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MFM-Empfehlungen als Basis für Schadenshöhe


MFM-Empfehlungen als Basis für Schadenshöhe

Das Landgericht Köln entschied mit Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16, dass für die Berechnung eines Schadens infolge einer unberechtigten Bildnutzung auf die MFM-Empfehlungen als Anhaltspunkt zurückgegriffen werden kann. Jedoch seien stets auch die anderweitigen Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen, weshalb die Höhe des Schadens von den Bildhonorar-Tabellen durchaus abweichen könne.

Produktbeschreibungen mit Lichtbildern
Als Händlerin bietet die Beklagte ihre Waren sowohl auf ihrer eigenen Internetseite als auch auf der Handelsplattform eBay an. Bestandteil ihrer Warenangebote sind Lichtbilder. Der Kläger, ebenfalls ein Händler, rügte die unberechtigte Verwendung solcher Bilder hinsichtlich der Produkte „La Sauce de MONIN – Dark Chocolate“, „SIDOL – Metallpolitur“ sowie „Werther´s Original“. Es kam seinerseits zu entsprechenden Abmahnungen, jedoch blieben diese allesamt unberücksichtigt.

Kläger behauptete Urheberschaft der verwendeten Bilder für sich
Laut Kläger durfte die Beklagte die Fotos nicht verwenden. Sie sei nicht die Urheberin hiervon, vielmehr habe er diese angefertigt. Überdies sei er auf seiner Internetseite als Urheber benannt und könne sich jedenfalls auf § 10 UrhG berufen. Ferner behauptete er, dass er seine Fotografien stets auf Basis der der Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) lizensiert. Die Nutzungsdauer seitens des Beklagten sei durch die Seiteninformationen ebenso nachweisbar. Zuletzt führte der Kläger an, dass es seinerseits aufgrund der falschen Bildverwendung der Beklagten hinsichtlich des Artikels „Dark Chocolate“ zu einer Verwechslung kam. Das Warenangebot betraf zwar inhaltlich dieses Produkt, allerdings wurde hierfür das Bild „White Chocolate“ genutzt. Allein aus diesem Grund beanspruchte die Abmahnung die urheberrechtliche Nutzungsberechtigung für dieses Lichtbild. Tatsächlich sei sie aber auf die der „Dark Chocolate“ gerichtet gewesen. Insgesamt stehe ihm deshalb ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Er begehrte von der Beklagten außerdem, es zu unterlassen, die den besagten Produkten beigefügten Fotos ohne seine erforderliche Zustimmung öffentlich zugänglich zu machen. Ferner seien ihm auch die Anwaltskosten bezüglich der drei erfolglos ergangenen Abmahnungen zu erstatten.

Beklagte bestritt Klägervortrag
Die Beklagte widersetzte sich dem Vorbringen des Klägers. Sie bestritt zunächst, dass die Bilder vom Kläger aufgenommen wurden. Nach ihrem Vortrag habe diese ein Zeuge angefertigt. Daneben fehle es an der Wiederholungsgefahr und zwar auch, ohne dass sie eine Unterlassungspflichterklärung abgegeben habe. Hinzu komme, dass nicht nur das Produktbild bezüglich der Sauce ein ganz anderes gewesen sei als vom Kläger behauptet, sondern auch das der Sahnebonbons. Darüber hinaus habe der Kläger die Nutzung der Bilder durch sie über drei Jahre geduldet, worin eine stillschweigende Einwilligung zu sehen sei. Sollte das Gericht dennoch einen Schadensersatzanspruch bejahen, sei die Heranziehung der MFM-Tabelle nicht möglich, da diese nur bei professionellen Marktteilnehmern greife. Auch ein Zuschlag für die Nichtbenennung des Urhebers verbiete sich. Im Weiteren seien die Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich einzustufen. Ungeachtet all dessen könne sie die Einrede der Verjährung geltend machen.

Landgericht Köln gab Klage teilweise statt
Das Landgericht Köln gab der Klage teilweise statt. Es bejahte einen Schadensersatzanspruch wegen der rechtswidrigen Nutzung der streitigen Lichtbilder gemäß §§ 97 Abs. 2 S. 3, 16, 19a, 72 UrhG. Daneben komme dem Kläger der Unterlassungsanspruch zu. Die Erstattung der Anwaltskosten wurde lediglich für die Abmahnungen der Artikel „SIDOL“ und „Werther´s Original“ gewährt.

Erhebliche Indizien für Urhebereigenschaft des Klägers
Für die Urheberschaft des Klägers sprächen die vorgelegten Ausdrucke des Klägers. Es handele sich dabei nach Einschätzung des Gerichts wohl um die Originaldateien. Jedenfalls weisen diese eine höhere Auflösung als die bei der Beklagten vorgefundenen Dateien auf (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.2014 - I ZR 76/13 – CT-Paradies). Zudem konnte der Kläger identische Merkmale die jeweiligen Dateien betreffend aufzeigen, welche von der Beklagten nicht hinreichend entkräftet wurden. Überdies diene die Vermutung des § 10 UrhG, welcher bei Lichtbildern entsprechende Anwendung findet, der Behauptung des Klägers. Es handele sich bei den auf seiner Internetseite hochgeladenen Dateien um Vervielfältigungsstücke im Sinne der Norm. Diese enthielten in unmittelbarem Zusammenhang auch die namentliche Nennung des Klägers, woraus sich durchaus die Vermutung der Urheberschaft ableiten lasse (vgl. CT-Paradies). Dagegen könne sich die Beklagte nicht auf die Vorschrift berufen, schließlich habe sie weder behauptet, dass sie Urheberin der Bilder sei, noch könne der Herkunftsvermerk des Unternehmens auf den Fotos die Vermutung der Urheberschaft begründen.

