"Framing" stellt eventuell eine Urheberrechtsverletzung dar
Mit Endurteil vom 16.02.2012 hat das Oberlandesgericht München unter seinem Aktenzeichen 6 U 1092/11 entschieden, dass der Betreiber einer Internetseite bei der Ermöglichung der Wiedergabe fremder Werke auf seiner Seite in Form des Framings sich gegenüber dem Urheber nicht schadensersatzpflichtig macht.
Hintergrund der Entscheidung
Hintergrund dieser Entscheidung war ein vor dem LG München unter dem Aktenzeichen 37 O 1577/10 geführtes Verfahren. Die Wasserfiltersysteme herstellende Klägerin hat ein Video mit dem Titel "Die Realität" zum Thema Wasserverschmutzung ins Internet gestellt. Die mit der Klägerin im Wettbewerb stehenden Beklagten haben es auf ihrer eigenen Internetseite ermöglicht, dass deren Besucher das Video der Klägerin durch einen Klick im Wege des Framings abrufen konnten. Das Video selbst wurde hierbei von dem Server des Portals "YouTube" abgerufen. Hiergegen ging die Klägerin vor und verlangte von den Beklagten Schadensersatz. Mit Urteil vom 02.02.2011 hat das Landgericht München den Schadensersatzanspruch bejaht. Die Beklagten gingen vor dem Oberlandesgericht München in die Berufung.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München
Das Oberlandesgericht München musste sich mit der Frage befassen, ob im vorliegenden Fall das Video "Die Realität" gem. § 19a UrhG zugänglich gemacht worden ist. Dann läge eine Nutzungshandlung vor, die ausschließlich dem Berechtigten, d. h. dem Urheber des Videos, zugestanden hätte. In diesem Fall stünde der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gem. § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG zu. Die Beklagten trugen insoweit im Wesentlichen vor, die Verwendung von Frames auf fremde Websites stellte keine Urheberrechtsverletzung dar. Das Video sei zudem auf der Plattform "YouTube" frei verfügbar gewesen. Das Oberlandesgericht München folgte der Rechtsauffassung der Beklagten und wies den auf Schadensersatz gerichteten Antrag der Klägerin ab. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts lag kein "Zugänglichmachen" des Videos im Sinne der Vorschrift des § 19a UrhG vor. Das Berufungsgericht bezog sich in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs NJW 2010, 2731 Tz 19, 20. Hiernach setzte ein "Zugänglichmachen" voraus, dass das betreffende Werk für die Öffentlichkeit dergestalt bereitgehalten wird, dass Dritten der Zugriff ohne Weiteres ermöglicht wird. Für das Oberlandesgericht war aber fraglich, ob das betreffende Video von den Beklagten überhaupt bereitgehalten worden ist. Denn nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs setzt ein "Bereithalten" voraus, dass sich das betreffende Werk in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden, hier also in der Zugriffsphäre der Beklagten, befindet. Hier hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung GRUR 2011, 56 Tz 24 - Session-ID bereits geurteilt, dass sich solch ein Werk gerade nicht in der Zugriffsphäre des Vorhaltenen befindet, wenn dieser auf seiner eigenen Internetseite lediglich einen Link setzt und dieser Link nur auf das jeweilige Werk verweist, welches auf der fremden Internetseite den Nutzern den schon ermöglichten freien Zugang erleichtert. Nach der Begründung des Bundesgerichtshofs ist allein auf denjenigen Personenkreis abzustellen, der das Werk in das Netz gestellt hat. Denn ausschließlich dieser entscheide darüber, ob das Werk weiter für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben soll. Das Oberlandesgericht München hat sich in seiner Entscheidung dieser Argumentation angeschlossen und auf das seitens der Klägerin beanstandete "Framing" übertragen. Das Oberlandesgericht München führte aus, dass nicht die Beklagten als Linksetzer, sondern ausschließlich diejenigen, die das Werk auf "YouTube" eingestellt hätten, darüber entscheiden konnten, ob und wie lange das Video überhaupt bereitgehalten würde und damit der Öffentlichkeit zugänglich bliebe. Aus diesem Grunde sei es im Falle des "framenden Links" auch unerheblich, dass das Video nicht auf der fremden Webseite wiedergegeben wurde, sondern in die Seite der Beklagten als Linksetzer eingebunden war. Entscheidend sei, dass die Beklagten das Video nicht selbst zum Abruf bereitgehalten hätten.
OLG München, Urteil vom 16.02.2012 , Az. 6 U 1092/11