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Kein Schadensersatz bei Verletzung einer Creative Commons-Lizenz

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 13.04.2018, Az. 6 U 131/17


Kein Schadensersatz bei Verletzung einer Creative Commons-Lizenz

Mit Urteil vom 13.04.2018 entschied das Oberlandesgericht Köln, dass ein Fotograf keinen Anspruch auf Schadensersatz habe, wenn er seine Fotos kostenlos in einem freien Bildarchiv veröffentlicht und für die Nutzung lediglich die Verlinkung auf seine Bildarchiv-Seite sowie die gesetzlich übliche Urheberbenennung verlangt. Dem Fotografen entstehe kein Schaden, wenn er keine Verlinkung auf seine professionelle Webseite verlangt und die Fotos somit nicht zu Werbezwecken nutzt.

Schadenersatz bei kostenloser und freier Nutzungsmöglichkeit?
Der Kläger, ein Fotograf, veröffentlichte regelmäßig Fotos auf der Internetseite www.wikimedia.org. Diese stellte er unter einer Creative Commons-Lizenz zur kommerziellen sowie nicht kommerziellen Nutzung kostenlos zur Verfügung. Bedingung war lediglich die gesetzliche Urheberbenennung sowie eine Verlinkung auf die Wikimedia-Seite des Klägers. Der Beklagte nutzte eines dieser Fotos auf seiner eigenen Webseite, ohne die Bedingungen einzuhalten. Eine Urheberbenennung erfolgte lediglich im Rahmen des Impressums der Webseite ohne gesonderte Zuordnung zum Foto. Daraufhin mahnte der Kläger den Beklagten ab. Der Beklagte gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab. Weiterhin machte der Kläger noch einen Schadensersatzanspruch geltend. Die Vorinstanz verurteilte den Beklagten zur Zahlung des Schadenersatzes. Hiergegen richtete sich seine Berufung.

Creative Commons-Lizenz sind Allgemeine Geschäftsbedingung
Nach Ansicht des Oberlandesgericht Köln handelte es sich bei der Creative Commons-Lizenz um Allgemeine Geschäftsbedingungen, da sie für eine Vielzahl von Lizenzverträgen vorformuliert seien. Dass sie nicht von einer Vertragspartei selbst sondern von dritter Seite formuliert seien, schade nicht. Auch hindere es nicht die wirksame Einbeziehung, dass die Lizenzbedingungen auf Englisch formuliert waren, da der Beklagte Unternehmer sei (§§ 310, 305 Abs. 2 BGB).

Schadenberechnung nach Lizenzanalogie
Eine Berechnung in Anlehnung an die MFM-Empfehlungen scheide nach Meinung des Gerichts aus, da der Kläger sein Lichtbild kostenlos zur Verfügung gestellt habe. Allerdings könne die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie erfolgen. Danach könne der Kläger dasjenige verlangen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Die Lizenzanalogie komme selbst dann in Betracht, wenn Lizenzverträge in der Praxis zwar nicht üblich seien, das verletzte Recht seiner Art nach aber vermögenswert genutzt werde.

Kein objektiver Wert bei kostenloser Fotonutzung
Der "objektive Wert" der Nutzung eines unter Creative Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts könne mit Null angesetzt werden, so das Oberlandesgericht. Vorliegend habe der Kläger seine Bilder sowohl für kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Nutzungen kostenlos angeboten. Somit werde nicht ersichtlich, welchen wirtschaftlichen Sinn eine entgeltliche Lizenzierung daneben haben könne. Da die öffentliche Zugänglichmachung bereits kostenlos möglich sei, liefe eine weitergehende kostenpflichtige Lizenz letztlich nur darauf hinaus, sich als Lizenznehmer von den Bedingungen der Creative Commons-Lizenz zu befreien. Anhaltspunkte, um den objektiven Wert einer solchen „Befreiung“ zu schätzen, seien jedoch nicht vorgetragen worden.

