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Unbefugte Weiterverwendung von Gutachten-Fotos

Landgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 24.09.2020, Az. 2-03 O 516/19


Unbefugte Weiterverwendung von Gutachten-Fotos

Das Wiederverwenden von Fotos aus einem Unfallgutachten in einem Zweitgutachten ohne vorherige Einwilligung des Erst-Sachverständigen stellt eine unberechtigte Vervielfältigung i.S.v. §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG dar. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 24.09.2020 entschieden.

Hintergrund
Geklagt hatte ein Kfz-Sachverständiger, der nach einem Verkehrsunfall für die betreffende Versicherung ein Gutachten angefertigt hat. Dieses hat unter anderem auch Fotos enthalten. In dem Dokument war klargestellt, dass die Einräumung der Nutzungsrechte nur zu diesem Zweck erfolgte und jede weitere Tätigkeit einer Zustimmung bedürfe. Nichtsdestotrotz hat die Versicherung im Anschluss ein Zweitgutachten bei einem anderen Sachverständigen, dem Beklagten beauftragt. Dieser hat eine eigene Beurteilung erstellt, verwendete dabei aber auch ein Foto des Klägers.

Rechtswidrige Vervielfältigung durch eigene Verwendung
Die Kammer des Frankfurter Landgerichts hat der Klage, mit welcher Unterlassungs- und Aufwendungsersatzansprüche geltend gemacht worden sind, vollumfänglich stattgegeben. Sie hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass der Beklagte das Foto rechtswidrig vervielfältigt habe, indem er es in sein eigenes Gutachten eingefügt habe. Es seien weder der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung noch dem Sachverständigen unter Berücksichtigung der in § 31 Abs. 5 UrhG normierten Zweckübertragungslehre entsprechende Nutzungsrechte eingeräumt worden.

Urheber überträgt im Zweifel nicht mehr Rechte als erforderlich
Der Umfang der Übertragung der Nutzungsrechte ist nach der in § 31 Abs. 5 UrhG normierten Zweckübertragungslehre zu bestimmen. Hierbei ist nach den §§ 133, 157 BGB zu berücksichtigen, was nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte üblicherweise zum Zweck von Verträgen entsprechender Art gemacht wird. Ist eine Verfügung über urheberrechtlich geschützte Werke gegeben, so wird der Umfang der Rechtsübertragung im Zweifel durch den Zweck bestimmt, dem die Rechtsübertragung dienen soll. Der Inhaber der Urheberrechte überträgt im Zweifel keine weitergehenden Rechte, als es der Zweck des urheberrechtlichen Nutzungsvertrages erfordert (BGH GRUR 1982, 727, 730 - Altverträge). Im Allgemeinen werden demnach nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind.

Vervielfältigung war vom Verwendungsinteresse nicht gedeckt
Im zugrundeliegenden Fall hatte der Vertrag nicht auch die Vervielfältigung im Rahmen der Nachbesichtigung in einem weiteren Gutachten umfasst. Zwar bestehe durchaus ein Interesse der Versicherung, eine Nachbesichtigung unter Verwendung von Fotos aus dem Erstgutachten zu ermöglichen. Insoweit erkenne die Kammer, dass die Versicherung ein Interesse an der Verwendung dieser Fotos habe. Dies umfasse jedoch nach dem Vertragszweck gerade nicht auch die darüberhinausgehende Vervielfältigung im Rahmen der Erstellung eines weiteren Gutachtens durch einen Dritten, der möglicherweise sogar in unmittelbarer Konkurrenz zum Erstgutachter stehe. Vielmehr weise die Beklagte selbst zu Recht darauf hin, dass der Versicherung das streitgegenständliche Foto bereits vorgelegen habe, sodass eine weitere Vervielfältigung gerade nicht erforderlich gewesen sei. Soweit hiernach noch Zweifel verbleiben sollten, fielen diese letztlich der Beklagten zur Last, so die Richter.

Wiederholungsgefahr war gegeben
Auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr war gegeben. Im Regelfall indiziert die Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 1997, 379, 380 - Wegfall der Wiederholungsgefahr II). Im Allgemeinen gelinge eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Diese war jedoch von der Beklagten verweigert worden. Damit zeige die Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr bestehe, so die Kammer.

Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie
Maßstab für die Berechnung des Schadens war, was als angemessene und übliche Lizenzgebühr vereinbart worden wäre. Dabei ist grundsätzlich die Lizenzpraxis des Verletzten vorrangig zu berücksichtigen. Liegt eine solche nicht vor, können in der Regel branchenübliche Sätze als Grundlage für die Schätzung dienen. Existiert kein marktüblicher Lizenzsatz, sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der wirtschaftliche Wert des verletzten Immaterialguts und die Art sowie Intensität der Verletzung maßgeblich.


Landgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 24.09.2020, Az. 2-03 O 516/19


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