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Zum Retweet eines Fotos auf Twitter

Amtsgericht Köln, Urteil vom 22.04.2021, Az. 111 C 569/19


Zum Retweet eines Fotos auf Twitter

Das Amtsgericht Köln entschied am 22.04.2021, dass der Retweet eines Fotos auf Twitter keine Verbreitung und damit auch keine Verletzung des Urheberrechts darstelle. Dies gelte insbesondere, wenn der Rechteinhaber das Foto selbst auf Twitter hochgeladen habe. Denn darin liege eine konkludente Einwilligung in die Weiterverbreitung.

Durfte das Foto verbreitet werden?
Beide Parteien waren Journalisten und besaßen ein Konto bei Twitter. Der Kläger ließ ein Porträtbild von sich erstellen, welches er später bei Twitter als Profilbild verwendete. Eine Bundestagsfraktion twitterte einige Zeit später etwas und lud hierzu auch das Profilbild des Klägers hoch. Dieses baute der Beklagte wiederum in einen eigenen Tweet ein. Der Tweet wurde mehrfach retweetet. Eine ausdrückliche Einwilligung zur Nutzung des Bildes hatte der Kläger nicht erteilt. Der Beklagte wurde daher auffordert, es zu unterlassen, das Bild zu vervielfältigen und/oder zum Abruf bereit zu halten. Aufgrund dessen gab der Beklagte eine entsprechende Unterlassungserklärung ab. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers in Höhe von 571,44 EUR zahlte er jedoch nicht. Der Kläger behauptete, er habe ein ausschließliches Nutzungsrecht an dem Porträtbild vom Fotografen eingeräumt bekommen. Dieses Recht habe der Beklagte verletzt, indem er den Tweet mit dem Porträtbild retweetet habe. Ihm stehe daher eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 571,44 EUR zu.

Kein Zahlungsanspruch
Das Amtsgericht Köln befand die Klage als unbegründet. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 571,44 EUR unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein solcher folgt insbesondere nicht aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG. Denn danach könne Aufwendungsersatz nur verlangt werden, wenn die Abmahnung berechtigt sei.

„Embedding“ des Profilbilds
Die Abmahnung sei jedoch nicht berechtigt, so das Gericht. Denn der Beklagte habe das Recht des Klägers nicht widerrechtlich verletzt. Werden Beiträge auf Twitter retweetet, liege ein Fall des sogenannten „Embeddings“ vor. Beim Embedding werde der Inhalt nicht kopiert. Vielmehr werde der bestehende Inhalt in das eigene Social-Media-Profil eingebunden. Es liege daher weder eine Vervielfältigung, noch eine öffentliche Zugänglichmachung vor.

Keine öffentliche Wiedergabe
Das AG Köln entschied, dass die Wiedergabe des fremden Beitrages im Rahmen eines Retweets keine öffentliche Wiedergabe darstelle. Eine solche Wiedergabe liege nur vor, wenn eine große und unbegrenzte Anzahl von Personen erreicht werde, die ein neues Publikum darstellen. Vorliegend sei das Porträtbild aber bereits auf Twitter unbeschränkt abrufbar gewesen. Ein Inhalt, der bereits mit Zustimmung des Urhebers den Internetnutzern verfügbar gemacht worden sei, könne nicht erneut dieser Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Habe der ursprüngliche Veröffentlicher die Privatsphäre-Einstellung bei Twitter so gewählt, dass der Beitrag von jedermann einsehbar ist, liege kein „neues Publikum“ vor.

Höhere Anforderungen bei Gewinnerzielungsabsicht
Selbst, wenn der Kläger das Bild nicht selbst auf Twitter hochgeladen hätte, läge keine „öffentliche Wiedergabe“ vor, so das Gericht weiter. Werde ohne Zustimmung des Rechtsinhabers ein Werk verlinkt oder geteilt, hänge die Einordnung als „öffentliche Wiedergabe“ entscheidend davon ab, ob der Retweeter die Rechtswidrigkeit habe erkennen können. Dies wiederum hänge davon ab, ob die Verlinkung aufgrund einer Gewinnerzielungsabsicht erfolge oder nicht. Bei einer Verlinkung mit Gewinnerzielungsabsicht spreche eine widerlegliche Vermutung für die Kenntnis der Widerrechtlichkeit. Denn in dem Fall informiere sich der Verlinker zuvor, ob der Inhalt ordnungsgemäß hochgeladen sei. Ohne Gewinnerzielungsabsicht sei zu ermitteln, ob der Linksetzer wusste oder hätte wissen müssen, dass der Inhalt ohne Zustimmung des Internetnutzers hochgeladen wurde.

Keine Gewinnerzielungsabsicht ersichtlich
Vorliegend sei keine Gewinnerzielungsabsicht ersichtlich, urteilte das Gericht. Somit greife die Vermutung der Rechtswidrigkeitskenntnis nicht. Der Beklagte habe lediglich einen bereits vorhandenen Tweet geteilt und das Bild nicht selbst bei Twitter eingestellt. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte eine fehlende Zustimmung des Rechteinhabers habe erkennen können, lägen nicht vor.

Berufung zugelassen
Das Amtsgericht ließ die Berufung zu, denn die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung.

Amtsgericht Köln, Urteil vom 22.04.2021, Az. 111 C 569/19


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