Kein objektiver Wert der fehlenden Urheberbenennung
Auch hinsichtlich der fehlenden Urheberbenennung war das Gericht der Ansicht, dass kein Wert ersichtlich sei. Zwar werde vertreten, dass auch Werke, die unter einer Open Content-Lizenz angeboten werden, über einen wirtschaftlichen Wert verfügen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass Open Content-Lizenzen häufig zur Bewerbung des eigenen Werkschaffens genutzt würden. Der Urheber veröffentliche einen kleinen Ausschnitt seines Werkes, um dadurch sich und seine Werke besser vermarkten zu können. Hier müsse im Einzelfall entschieden werden, ob das jeweilige Werk in der konkreten Verwendung trotz des Open Content-Angebots einen wirtschaftlichen Wert habe oder nicht. Wenn vorliegend aber Fotos sowohl für kommerzielle wie nicht kommerzielle Nutzungen frei und kostenlos zur Verfügung gestellt werden, könne kein wirtschaftlicher Wert angenommen werden.

Schätzung einer fiktiven Lizenz
Das Gericht entschied, dass nach der Lizenzanalogie grundsätzlich das angesetzt werden könne, was verständige Vertragsparteien bei Kenntnis der Sachlage vereinbart hätten. Zu einer eigenen Lizenzierungspraxis habe der Kläger nicht ausreichend vorgetragen. Daher müsse eine fiktive Lizenz geschätzt werden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger das Foto kostenlos lizenziert hätte, wenn der Beklagte die Bedingungen eingehalten hätte. Somit hätten vernünftige Parteien für die Nutzung weder eine Lizenz gefordert noch gezahlt.

Schätzung eines pauschalen Schadenersatzes
Grundsätzlich sei im Fall der kostenlosen Nutzungsberechtigung ein pauschaler Schadensersatz wegen fehlender Verlinkung und fehlender Urheberbenennung zu schätzen. Dies gelte insbesondere, wenn ein Schaden zweifelsfrei gegeben sei und nicht jegliche Anhaltspunkte zur annähernden Bestimmung eines Schadens fehlen. Da es bei der Lizenzanalogie lediglich darauf ankomme, dass das geschützte Recht seiner Art nach vermögenswert genutzt werde, sah das Oberlandesgericht Köln vorliegend aber gerade keine Anhaltspunkte für einen Schaden. Denn der Kläger habe sich gerade dafür entschieden, das Lichtbild nicht vermögenswert zu nutzen, sondern kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Kein wirtschaftlicher Wert bei Verlinkung auf freie Seite mit kostenlosen Fotos
Somit komme es nur auf den wirtschaftlichen Wert der durch eine Verlinkung bewirkten Werbung für die Internetseite des Klägers an. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Verlinkung auf seine eigene Internetseite, sondern auf die Internetseite wikimedia.org begehrt habe. Ein durch die Verlinkung auf diese Seite bewirkte Werbewert für seine eigene Internetseite sei nicht ersichtlich. Der elektronische Verweis auf wikimedia.org wiederum führe nur zu weiteren kostenfreien Fotos des Klägers. Daher könne nach der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit gerade nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger durch die fehlende Verlinkung ein Schaden entstanden sei. Ein solcher werde aber für die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie vorausgesetzt. Wie hoch der Werbewert für den Kläger gewesen wäre, wenn auf wikimedia.org verlinkt worden wäre, lasse sich - auch vor dem Hintergrund, dass der BGH selbst bei einer fehlenden Verlinkung auf eine gewerbliche Seite den Werbewert lediglich mit 10 € ansetzt - im vorliegenden Fall nicht abschätzen.

Vermögensschaden bei fehlender Urheberbenennung durch entgangene Folgeaufträge
Zwar stelle die fehlende Urheberbenennung eindeutig einen Verstoß gegen die Lizenzbedingungen sowie das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft dar, so das Gericht. Dies könne zu materiellem als auch immateriellem Schadensersatz führen. Immaterieller Schadensersatz im Sinne einer Billigkeitsentschädigung sei aber klägerseitig nicht verlangt worden. Und die Geltendmachung von materiellem Schadensersatz verlange wiederum – wie bei der fehlenden Verlinkung – einen erkennbaren Schaden im Sinne eines wirtschaftlichen Wertes für den Urheber. Die fehlende Benennung des Urhebers führe insbesondere dann zu einem Vermögensschaden, wenn dadurch Folgeaufträge entgehen. Entgangene Folgeaufträge sind aber vorliegend aus den bereits genannten Gründen nicht ersichtlich.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 13.04.2018, Az. 6 U 131/17


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