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Kein Haftungsprivileg für Buchhändler

OLG Hamburg, Urteil vom 26.01.17, Az. 5 U 138/13


Kein Haftungsprivileg für Buchhändler

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg verbietet der Online-Buchhandlung Buch24 mit Urteil vom 26. Januar 2017 (Az. 5 U 138/13) den Vertrieb eines unautorisierten Robbie-Williams-Kalenders. Der Kalender verletze das Recht des britischen Popstars am eigenen Bild. Für die Rechtsverletzung hafte die Buchhändlerin als Täterin auf Unterlassung, zumal sie den Kalender in eigenem Namen und für eigene Rechnung verkauft habe. Dass sie vom Verstoß gewusst habe, sei nicht erforderlich. Eine Haftungsbeschränkung für Buchhändler ("Buchhändlerprivileg") aufgrund der Medienfreiheit lehnen die Hamburger Richter ab. Zudem verpflichten sie Buch24 zum Schadensersatz. Indem die Buchhandlung den Kalender ungeprüft angeboten habe, habe sie ihre Sorgfaltspflicht verletzt.
 
Sachverhalt
Buch24 vertrieb den Kalender "Robbie Williams 2013". Darin befanden sich auf zwölf Kalenderblättern und auf der Kalenderrückseite je ein Foto des Popsängers. Weil es sich beim Kalender um ein unautorisiertes Produkt handelte, ließ Williams Buch24 abmahnen. Nachdem die Buchhandlung den Kalender zwar aus dem Sortiment genommen, jedoch die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert hatte, erwirkte Robbie Williams eine einstweilige Verfügung. Buch24 war nicht bereit, eine Abschlusserklärung abzugeben. In der Folge klagte Williams auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung einer Schadensersatzpflicht.
 
Das Landgericht Hamburg gab dem Musiker weitgehend Recht, stellte allerdings keine Schadensersatzpflicht fest. Es war der Meinung, die Beklagte treffe kein Verschulden an der Rechtsverletzung. Bei fehlendem Verdacht erfordere die Sorgfaltspflicht eines Medienhändlers nicht, dass er die Rechtekette eines Werks bis zum Schöpfer zurückverfolge. Das Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zu sichten genüge.
 
Gegen die landgerichtliche Entscheidung erhob die Beklagte Berufung. Sie machte geltend, eine Unterlassungshaftung als Täterin komme nicht infrage, da es ihr als bloßer Verbreiterin an Tatherrschaft und Tatwillen gefehlt habe. Als Verbreiterin hafte sie innerhalb des Schutzbereichs der Medienfreiheit lediglich bei Kenntnis der Rechtsverletzung.
 
Der Kläger beantragte im Rahmen einer Anschlussberufung, die Schadensersatzpflicht der Beklagten festzustellen.
 
Aus den Gründen
Das Hanseatische Oberlandesgericht weist die Berufung der Beklagten zurück. Es bejaht den Unterlassungsanspruch des Klägers wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Gemäß § 22 des Kunsturhebergesetzes (KUG) dürften Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Die Beweislast für die Einwilligung liege beim Verbreiter. Eine Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis im Sinne von § 23 Abs. 1 KUG liege nicht vor.
 
Nach Auffassung der Hamburger Richter haftet die Beklagte für die widerrechtliche Verbreitung der Bilder als Täterin. Es gälten im Persönlichkeitsrecht dieselben Grundsätze für die Täterhaftung, die der Bundesgerichtshof im Fall "Al Di Meola" (BGH, Urteil vom 05.11.2015, Az. I ZR 88/13) für Urheberrechtsverstöße aufgestellt habe. Für die Täterschaft genüge die Erfüllung des objektiven Tatbestands, ein Verschulden sei ebenso wenig erforderlich wie die Kenntnis der Rechtsverletzung. Lediglich Hilfspersonen wie Boten oder Briefträger, die keine Tatherrschaft hätten, seien von der Täterschaft ausgenommen. Die Beklagte sei indes nicht Hilfsperson. Sie habe Tatherrschaft, denn sie biete die Artikel auf eigene Rechnung an und habe Entscheidungsbefugnis über deren Sortimentsaufnahme.
 
Eine Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen führe nicht zu einem Haftungsprivileg für Buchhändler. Die Meinungsfreiheit genieße keinen Vorrang vor dem Recht am eigenen Bild, wobei offenbleiben könne, ob der fragliche Kalender überhaupt meinungsrelevante Inhalte aufweise.
 
Sodann gibt das Hanseatische Oberlandesgericht der Anschlussberufung des Klägers statt und stellt – im Gegensatz zur Vorinstanz – die Schadensersatzpflicht der Beklagten fest. Letztere habe das klägerische Persönlichkeitsrecht fahrlässig und somit schuldhaft verletzt. Der streitgegenständliche Kalender habe klar ersichtlich überwiegend persönlichkeits- und urheberrechtlich relevantes Material enthalten. Dazu komme, dass dem Kalender weder ein Hinweis auf den Fotografen noch auf die Webseite des Klägers zu entnehmen sei. Gleichwohl habe die Beklagte den Artikel ungeprüft in ihr Angebot aufgenommen. Dadurch habe sie gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen. Dass sie als Direkthändlerin ihre Produkte typischerweise nicht selbst in den Händen hält, entlastet die Beklagte in den Augen der Richter nicht. Andernfalls würde ihrer Ansicht nach der Schutz der Rechteinhaber unterlaufen.
 
OLG Hamburg, Urteil vom 26.01.17, Az. 5 U 138/13


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