Auch Anbieter von Onlinekursen müssen Widerrufsrech einräumen
Das OLG Hamm hatte als Berufungsgericht durch Urteil vom 21.02.2013 zum Aktenzeichen 4 U 135/12 darüber zu entscheiden, in welchen Fällen bei Dienstleistungsangeboten in Form von Onlinekursen eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Widerrufsbelehrung möglich ist.
Kläger und Berufungsbeklagter war der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Dieser hatte den Beklagten als Betreiber einer Yachtschule wegen wettbewerbswidrigem Handeln im Zusammenhang mit einem Onlinekursangebot abgemahnt. Gegen Entgelt wird online Lernmaterial zur Vorbereitung auf den theoretischen Teil der Sportboot-Führerscheinprüfung bereitgestellt. Die Laufzeit dieses Vorbereitungskurses kann gewählt werden. Es stehen Laufzeiten von „24 Stunden“ bis zu „6 Monaten“ zur Auswahl. Der Beklagte meinte, nicht auf ein Widerrufsrecht hinweisen zu müssen, weil für sein Angebot die Ausnahmeregelung des § 312 b Abs. 3 Nr.6 BGB gelte. Der klagende Verband machte einen Unterlassungsanspruch und einen Anspruch auf Erstattung der durch Abmahnung entstandenen Kosten und Gebühren gegen den Beklagten geltend. In erster Instanz hatte das Landgericht der Klage stattgegeben.
Der Beklagte legte gegen das Urteil Berufung ein. Er machte als Berufungskläger geltend, dass die Ausnahmeregelung des § 312 b Abs. 3 Nr. 6 BGB in seinem Falle einschlägig wäre, da er über das Internet eine Dienstleistung anbietet, die der Freizeitgestaltung seiner Kunden dient. Die angebotenen variablen Laufzeiten seien für ihn gleichzeitig Verpflichtung. Beim Zustandekommen eines entgeltlichen Vertrages müsse er für den Kunden die Leistung in Form von zugänglichem Lernmaterial innerhalb des gewählten Zeitraums bereithalten. Würde dem Kunden ein Widerrufsrecht eingeräumt, dann würde er als Leistender benachteiligt, wenn die vereinbarte Leistungszeit bereits begonnen hätte. Der Kunde könnte den Vertrag widerrufen, obwohl er Zugang zur Leistung gehabt habe. Der Beklagte beruft sich dabei auch auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EUGH) zur Benachteiligungsproblematik.
Der Kläger sieht einen möglichen Nachteil für den Beklagten nicht als derart unangemessen an, dass er zu einer empfindlichen Einschränkung von Rechten des Verbrauchers Anlass geben könnte. Die Voraussetzungen, die ausnahmsweise auch bei Fernabsatzverträgen zu einem Verzicht auf das Widerrufsrecht des Verbrauchers führen können, seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil die wählbaren Zeiträume nur als Laufzeit des Vertrages zu verstehen sind.
Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm hat die in erster Instanz getroffene Entscheidung zugunsten des Klägers bestätigt und die Berufung des Beklagten abgewiesen. Die Richter haben festgestellt, dass die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 312 b Abs. 3 Nr. 6 BGB ausnahmsweise bei einem Fernabsatzgeschäft auf eine Widerrufsbelehrung verzichtet werden kann, teilweise vorliegen. Der Beklagte bietet eine Dienstleistung an, die auch dem Freizeitbereich zugeordnet werden kann. Die zeitliche Festlegung der Leistungsdauer sei jedoch nur dann beachtlich, wenn sie dazu führt, dass der Unternehmer besondere Vorkehrungen treffen muss, um die Leistung fristgemäß anbieten zu können. Damit sei nicht das Einstellen von Lehrmaterial im Internet gemeint, das sich der Kunde nach eigenem Wunsch selbst während der vereinbarten Vertragslaufzeit zu jedem beliebigen Zeitpunkt herunterladen könne. Ein konkreter Nachteil für den Unternehmer drohe nur dann, wenn er besondere Anstrengungen für die fristgemäße Erfüllung seiner Leistungspflicht unternehmen müsste und diese Anstrengungen durch Vertragswiderruf vergeblich geworden wären.
OLG Hamm, Urteil vom 21.02.2013, Az. 4 U 135/12