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Anwalt darf auch "nein" sagen


Anwalt darf auch "nein" sagen

Das Anwaltsgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 17.03.2014 zum Aktenzeichen 3 EV 546/12 in einem Streit über berufsrechtliche Verpflichtungen von Rechtsanwälten entschieden.

Ein im Zuständigkeitsbereich des Anwaltsgerichts Düsseldorf zugelassener Rechtsanwalt hatte eine Ausfertigung eines wettbewerbsrechtlichen Urteils an den beschuldigten Rechtsanwalt, der ebenfalls bei der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf zugelassen war, zugestellt. Der Empfänger sah sich in einem Interessenkonflikt. Hätte er den Empfang bestätigt, hätte dies in der Sache nachteilige Folgen für seinen Mandanten nach sich gezogen. Die Nichtbestätigung der Annahme dagegen konnte zu nachteiligen Auswirkungen auf das Verhältnis zu dem Kollegen führen, der den Zugang ohne Mitwirkung nicht nachweisen konnte.

Der Rechtsanwalt hatte sich intensiv um kompetenten Rechtsrat bemüht. Dann hat er sich nach gründlicher Abwägung dazu entschlossen, der Weisung seines Mandanten zu folgen und kein Empfangsbekenntnis auszustellen. Da der Zugangsnachweis mangels schriftlicher Bestätigung des Empfangs nicht geführt werden konnte, war es dem gegnerischen Anwalt nicht möglich, die fristgemäße Zustellung des wettbewerbsrechtlichen Urteils nachzuweisen. Aus diesem Grunde konnte er für seinen Mandanten keine Ansprüche aus dem zuvor erstrittenen Urteil geltend machen. Der anschließende Versuch, eine fristgemäße Zustellung durch den Gerichtsvollzieher zu veranlassen, schlug fehl.

Der Anwalt, der die Zustellung versucht hatte, erhob wegen des Verweigerns der Mitwirkung bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer. Der Verdacht eines Verstoßes gegen geltendes anwaltliches Berufsrecht durch Verletzung der Vorschrift des § 14 BORA führte zur Einleitung des anwaltsrechtlichen Gerichtsverfahrens.

Das Anwaltsgericht Düsseldorf sprach den Rechtsanwalt in seinem am 17.03.2014 verkündeten Urteil vom Tatvorwurf, Berufspflichten verletzt zu haben, frei. Der Rechtsanwalt sei nicht nur nicht verpflichtet gewesen, an einer Zustellung „von Anwalt zu Anwalt“ mitzuwirken, sondern er hätte den Straftatbestand des Parteiverrates verwirklicht, wenn er gegen den ausdrücklichen Willen seines Mandanten tätig geworden wäre.

Das Anwaltsgericht Düsseldorf leitet seine Entscheidung daraus ab, dass die der Regelung des § 14 BORA zugrunde liegende Ermächtigung nur Zustellungen von Behörden oder Gerichten, nicht aber Zustellungen von Anwalt zu Anwalt betreffen soll. Eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen verschiedenen Zustellungsformen kann aus dem Wortlaut des § 14 BORA nicht entnommen werden.

Die Rechtsfrage, ob das Berufsrecht den Anwalt dazu zwingt, bei Zustellungsversuchen von Anwalt zu Anwalt mitzuwirken, auch wenn dadurch eine für den eigenen Mandanten ungünstige Situation geschaffen wird, wird deshalb in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. 

Entgegen der von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Anschuldigungsschrift vertretenen Ansicht, dass die Zustellung „von Anwalt zu Anwalt“ anderen Zustellungsformen, beispielsweise der Zustellung mit Postzustellungsurkunde oder der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher, gleichzustellen sei, lehnt das Anwaltsgericht Düsseldorf eine berufsrechtliche oder zivilprozessual bedingte Mitwirkungspflicht ab. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die durch § 14 BORA normierte Verpflichtung, Empfangsbekenntnisse unverzüglich zurückzusenden oder sich bei fehlerhaftem Zustellungsversuch kurzfristig beim Absender zu melden, auch im Falle einer Zustellung „von Anwalt zu Anwalt“ gelte. 

Die aus den entsprechenden Regelungen in der Zivilprozessordnung hervorgehende Anerkennung der Zustellung „von Anwalt zu Anwalt“ könne nicht so ausgelegt werden, dass diese Zustellungsform dadurch automatisch anderen Zustellungsformen angeglichen werde. Das mit der direkten Zustellung von einem Rechtsanwalt zum anderen verbundene Risiko hätte dadurch vermieden werden können, dass der Absender den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Ausführung der Zustellung beauftragt hätte. 

AnwG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2014, Aktenzeichen 3 EV 546/12


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Kommentare (3)

  • Tobias H. Strömer

    14 November 2014 um 00:22 |
    Der AnwGH Hamm hat die Ent­schei­dung des AnwG Düs­sel­dorf in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 8. Novem­ber 2014 bestä­tigt. Die Revi­sion zum Bun­des­ge­richts­hof wurde auf Antrag aller Betei­lig­ten zuge­las­sen. Der von uns ver­tre­tene Kol­lege hat das Ver­fah­ren auf eige­nen Antrag ein­ge­lei­tet, um die Rechts­frage — so oder so — im Inter­esse aller Rechts­an­wälte end­gül­tig klä­ren zu las­sen, § 123 Abs. 1 S. 1 BRAO.

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  • Alfred Neumann

    26 Mai 2014 um 15:28 |
    Welch ein Schwachsinn ! Die Zustellung unter Anwälten zielt darauf ab, die Kosten für die unterliegende Partei gering zu halten. Muss man bei solchen Fisimatenten jetzt den Kollegen vorher fragen, ob er "empfangsbereit" ist, oder stets gleich die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher veranlassen ... die Kosten zahlt ja der Mandant des Kollegen !

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  • RA Ziegelmayer

    26 Mai 2014 um 09:42 |
    Der Anwalt durfte schon immer "nein" sagen, wenn er von seinem Mandanten nicht zur Zustellungsannahme bevollmächtigt ist. Allerdings muss er das nach § 14 BOARA sofort mitteilen.

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