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Datenerhebung bei Minderjährigen zu Werbezwecken unzulässig

BGH, Urteil vom 22.01.2014, Az. I ZR 218/12


Datenerhebung bei Minderjährigen zu Werbezwecken unzulässig

Mit Urteil (I ZR 218/12) vom 22.01.2014 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass eine gesetzliche Krankenkasse die geschäftliche Unerfahrenheit von Jugendlichen nach § 4 Nr. UWG ausnutzt, wenn bei der Durchführung eines Gewinnspiels von den jugendlichen Teilnehmern die personenbezogenen Daten erhebt. Insbesondere dann, wenn diese Daten hinterher zu Werbezwecken benutzt werden.

Nach Auffassung des Gerichts sind Jugendliche im Alter von 15 bis 17 Jahren schutzwürdige Verbraucher, die von der „Ausnutzung ihrer Unerfahrenheit“ bewahrt werden müssen. Demnach handele es sich bei dem von der Krankenkasse durchgeführten Gewinnspiel und der damit verbundenen Erhebung der Daten der personenbezogenen Daten der Jugendlichen um eine „geschäftliche Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Der Paragraf besagt, dass es sich dann um eine „geschäftliche Handlung“ handelt, wenn bei oder nach einem Geschäftsabschluss dieser sowohl mit der Förderung des Absatzes einer Ware oder einer Dienstleistung objektiv zusammenhängt. Dabei ist derjenige im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG als Unternehmer zu bezeichnen, der als natürliche oder juristische Person, die geschäftlichen Handlungen vornimmt. Das kann sowohl im Rahmen einer gewerblichen als auch handwerklichen Tätigkeit geschehen. Aus der Sicht des BGH ist die Erhebung von Daten eine geschäftliche Handlung, obwohl es sich bei der gesetzlichen Krankenkasse um eine „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ handelt.

Obwohl die Datenerhebung bei der Durchführung eines Gewinnspiels gesetzlich zulässig ist, liegt dennoch im Verhalten der Krankenkasse eine Wettbewerbswidrigkeit vor. Zwar ist nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG die Erhebung personenbezogener Daten zulässig, wenn es dabei um die Erfüllung eigener Geschäftszwecke geht. Dieses Vorgehen muss allerdings für die Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen begründet sein. Im vorliegenden Fall kann die Beklagte sich auch nicht darauf berufen, dass die Betroffenen mit der Erhebung der personenbezogenen Daten im Sinne von § 28 Abs. 3 BDSG eingewilligt haben. Im vorliegenden Rechtsstreit ging es aber nicht darum, ob eine Einwilligung der Betroffenen vorlag. Vielmehr war die Frage zu beantworten, ob die Krankenkasse bei der Erlangung der Zustimmung der Jugendlichen deren geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt hat. Die Erhebung der personenbezogenen Daten erfolgte durch die Beklagte mittels einer Gewinnkarte, mit der das Gewinnspiel durchgeführt wurde. Dagegen hatte eine Verbraucherzentrale auf Unterlassung geklagt. Der BGH sieht in dem Vorgehen der Krankenkasse eine unlautere Wettbewerbshandlung nach § 4 Nr. 2 UWG. Die Bestimmung dient dazu, gerade besonders schutzwürdige Verbraucher vor Wettbewerbshandlungen dieser Art zu schützen. Diese Vorschrift stellte bewusst eine Abweichung vom konkreten Leitbild eines durchschnittlichen Verbrauchers im Erwachsenenalter dar und ist Ergebnis der UWG-Reform aus dem Jahr 2004. Der Maßstab, der für die Bewertung einer Wettbewerbshandlung anzulegen ist, geht damit zu Lasten des Unternehmers. Wenn der Werbetreibende sich an Kinder und Jugendliche wendet, muss er sich an durchschnittliche Kinder beziehungsweise Jugendliche der jeweiligen Altersgruppe orientieren. Das umfasst die durchschnittliche Informiertheit der Zielgruppe und ebenso deren Verständnis und Aufmerksamkeit. Dabei ist auch zu bedenken, dass Jugendliche sich eher an einem Gewinnspiel beteiligen und dabei die möglichen Folgen einer Datenerhebung vernachlässigen als ein Durchschnittserwachsener.

BGH, Urteil vom 22.01.2014, Az. I ZR 218/12


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