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Prominentenfoto als „Klickköder“

Prominentenfoto als „Klickköder“ ohne Bezug auf den redaktionellen Inhalt ist Verletzung vom Recht am Bild


Prominentenfoto als „Klickköder“

Das Bundesgerichtshof (BGH) urteilte am 21.01.2021, dass die Nutzung eines Bildes einer prominenten Person als „Klickköder“ ohne redaktionellen Bezug in dessen Recht am eigenen Bild eingreife. Ein Prominenter müsse es nicht hinnehmen, dass sein Bild unentgeltlich von der Presse zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt werde, wenn er mit der Berichterstattung in keinerlei Zusammenhang stehe.

Mit welchen Prominentenbildern darf ein Text beworben werden?
Kläger war ein prominenter Fernsehmoderator. Die Beklagte bot u.a. die Programmzeitschrift „TV Movie“ an, unterhielt eine entsprechende Internetseite sowie ein Facebookprofil. Auf Facebook postete die Beklagte folgenden Text: +++ GERADE VERMELDET +++ Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen. Wir wünschen, dass es ihm bald wieder gut geht. Die Meldung enthielt ein – ohne Einwilligung verwendetes – Foto des Klägers sowie Fotos der drei weiteren prominenten Fernsehmoderatoren Roger Willemsen, Stefan Raab und Joko Winterscheidt. Durch Anklicken der Meldung wurden die Leser auf die Internetseite von TV Movie weitergeleitet. Dort wurde über die Erkrankung des Roger Willemsen berichtet. Informationen über den Kläger fanden sich dort nicht. Der Kläger forderte eine Unterlassungserklärung, die die Beklagte auch abgab. Außerdem entschuldigte sie sich öffentlich für den Facebook-Beitrag. Sie teilte dem Kläger mit, dass sie die Abbildung nur an einem Tag für maximal zwei bis drei Stunden allein auf ihrer Facebook-Seite genutzt habe. Die Klickzahl der Zugriffe auf den Artikel habe bei insgesamt ca. 6.650 gelegen. Der Kläger begehrte mit seinem für das Revisionsverfahren allein noch relevanten Klageantrag, die Beklagte zu einer angemessenen fiktiven Lizenzgebühr zu verurteilen. Das Landgericht hatte entschieden, dass dieser Klageantrag dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Die Berufungsinstanz wies die Berufung der Beklagten zurück und verurteilte sie zur Zahlung von 20.000 EUR nebst Zinsen an den Kläger. Mit der Revision verfolgte die Beklagte die Abweisung des Zahlungsantrages.

Berufungsgericht konnte abschließend entscheiden
Der Bundesgerichtshof entschied, die Revision der Beklagten sei nicht begründet. Das Berufungsgericht sei befugt gewesen, auch über den Betrag der Klageforderung zu entscheiden, obwohl das Landgericht hierzu lediglich ein Grundurteil erlassen habe. Ein Berufungsgericht könne den Rechtsstreit aus Gründen der Prozessökonomie insgesamt abschließend entscheiden, wenn es diesen bei einem prozessual zulässigen Grundurteil zugleich der Höhe nach für entscheidungsreif halte. Dazu bedürfe es formal keiner Anschlussberufung durch die obsiegende Klägerseite. Es sei nicht erkennbar, dass die Entscheidungsbefugnis des Berufungsgerichts formal von der zusätzlichen Zustimmung aller Parteien abhängig zu machen sei. Für die Entscheidung des Berufungsgerichts sei zudem ohne Belang, dass der Kläger seine Sachanträge aus erster Instanz vor dem Berufungsgericht nicht ausdrücklich als solche wiederholt habe. Diese Beurteilung halte der rechtlichen Nachprüfung stand. Einer Anschlussberufung des Klägers, Zustimmung der Parteien oder Wiederholung des erstinstanzlichen Sachantrags des Klägers habe es nicht bedurft.