Rechtswidrige Nutzung und schuldhaftes Handeln
Weiterhin sei die Nutzung auch rechtswidrig erfolgt. Die Beklagte trug zu keinem Zeitpunkt vor, dass sie eine Lizenz vom Kläger oder einem berechtigten Dritten erworben hat, obwohl sie für sich selbst gerade kein Urheberrecht beanspruchte. Bei dem Vortrag, dass die verwendeten Fotos von einem Zeugen angefertigt wurden, handelte es sich um keinen Beweis, dass die Bilder nicht vom Kläger stammen. Ferner agierte sie fahrlässig und somit schuldhaft, da sie sich nicht einmal um den Erwerb einer Lizenz bemüht hatte. Ein Schadensersatzanspruch liege mithin dem Grunde nach vor.

Berechnung des Schadensersatzanspruchs
Das Gericht betonte, dass die MFM-Empfehlungstabellen, welche angemessene Lizenzsätze für die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern festsetzen, nach ständiger Rechtsprechung entsprechend als Basis für die Schätzung des Schadens herangezogen werden können (vgl. Landgericht Köln, Urteil vom 27.05.2014, Az. 14 S 38/13; Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 01.03.2013, Az. 6 U 168/13), wenn es sich – wie vorliegend – um qualitativ hochwertige Bilder (nicht zwingend von einem Berufsfotografen) und nicht etwa um „Schnappschüsse“ handele. Allerdings seien auch immer noch sämtliche individuelle Sachverhaltsumstände für die Beurteilung zu berücksichtigen. Relevant wird hierbei sogleich die Tatsache, dass der Kläger kein Berufsfotograf ist. Ein Abschlag von 20% erscheine daher angemessen. Die Nutzungsdauer sei insgesamt anhand von Screenshots dargelegt. Darüber hinaus sei auch der Zuschlag für die Nichtnennung des Urhebers in Höhe von 100% gerechtfertigt. Dies trage dem besonderen Umstand Rechnung, dass die Beklagte nicht nur die Urheberschaft des Klägers verschwiegen hat, sondern sogar ihre eigene gewerbliche Bezeichnung auf den Fotografien angebracht habe. Sie habe damit den Anschein erweckt, dass ihr die Berechtigung an den Bildern zukomme, worin ein gesteigerter Eingriff in den Zuweisungsgehalt der urheberrechtlichen Nutzungsrechte des Berechtigten zu erkennen sei.

Bewertung der weiteren Parteivorträge
Mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung liege eine Wiederholungsgefahr sehr wohl vor. Diese sei durch die Rechtsverletzung indiziert und im Folgenden nicht aufgehoben worden. Der Einwand der Beklagten, dass sie allein schon aufgrund der geübten Branchengepflogenheiten zur Verwendung aktueller Lichtbilder angehalten sei und keinesfalls alte Bilder verwenden könne, blieb vom Gericht dagegen unberücksichtigt. Die Abmahnung bezüglich des falsch verwendeten „White Chocolate“-Lichtbilds sei nach Ansicht des Gerichts nicht vorschriftsgemäß erfolgt, weshalb die Kosten hierfür auch nicht erstattungsfähig seien. Die Verletzungshandlung müsse stets so konkret angegeben werden, dass der Schuldner erkennen könne, was ihm in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorgeworfen werde, was vorliegend aber nicht der Fall war. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die Verjährung nicht gehemmt. Zudem seien die nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2014 – I ZR 86/12 – Peter Fechter) erforderlichen Voraussetzungen für eine Duldung des Beklagtenverhaltens bzw. eine stillschweigende Einwilligung des Klägers zur Veröffentlichung der Fotos ohne Kennzeichnung des Urhebers, nämlich Zeit- und Umstandsmoment, nicht gegeben. Der Kläger habe die Beklagte zeitnah abgemahnt und auch Schadensersatzansprüche angekündigt. Zusätzlich könne sich diese nicht auf ein ihrerseits entstandenes schutzwürdiges Vertrauen berufen, da die Klage rechtzeitig vor Ablauf der Regelverjährung erhoben worden sei. Zuletzt kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Abmahnungen und die begehrten Ansprüche nicht rechtsmissbräuchlich sind. Zwar seien die Handlungen der Beklagten zu unterschiedlichen Zeiten erfolgt und auch nicht einheitlich vom Kläger festgestellt worden, allerdings durfte er nichtsdestotrotz die Abmahnkosten und die Ansprüche in einer Klage zusammenfassen.

Landgericht Köln, Urteil vom 24.08.2017, Az.: 14 O 111/16

von Sabrina Schmidbaur


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