Topografische Landkarten sind Datenbanken
Topografische Landkarten sind als „Datenbanken“ von der EG-Richtlinie 96/09 erfasst und genießen damit rechtlichen Schutz. Dies gilt auch dann, wenn die Landkarten von einer staatlichen Stelle erstellt werden und dann von einem privaten Unternehmen genutzt werden sollen.
Sachverhalt
Das Landesamt für Vermessungs- und Geoinformation erstellt im Auftrag des Freistaates Bayern topografische Landkarten für das gesamte Bundesland. Diese Landkarten werden im Maßstab 1 : 50000 erstellt. Der österreichische Verlag Esterbauer hat auf diese Landkarten zurückgegriffen und anhand der darin enthaltenen Daten Atlanten, Tourenbücher und Karten für Radfahrer und Mountainbiker erstellt. Nach Auffassung des Bundeslandes Bayern ist eine solche Verwendung der Landkarten und der zugrunde liegenden Daten rechtswidrig. Erst recht, wenn diese ohne Zustimmung erfolge.
Das Bundesland Bayern klagte auf Unterlassung der Nutzung sowie Schadenersatz. Das Landgericht urteilte antragsgemäß. Hiergegen legte der Verlag Berufung ein. Das OLG München hob daraufhin das Urteil auf, ließ aber die Revision zum BGH zu. Dieser überwies die Sache zur Entscheidung an den EuGH.
Entscheidung
Der EuGH entschied, dass auch geografische Daten, wie bestimmte Punkte der Erdoberfläche, welche von einem Dritten genutzt werden, den Schutz als Datenbank und unabhängige Elemente nach der Richtlinie 96/09 genießen. Der Verlag durfte die Karten oder einzelne Daten daher nicht ohne Erlaubnis verwenden. Dies gilt auch dann, wenn einzelnen Informationen herausgelöst werden, um eine eigene Landkarte zu erstellen oder zu vermarkten. Voraussetzung ist, dass ein ausreichender innerer Informationswert verbleibt, um als unabhängiges Element einer ehemaligen Datenbank als schützenswert angesehen zu werden.
Bisher bezeichnete der Begriff Datenbank in der Richtlinie eine Sammlung von werken und Daten sowie unabhängigen Elementen. Diese müssen systematisch oder logisch geordnet sein und separat mit elektronischen Medien oder auf anderem Wege zugänglich sein. Demnach kommt es für die Einstufung als Datenbank im Sinne der Richtlinie darauf an, dass diese aus einer logischen Ansammlung von unabhängigen Elementen besteht. Unabhängige Elemente liegen vor wenn sich diese voneinander trennen lassen, ohne den Informationswert des wissenschaftlichen, künstlerischen, musikalischen oder sonstigen Inhalts zu verlieren.
Die Richtlinie, die aufgrund des Schutzes einen Anreiz zur Erstellung ganzer Datenbanken bieten sollte, schützt auch die einzelnen Bestandteile der Datenbank selbst. Zwar stelle sich die Datenbank aufgrund der Vollständigkeit aller Informationen als Mehrwert zu lediglich einzelnen Daten und Elementen dar, dennoch werde dadurch die Einschätzung als schützenswertes Rechtsgut einzelner Daten, wie hier der topografischen Koordinaten, nicht beeinflusst.
Das Herauslösen einzelner Informationen lässt daher den Schutz und einen Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz nicht entfallen. Einzig entscheidend ist, dass die einzelnen Datensätze von sich aus noch einen eigenen Informationswert besitzen und nicht nur im Zusammenhang mit der vollständigen Datenbank verständlich sind. Der Informationsgehalt der einzelnen Daten muss dabei nicht für den typischen Nutzer der Datenbank verständlich sein, sondern auch für Dritte, die sich für die einzelnen Elemente interessieren.
Die vom Verlag aus den topografischen Landkarten des Bundeslandes Bayern verwendeten einzelnen Elemente sind wirtschaftlich selbstständig verwertbar. Sie liefern für sich genommen sachliche und nutzbare Informationen. Dies hat der Verlag bereits durch die Nutzung als Reisekarten und Atlanten bewiesen. Aufgrund dieser Unabhängigkeit von der eigentlichen Datenbank müssen auch einzelne Daten daher den gleichen Schutz genießen.
Fazit
Mit dem Urteil hat der EuGH den Schutz von Daten und Informationen europaweit ausgeweitet. Insbesondere Datenbanken, welche wie vorliegend im öffentlichen Auftrag erstellt worden sind, genießen daher einen Schutz vor der kommerziellen Verwertung. Dies ist auch deshalb sachgerecht, weil sonst den Unternehmen ohne eigenes Zutun wirtschaftlich wertvolle Daten zufließen würden. Der EuGH ist seiner Rechtsprechung für einen hohen Datenschutzstandard damit weiterhin treu geblieben.
EuGH, Urteil vom 29.10.2015, Az. C-490/14