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Keine Ansprüche trotz Urheberrechtsverletzung

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.08.2018, Az. 2-03 O 32/17


Keine Ansprüche trotz Urheberrechtsverletzung

Mit Urteil vom 16.08.2018, Az. 2-03 O 32/17 entschied das Landgericht Frankfurt am Main, dass ein Berufsverband keinen Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer Urheberrechtsverletzung, welcher ihm abgetreten wurde, geltend machen kann. Es fehle ihm hierfür die Aktivlegitimation. Außerdem könne diesem mangels der Ermittlung einer Schadenshöhe kein Anspruch auf Schadensersatz zukommen.

Abmahnung und Schadensersatzzahlung
Klägerin des Verfahrens ist ein Landesverband. Diese erhielt vom Beklagten mit einem anwaltlichen Schreiben vom 14.12.2016 eine Abmahnung und wurde gleichzeitig zur Zahlung von Schadensersatz gemäß der MFM-Tabelle sowie der Zahlung von Rechtsverfolgungskosten aufgefordert. Grund hier sei nach den Ausführungen des Beklagten, dass die Klägerin bei der Verwendung eines Lichtbildes das Urheberrecht von Herrn X verletzt hat. Dieser hätte den Beklagten, welcher es sich als nicht eingetragener Verein zur Aufgabe gemacht habe, Urheberrechtsverletzungen zulasten seiner Mitglieder im eigenen Namen durchzusetzen, durch einen Vertrag ermächtigt, ihm zustehende Unterlassungsansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Zugleich habe dieser dem Beklagten Schadensersatzansprüche gegen eine Vergütung abgetreten.

Zurückweisung des Begehrens des Beklagten
Infolgedessen gab die Klägerin mit einem anwaltlichem Schreiben vom 06.01.2017 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber Herrn X ab und bot ihm den Ersatz eines eventuell entstandenen Schadens an. In einem weiteren Schreiben am besagten Tag gab sie dem Beklagten zu verstehen, dass sie dessen Vorbringen zurückweist. Sie forderte ihn ebenso zum Ersatz der Kosten ihrer Rechtsverteidigung auf und begehrte von ihm den Verzicht auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Auf dieses Schreiben antwortete der Beklagte am 11.01.2017. Er kündigte der Klägerin hierin die Klageerhebung an, wenn diese ihre Position nicht ändere.

Klägerin erhob negative Feststellungklage
Im Weiteren entsprach es dem Interesse der Klägerin feststellen zu lassen, dass die Forderungen des Beklagten ihr gegenüber nicht bestehen. Aus diesem Grund erhob sie vor dem Landgericht Frankfurt am Main eine negative Feststellungsklage mit den folgenden vier Anträgen: Es sollte als erstes festgestellt werden, dass die Klägerin nicht gegenüber der Beklagten verpflichtet ist, es zu unterlassen, Bildmaterial von Herrn X ohne entsprechende Erlaubnis im Internet öffentlich zugänglich zu machen (1). Ebenso sollte das Gericht aussprechen, dass die Klägerin der Beklagten keinen Schadensersatz in Höhe von 829,25 € bezahlen muss (2). Weiterhin obliege der Klägerin nicht die Verpflichtung, dem Beklagten seine Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten (3). Zuletzt sollte das Gericht dem Beklagten die Kosten der Rechtsverteidigung der Klägerin nebst Zinsen auferlegen (4).

Einspruch gegen Versäumnisurteil
Da der Beklagte der Verhandlung fernblieb, sprach das Gericht zunächst ein Versäumnisurteil aus. Hierin folgte es dem schlüssigen Vortrag der Klägerin. Allerdings legte der Beklagte Einspruch gegen dieses Urteil ein, sodass der Prozess neu stattfand. Der Beklagte beantragte sodann die Klage abzuweisen. Nach der Ansicht des Beklagten habe die Klägerin bei dem Gebrauch des besagten Lichtbildes die zugrundeliegenden Lizenzbedingungen nicht erfüllt. Sie habe dabei nämlich nicht den Bildtitel des auf der Bilderplattform „Flickr“ veröffentlichten Bildes genannt. Ebenso wäre es ihre Pflicht gewesen, innerhalb der Verwendung einen Link auf die Creative-Commons-Lizenz sowie auf die Unterseite des Herrn X auf www.flickr.com zu setzen. Beides wäre erforderlich gewesen, um potentiellen Interessenten die Möglichkeit zu bieten, das Lichtbild direkt vom Fotografen zu erwerben.

Landgericht hielt Klage für zulässig und begründet
Allerdings kam das Landgericht auch unter der Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten zu keinem anderen Ergebnis als zuvor. Da es die Klage für zulässig und begründet hielt, entsprach es
allen vier Anträgen der Klägerin. Somit wurde das Versäumnisurteil vom 22.02.2018 aufrechterhalten.

Beklagtem stand kein Unterlassungsanspruch zu
Zunächst kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass dem Beklagten der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zusteht. Grund hierfür sei einerseits, dass die Beklagte bereits nicht aktivlegitimiert ist. Ihr stehe mithin nicht das Recht zu, einen solchen Anspruch einzufordern. Das Gericht führte aus, dass Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche grundsätzlich nur von dem jeweiligen Rechteinhaber selbst zu beanspruchen sind. Nach einer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei eine isolierte Abtretung solcher Ansprüche mit Blick auf die damit verbundene Veränderung des Leistungsinhalts nicht möglich (BGH GRUR 2002, 248 – SPIEGEL-CD-ROM). Als Ausnahme hiervon komme nur eine gewillkürte Prozessstandschaft in Betracht. Voraussetzung sei dafür aber, dass der Rechteinhaber den Anspruchsteller entsprechend ermächtigt hat und der Dritte ein eigenes berechtigtes Interesse an der Anspruchsdurchsetzung besitzt (BGH GRUR 1961, 635 – Stahlrohrstuhl; BGH GRUR 1998, 276 – Coverversion).

