Öffentliche Zugänglichmachung bei konkreter URL
Mit Urteil vom 24.01.2018 entschied das Landgericht Frankfurt, dass sich eine Unterlassungserklärung nicht nur darauf richte, Bilder nicht erneut im Internet zu veröffentlichen. Vielmehr könne auch Sicherstellung verlangt werden, dass bereits im Internet eingestellte Bilder nicht mehr öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein bloßes Nicht-in-Kenntnis-setzen über einen Link bzw. eine URL sei nicht ausreichend.
Liegt eine öffentliche Zugänglichmachung auch vor, wenn das Werk nur noch per Link abrufbar ist?
Der Kläger war Berufsfotograf, die Beklagte im Bereich der Aktienanalyse tätig. Die Beklagte verwendete Fotos der Klägerin zur Hintergrundbebilderung ihrer Webseite. Für deren Erstellung nutzte die Beklagte ein Baukastensystem mit Content Management System (CMS). Der Inhalt der Webseite einschließlich der Fotos wurde sowohl auf der Webseite des CMS-Anbieters als auch auf den Servern des dahinterstehenden Unternehmens, der W…Ltd., veröffentlicht. Weiterhin wurden die Bilder auch unter einer Subdomain gespeichert bzw. angeboten. Der Kläger mahnte die Beklagte wegen Nutzung der Fotos ab, woraufhin diese eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab. Im Zuge dessen entfernte die Beklagte die Bilder auch von ihrer Webseite und löschte sie aus dem CMS. Der Kläger prüfte im Nachgang, ob die Fotografien noch über die URLs bzw. unter der Sub-Domain abrufbar waren. Allerdings war das in der ursprünglichen Abmahnung nicht verlangt. Mit einem weiteren anwaltlichen Schreiben forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe und zur Abgabe einer erneuten Unterlassungserklärung auf. Dies lehnte die Beklagte jedoch ab. Sie wandte sich aber wegen der streitgegenständlichen URLs an die W…Ltd. Diese teilte mit, dass die Bilder mit den entsprechenden Links bereits von den Servern entfernt worden seien. Weiterhin wandte sich die Beklagte an den Support des CMS-Anbieters mit der Bitte um Löschung der Bilder von der Sub-Domain. Der Kläger war der Auffassung, die Beklagte habe schuldhaft nicht dafür Sorge getragen, dass die Bilder nicht mehr vollständig abrufbar waren. Hierzu sei sie aber aufgrund der abgegebenen Unterlassungserklärung verpflichtet gewesen.
Abruf über Direktlink für öffentliche Zugänglichmachung ausreichend
Das Landesgericht Frankfurt entschied, dass die Fotos zum Zeitpunkt der zweiten Abmahnung noch auf den Servern des Vertragspartners der Beklagten, der W… Ltd, abrufbar und somit öffentlich zugänglich gewesen seien. Zwar sei der Aufruf nur noch über einen Direktlink möglich gewesen. Allerdings richte sich der Unterlassungsanspruch nicht nur darauf, die Lichtbilder nicht mehr erneut im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Vielmehr könne auch verlangt werden, dass bereits im Internet eingestellte Bilder nicht mehr öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein bloßes Nicht-in-Kenntnis-setzen über den Link sei nicht ausreichend. Denn das Internet sei gerade für den unbegrenzten und öffentlichen Zugang konzipiert. Daher sei ein „Ins-Netz-Stellen“ solange eine öffentliche Zugänglichmachung, wie keine geeignete technische Zugriffsmöglichkeit eingerichtet werde. Dem entsprechend sei auch das Bereithalten eines Werkes zum Aufruf bei Direkteingabe der URL eine öffentliche Zugänglichmachung.
Per Bildersuche können auch entfernte Fotos noch aufgerufen werden
Auch wenn nach Entfernung der Bilder von der Webseite fraglich sei, ob sie überhaupt noch von einer unbestimmten Zahl von Personen erreicht werden, sei vorliegend von einer öffentlichen Zugänglichmachung auszugehen, so das Gericht. Bilder seien auch über Bildersuchmaschinen auffindbar. Dies gelte grundsätzlich auch für Bilder, die von einer Webseite entfernt, aber über die URL weiterhin abrufbar seien. Werde aber das Bild trotz Entfernung von der Webseite nicht nur über die URL, sondern auch über eine Bildersuchmaschine gefunden, sei das Merkmal der öffentlichen Wiedergabe erfüllt.
Rechtsverletzung wurde nicht umfassend abgestellt
Die Beklagte handelte auch mindestens fahrlässig, entschied das Gericht. Denn sie habe sich darauf zurückgezogen, ein Baukastensystem in Form eines CMS zu verwenden, um ihre Webseite zu erstellen. Sie habe die Löschung der Fotos auch nur in diesem CMS bewirkt. Nicht aber habe sie sich an ihren Vertragspartner, die W… Ltd., gewandt. Dies sei erst nach nochmaligem Hinweis des Klägers erfolgt. Grundsätzlich obliege es dem Verletzer, eine Rechtsverletzung umfassend abzustellen. Dies könne auch beinhalten, auf Dritte einzuwirken, um auch bei ihnen die Fortsetzung der Rechtsverletzung abzustellen. Der Beklagten hätte es zumindest oblegen, zu überprüfen und ggf. nachzufragen, ob durch die Löschung der Inhalte aus ihrem CMS auch die Löschung der entsprechenden Dateien vom Server bewirkt seien. Dies sei aber bis zur zweiten Abmahnung nicht erfolgt.
Verschulden kann reduziert werden, nicht aber Vertragsstrafe
Reduzierend bei der Verschuldensbemessung habe sich aber ausgewirkt, dass der Beklagten die fehlende endgültige Löschung der Dateien nicht bewusst gewesen sei, so das Gericht. Der Kläger habe in seiner Abmahnung jeweils nur die URLs der jeweiligen Webseiten mitgeteilt, auf denen die Fotos als Hintergrundbilder veröffentlicht worden seien. Nicht mitgeteilt habe er aber die entsprechenden URLs zum Server der W… Ltd. Dazu sei der Kläger jedoch auch nicht verpflichtet gewesen. Denn er müsse die Rechtsverletzung nur hinreichend konkret bezeichnen. Die Reduzierung des Verschuldens wirke sich aber nicht auf die Vertragsstrafe aus. Denn hierfür sei auch ein fahrlässiger Verstoß ausreichend.
Landgericht Frankfurt, Urteil vom 24.01.2018, Az. 2-03 O 140/18