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Veröffentlichung von Kartenmaterial durch Behörden

Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 28.02.2019, Az. 4 U 37/18


Veröffentlichung von Kartenmaterial durch Behörden

Das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied mit Urteil vom 28.02.2019, dass eine Behörde ein urheberrechtlich geschütztes Werk wie einen Landkartenausschnitt nicht ohne Zustimmung des Urhebers veröffentlichen dürfe. Dies gelte auch, wenn ein allgemeines Informationsinteresse bestehe.

Wann liegt ein amtliches Werk vor?
Klägerin war die Betreiberin eines Stadtplandienstes, die Landkarten und Stadtpläne anbietet. Beklagte war eine kommunale Gebietskörperschaft. Die Klägerin wandte sich gegen die Kartenutzung auf einer durch die Beklagten betriebenen Webseite. Die Beklagte erhielt das Kartenmaterial als Bestandteil eines Planungsbüro-Exposés. Dieses veröffentlichte sie, um einer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. Wegen der Nutzungsrechte am Kartenmaterial hatte sie bei der Klägerin nicht angefragt. Daher mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Unterlassung oder zum Abschluss eines Lizenzvertrages auf. Dem kam die Beklagte jedoch nicht nach. Die Vorinstanz wies die Klage ab, weshalb die Klägerin in Berufung ging.

Kartenmaterial kein amtliches Werk
Das OLG Zweibrücken urteilte, dass der Landkartenausschnitt nicht unter den Ausnahmetatbestand eines amtlichen Werkes aufgrund öffentlichen Informationsinteresses falle. Zwar solle grundsätzlich die Öffentlichkeit bedeutsame Äußerungen von Hoheitsträgern ohne Behinderung durch das Urhebergesetz zur Kenntnis nehmen dürfen. Daher entstünden bei Schöpfungen, die amtlichen und damit öffentlichkeitsrelevanten Zwecken dienten, von vornherein kein Urheberrecht. Denn es bestehe hier ein allgemeines Bedürfnis, diese Schöpfungen von jedermann nutzen zu lassen. Allerdings könne von einem amtlichen Werk nur dann ausgegangen werden, wenn es von vornherein für hoheitliche Zwecke bestimmt sei. Nicht gelte dies aber für Werke, die ursprünglich zu nicht amtlichen Zwecken erstellt worden seien und demzufolge Urheberrechtsschutz genossen hätten. Eine nachträgliche „Umwidmung“ sei nicht möglich.

Kein besonderes Informationsinteresse
Nach Ansicht des Gerichts liege schon kein besonderes Publizitätsinteresse am Kartenmaterial vor. Ein solches könne sich insbesondere aus dem „regelnden“ Charakter eines Werkes ergeben. Das vorliegende Kartenmaterial erfülle diese Voraussetzung jedoch gerade nicht. Denn das besondere Informationsinteresse an Werken mit regelndem Charakter beruhe gerade darauf, dass sie nirgendwo zu beschaffen seien. Dies sei aber vorliegend gerade nicht der Fall, da die Karte entgeltlich von der Beklagten hätte zur Verfügung gestellt werden können.

Beauftragung lag nicht vor
Zudem trage der der Ausnahmevorschrift zugrundeliegende (individuellen) Alimentierungsgedanke vorliegend nicht, so das Gericht weiter. Zwar könne sich die öffentliche Hand privater Schöpfer bedienen, um amtliche Werke zu erschaffen. Der amtliche Charakter eines Werks richte sich jedoch allein danach, ob sein Inhalt dem Amt zuzurechnen sei. Es müsse also auf den Träger öffentlicher Gewalt zurückzuführen sein. Vorliegend sei die Klägerin aber gerade nicht durch die Beklagte beauftragt worden. Man habe sich somit auch nicht ihres Kartenmaterials „bedient“. Vielmehr sei es ursprünglich nicht im öffentlichen Auftrag und nicht zu amtlichen, sondern zu gewerblichen Zwecken geschaffen worden. Somit gleiche das Vorgehen der Beklagten keiner „Beauftragung“, sondern vielmehr einer entgeltfreien Zurverfügungstellung.

Zurückgreifen auf private Dritte nicht üblich
Auch sah das OLG keine Begründung darin, dass es sei „üblich“ sei, auf private Dritte zurückzugreifen. Damit lasse sich zwar die Schutzfreiheit von öffentlich in Auftrag gegebenen (und gegebenenfalls vergüteten) Werken privater Urheber rechtfertigen. Nicht hingegen gelte dies für eine „Veramtlichung“ von grundsätzlich urheberrechtlich geschütztem Material, welches gerade nicht für öffentliche Zwecke geschaffen wurde. Das Urheberrecht gewähre keine kostenfreie Zwangslizenz. Vielmehr schränke es das Eigentum unter Zugrundelegung des Besoldungs- bzw. Vergütungsgedankens ein.

Entscheidung stimmt mit Erwägungen des BVerfG überein
Das Gericht sah sich in Übereinstimmung mit den grundsätzlichen Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum Ausnahmetatbestand. Dieses habe ausgeführt, dass die Ausnahme für amtliche Werke eine verfassungsmäßige Bestimmung zum Eigentumsrecht darstelle. Voraussetzung sei aber, dass das Werk mit Zustimmung des Urhebers in amtlichen Werken verwendet werde. Denn nur dann liege die Entscheidung in der Hand des Urhebers und ihm werde die Möglichkeit gegeben, eine angemessene Vergütung auszuhandeln.

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 08.01.2019, Az. 2 U 89/18


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