Kein eigenes berechtigtes Interesse seitens des Beklagten
Zwar wurde der Beklagte vorliegend von Herrn X durch einen Vertrag dazu ermächtigt, einen Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin geltend zu machen. Allerdings verneinte das Gericht ein eigenes berechtigtes Interesse an der Durchsetzung dieses Anspruchs seitens des Beklagten. Es handele sich bei diesem nicht um dieselbe Art von Berufsverband wie in der genannten SPIEGEL-CD-ROM-Entscheidung. Hierin bejahte der Bundesgerichtshof ein solch berechtigtes Interesse mit Blick auf einen Berufsverband von Fotografen, dessen Satzungszweck auch die Rechtsverfolgung von Ansprüchen für seine Mitglieder deckte. Zwar bezeichne sich der Beklagte im Streitfall als Berufsverband, allerdings stelle er nach der Ansicht des Gerichts lediglich eine Vereinigung zur Geltendmachung von Rechten dar. Er vertrete nicht generell die Interessen seiner Mitglieder, sondern wurde nur singulär für die Durchsetzung von ganz bestimmten Rechten seiner Mitglieder gegründet. Es bestehe gerade keine besondere Beziehung zu den beigetretenen Fotografen. Der Beklagte sei insgesamt mit einem Inkassounternehmen zu vergleichen. Auch dieses kaufe Forderungen, um sie anschließend im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einzufordern. Der vom Beklagten vorgetragene alleinige Gründungszweck, den betroffenen Mitglieder das Risiko der Geltendmachung ihrer Rechte zu nehmen, genüge nicht für ein hinreichendes berechtigtes Interesses seiner Person.

Keine Wiederholungsgefahr zum Zeitpunkt der Verhandlung
Darüber hinaus fehle auch die für eine solchen Anspruch erforderliche Wiederholungsgefahr, schließlich habe die Klägerin bereits im Vorfeld gegenüber Herrn X eine Unterlassungserklärung abgegeben. Für die Kammer liege es auch auf der Hand, dass die Ankündigung der Klageerhebung im Schreiben des Beklagten vom 11.01.2017 alle geltend gemachten Ansprüche erfasste und nicht nur die von ihm behaupteten Zahlungsansprüche. Er habe sich somit auch noch nach der Abgabe der Unterlassungserklärung eines Unterlassungsanspruchs berühmt.

Kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz
Im Weiteren hatte das Gericht zu beurteilen, ob die Klägerin dem Beklagten Schadensersatz schuldete. Nach den Ausführungen der Kammer habe die Klägerin unstreitig das Urheberrecht des Herrn X mangels Nennung des Bildtitels und der Verlinkung der Creative-Commons-Lizenz jedenfalls fahrlässig verletzt hat. Aus einer solchen Rechtsverletzung könnte entsprechend § 97 Abs. 2 UrhG grundsätzlich auch ein Schadensersatzanspruch resultieren. Dieser könnte gemäß § 398 BGB auch abgetreten werden, sodass der Beklagte zumindest diesen einklagen könne. Problematisch sei nach den Ausführungen des Gerichts aber die Höhe eines solchen Anspruchs. Entgegen der Behauptung des Beklagten könne die MFM-Tabelle hierfür nicht herangezogen werden. Der Anwendung dieses Instruments stehe bereits entgegen, dass die Fotografien auch kostenlos unter den Bedingungen der Creative-Commons-Lizenzen verfügbar waren (OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014, Az. 6 U 60/14). Insgesamt war das Landgericht nicht in der Lage, einen Lizenzsatz als Orientierung für die Höhe des Schadensersatzanspruchs festzulegen. Grund hierfür sei, dass die Klägerin den Fotografen unstreitig als Urheber benannt hat. Ebenso erfolgte durch den Gebrauch von entsprechenden Symbolen ihrerseits der Hinweis, dass die Fotografie unter einer Lizenz steht, die die Namensnennung erfordere und Bearbeitungen untersage. Mithin habe sie zwar nicht alle Interessen des Fotografen in Hinblick auf die Verwendung des Bildes erfüllt, jedoch habe sie sich auch nicht über sämtliche Anforderungen hinweggesetzt. Für die Schätzung eines Schadens in einem solchen Fall biete der Vortrag des Beklagten aber keinerlei Anhaltspunkte.

Gericht entsprach auch Antrag 3 und 4
Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass dem Beklagten ein Anspruch gegen die Klägerin auf Ersatz seiner Abmahnkosten (3) nicht zusteht. Unabhängig von dessen fehlender Aktivlegitimation sei auch davon auszugehen, dass ein Verband personell, sachlich und finanziell grundsätzlich so aufgestellt sein muss, auch ohne anwaltlichen Rat, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Verstöße zu erkennen und selbst abzumahnen. Zuletzt wurde der Klägerin ein Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Kosten für die Verteidigung gegen dessen unberechtigte Abmahnung aus § 97a Abs. 4 UrhG zugesprochen (4).

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.08.2018, Az. 2-03 O 32/17

von Sabrina Schmidbaur


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