliche Position der Klägerin beeinträchtigt - die Warnung käme nämlich faktisch einer Verkaufsbeschränkung gleich und entspräche einer klassischen Verwaltungsmaßnahme mittels hoheitlicher Regelung, etwa einem Verwaltungsakt. Eine solche hoheitliche Maßnahme erfordere aber stets eine Eingriffsermächtigung, die im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Es sei dem Ministerium als Überwachungsbehörde laut AMG sowie MPG prinzipiell gestattet, eine öffentliche Warnung auszusprechen. Da es sich bei den nikotinhaltigen Liquids aber nicht um Arzneimittel und daher bei E-Zigaretten nicht um Medizinprodukte handele, seien diese Vorschriften nicht anwendbar.

Zum dritten Fall liegen noch keine Einzelheiten vor.

BVerwG, Urteile vom 20.11.2014, Az. 3 C 25.13, 3 C 26.13, 3 C 27.13


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