Berufungsgericht kann selbst Höhe bestimmen
Das Berufungsgericht habe den geltend gemachten Bereicherungsanspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtsfehlerfrei bejaht, so der BGH weiter. Es sei befugt gewesen, eine Entscheidung über den Betrag des Klageanspruchs zu treffen. Dies folge zwar nicht unmittelbar aus § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO. Die Vorschrift setze eine solche Entscheidungsbefugnis des Berufungsgerichts allerdings voraus. Sie bestimme, dass das Berufungsgericht selbst die notwendigen Beweise zu erheben und die Sache zu entscheiden habe. Allerdings sei die Vorschrift des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO nicht unmittelbar anwendbar. Allen in § 538 Abs. 2 ZPO aufgezählten Fällen sei nach dem Wortlaut gemeinsam, dass das Berufungsgericht das Urteil und das Verfahren des Gerichts des ersten Rechtszugs aufheben und die Sache an dieses zurückverweisen könne. Die Bestimmung sei daher unmittelbar nur auf ein aus Sicht des Berufungsgerichts fehlerhaftes Grundurteil des Erstgerichts anwendbar. Beanstandet das Berufungsgericht das Grundurteil dagegen – wie im Streitfall – nicht, liege keine Aufhebung und Zurückverweisung im Sinne des § 538 Abs. 2 ZPO vor. Vielmehr habe dann das Gericht erster Instanz von Amts wegen das noch bei ihm anhängige Betragsverfahren durchzuführen. Dies folge auch daraus, dass der Rechtsstreit nicht in seinem vollen Umfang, sondern allein wegen des Zwischenstreits über den Anspruchsgrund in die Berufungsinstanz gelangt sei. Im Übrigen sei er beim Gericht des ersten Rechtszugs anhängig geblieben, so dass dieses auch während des Rechtsmittelverfahrens in der Sache weiterverhandeln können.

Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild
Das Gericht entschied, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr für die Nutzung seines Bildnisses in Höhe von 20.000 EUR zu. Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bild für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden solle, sei wesentlicher vermögensrechtlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts. Die unbefugte kommerzielle Nutzung eines Bildes für Werbezwecke stelle einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild dar. Damit werde grundsätzlich – neben dem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch – ein Anspruch auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr begründet. Kein Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild liege jedoch vor, wenn die Presse über die Öffentlichkeit interessierende Ereignisse berichtet. In dem Fall stehe das Berichterstattungsinteresse im Vordergrund. Die Absicht, durch die Gestaltung der Nachricht mit einem Bild des Betroffenen zusätzlichen Gewinn durch eine Steigerung der Auflage zu erzielen, sei nur ein mitwirkendes Element. Die Veröffentlichung des Bildes stelle in solchen Fällen keine „kommerzielle Verwertung“ im Sinne einer Ausnutzung der dem Bild zukommenden Verwertungsmöglichkeiten dar.

Verwendung des Bildes im Facebook-Post
Der BGH erachtete zudem die Verwendung des Klägerbildnisses im Facebook-Posting der Beklagten als nicht gerechtfertigt. Eine Einwilligung des Klägers habe nicht vorgelegen. Grundsätzlich unterfalle auch die Eigenwerbung von Presseorganen dem Schutz der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Daher diene die Verwendung des Klägerfotos nicht ausschließlich dem privaten Geschäftsinteresse der Beklagten, sondern mittelbar auch dem Informationsinteresse der Allgemeinheit. Allerdings könne das Klägerinteresse höher als das Beklagteninteresse gewichtet werden. Zwar sei der Kläger eine prominente Person. Vorliegend handele es sich um ein Foto aus dem Bereich seiner beruflichen Tätigkeit und damit seiner Sozialsphäre. Der Kläger sei zudem nur im – lediglich einfachrechtlich geschützten – vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt seines Persönlichkeitsrechts und nicht auch in dessen ideellen Bestandteil betroffen.

Kläger war nicht Gegenstand der Berichterstattung
Die Verwendung des Bildnisses des Klägers habe für sich genommen keinen Informationswert, so das Gericht. Es diene allenfalls mittelbar dem öffentlichen Informationsinteresse. Das Bild werde dafür genutzt, Aufmerksamkeit auf den verlinkten Artikel zu lenken. Der Kläger selbst sei nicht Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Er habe auch mit der Erkrankung von Roger Willemsen in keinerlei Zusammenhang gestanden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass alle vier abgebildeten Personen als Moderatoren tätig sind. Somit komme der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Pressefreiheit der Beklagten kein überwiegendes Gewicht gegenüber dem vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers zu. Zwar stelle es keinen kommerziellen Selbstzweck dar, über Klickzahlen Werbeeinnahmen zu generieren. Vielmehr finanziere dies – insbesondere im Onlinebereich – auch die journalistische Arbeit. Allerdings könne damit keine beliebige Nutzung eines Bildes für die Berichterstattung ohne inhaltlichen Zusammenhang gerechtfertigt werden. Der Kläger müsse nicht hinnehmen, dass sein Bildnis von der Presse unentgeltlich zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt wird, die ihn nicht betreffen. Der Gebrauch der Pressefreiheit werde dadurch nicht in unerträglichem Maße beschränkt. Es sei kein Grund ersichtlich, ein Presseorgan wegen seiner publizistischen Funktion zu privilegieren, wenn diese – wie im Streitfall – nicht hinreichend betroffen ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.01.2021, Az. I ZR 120/19


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