Kein Lichtbildschutz bei Verwendung des Wagner-Portraits
Das Amtsgericht (AG) in Nürnberg hat mit seinem Urteil vom 28.10.2015 unter dem Az. 32 C 4607/15 entschieden, dass ein Museum kein Monopolrecht auf die von ihm gezeigten Bilder habe. Im vorliegenden Fall bot ein Museum kostenpflichtige Fotos seiner Gemälde an. Ein Fotograf hatte das Foto eines Dritten verwendet und ist von dem Museumsbetreiber verklagt worden. Doch das Amtsgericht gab dem Fotografen Recht, weil sonst dem Museum erlaubt worden wäre, die Gemeinfreiheit der Gemälde zu umgehen und seinen eigenen Urheberrechtsschutz herzustellen.
Damit wies das AG Nürnberg die Klage ab und erlegte der Klägerin die Kosten des Verfahrens auf. Der Streitwert wurde auf unter 500 Euro festgesetzt.
Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz, Erstattung der Ermittlungs- und Abmahnkosten nach den §§ 97 und 97 a UrhG (Urhebergesetz) bestehe nicht, weil kein Gegenstand vorliege, der urheberrechtlich schützenswert sei. Es liege auch kein Lichtbildwerk im Sinne des § 2 UrhG vor. Vielmehr handele es sich im streitigen Fall um eine so genannte Reproduktionsfotografie eines Gemäldes, welches zum Bestand der Klägerin gehöre. Eine Reproduktionsfotografie zeichne sich nicht durch eine geistige Leistung des Fotografierenden aus. Vielmehr werde das Gemälde in einer handwerklichen Weise abgebildet.
Es bestehe auch kein Lichtbildschutz nach § 72 UrhG. Denn es handele sich nicht um ein Lichtbild im Sinne des § 72 UrhG. Im vorliegenden Fall sei wegen teleologischer Reduktion kein Schutzgegenstand gegeben. Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Klägerin als Besitzerin des abfotografierten Gemäldes das alleinige Recht hat, darüber zu entscheiden, wer das Gemälde ablichte.
Insoweit ergebe sich aus den zur Akte gereichten Anlagen, nämlich vorausgegangenen Entscheidungen des AG Charlottenburg von Berlin und des LG Berlin, dass die Klägerin das Anfertigen von Fotos ihrer Gemälde grundsätzlich untersagt. Wenn ein Museumsbesucher Fotos eines Gemäldes aus dem Besitz der Klägerin verwenden wolle, werde er auf die von der Klägerin gefertigten Bilder verwiesen und sei verpflichtet, der Klägerin die Nutzung der Bilder zu vergüten. Obwohl es sich um gemeinfreie Werke handele, sei es einem Publikum nicht möglich, das Gemälde im Wege von Fotos zu nutzen und unentgeltlich wiederzugeben. Letztlich werde damit im Ergebnis der Ablauf der Schutzfrist von 70 Jahren unterlaufen. Die Klägerin wolle somit ein eigenes Schutzrecht mit Schutzdauer von weiteren 50 Jahren durch das Anfertigen eigener Fotos begründen.
Das sich hieraus ergebende Problem will das AG so gelöst sehen, indem es argumentiert, dass für solche Fälle eine teleologische Reduktion des § 72 UrhG vorzunehmen sei. Das Gericht verweist auf einschlägige Kommentarliteratur (Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht) und will insbesondere ausgeführt wissen, dass auch der BGH in einer Entscheidung zur Bibelreproduktion (Urteil vom 08.11.89, Az. I ZR 14/88) diese grundsätzliche Problematik erkannt habe. In der BGH-Entscheidung sei es allerdings nur um die technische Reproduktion von zweidimensionalen Werken gegangen. Insoweit gehe auch die herrschende Meinung in der Rechtsprechung und der Literatur davon aus, dass die technische Reproduktion im Wege technischer Abläufe für Vorlagen keinen Lichtbildschutz erfahre. Zur gerichtlichen Überzeugung sei im vorliegenden Fall diese Ansicht auszudehnen. Maßgeblich sei dabei die Einschränkung der Fotografierbarkeit durch die Klägerin, die es Nutzern grundsätzlich nicht gestatte, eine eigenständige Vervielfältigung zu betreiben.
AG Nürnberg, Urteil vom 28.10.2015, Az. 32 C 4607/15