Framing kann Urheberrecht verletzen
Der Europäische Gerichtshof entschied am 09.03.2021, dass das Framing von Inhalten unter Umständen eine öffentliche Wiedergabe darstellen könne. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Inhalte durch den Rechteinhaber nur einem bestimmten Publikum zur Verfügung gestellt werden solle und dieser Einschränkung durch die Maßnahme umgangen werde.
Wann verstößt das Framing gegen Urheberrecht?
Klägerin war die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Beklagte die VG Bild-Kunst. Die Klägerin betreibt u.a. die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB). Die DDB ist eine Online-Plattform, die deutsche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt und deren digitale Inhalte präsentiert. Dafür sollen auch sog. Vorschaubilder verwendet werden, die teilweise urheberrechtlich geschützt sind. Um die Nutzung zu ermöglichen, wollte die Klägerin einen Lizenzvertrag mit der Beklagten abschließen. Dagegen verwehrte sich die Beklagte allerdings. Ihrer Ansicht nach müsse der Lizenzvertrag auch eine Verpflichtung der Klägerin enthalten, für die Nutzung der Werke wirksame technische Maßnahmen gegen Framing anzuwenden. Die Klägerin hielt eine solche Vertragsbedingung für nicht angemessen. Daher klagte sie auf Feststellung, dass die Beklagte auch ohne diese Framing-Klausel zum Abschluss eines Lizenzvertrages verpflichtet sei.Der Rechtsstreit durchlief mehrere Instanzen. Für den Bundesgerichtshof (BGH) hing die Entscheidung davon ab, ob die Einbettung im Wege des Framing als öffentliche Wiedergabe anzusehen sei. Daher bat er den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Rahmen einer Vorlagefrage um Entscheidung.
Öffentliche Wiedergabe durch anderes technisches Verfahren oder neues Publikum
Der Europäische Gerichtshof stellte zunächst fest, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 den Urhebern das ausschließliche Recht einzuräumen haben, Nutzern ihrer Werke die öffentliche Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung zu erlauben oder zu verbieten. Dabei vereine der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ zwei Tatbestandsmerkmale miteinander, nämlich die Wiedergabe eines Werks und seine öffentliche Wiedergabe. Die öffentliche Wiedergabe müsse auf eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten abzielen. Zudem müsse die Wiedergabe unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich vom bisher verwendeten unterscheidet, erfolgen. Oder die Wiedergabe müsse für ein „neues Publikum“ erfolgen. Ein neues Publikum sei ein solches, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht bereits bei der ursprünglichen öffentlichen Wiedergabe gedacht habe.
Kein neues Publikum beim Framing
Aus der Rechtsprechung des EuGH ergebe sich bereits, dass zwar die Framing-Technik eine öffentliche Wiedergabe darstelle. Denn die Technik bewirke, dass der angezeigte Gegenstand sämtlichen potenziellen Nutzern der betreffenden Website zugänglich gemacht werde. Allerdings erfülle diese Wiedergabe nicht die Voraussetzung eines neuen Publikums. Denn die Framing-Technik erfolge nach demselben technischen Verfahren wie das bereits zur öffentlichen Wiedergabe des Werkes verwendete Verfahren. Damit sei keine Erlaubnis des Rechtsinhabers für eine solche Wiedergabe erforderlich.
Keine Zugangsbeschränkungen
Allerdings habe dieser Rechtsprechung ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen, so das Gericht. Der Zugang zu den betreffenden Werken habe keinen Beschränkungen unterlegen. Daher sei das Gericht davon ausgegangen, der Rechtsinhaber habe alle Internetnutzer als Publikum angesehen und sei daher auch mit der öffentlichen Wiedergabe seines Werkes einverstanden gewesen. Wenn also ein Urheber vorher seine ausdrückliche und vorbehaltlose Zustimmung zur Veröffentlichung gebe, ohne auf technische Maßnahmen zur Zugangsbeschränkung zurückzugreife, könne von einer Erlaubnis der öffentlichen Wiedergabe ausgegangen werden.
Vorliegend andere Ausgangssituation
Der EuGH sah aber im vorliegenden Fall eine andere Situation als gegeben. Hier habe der Urheberrechtsinhaber die Erteilung einer Lizenz gerade von beschränkenden Maßnahmen gegen das Framing abhängig machen wollen. Damit sei gerade nicht davon auszugehen, dass der Rechtsinhaber mit einer öffentlichen Wiedergabe der Werke einverstanden sei. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Rechteinhaber technische Maßnahmen einsetze, die den Zugang zu seinen Werken von anderen Webseiten beschränke. Folglich seien die ursprüngliche Zugänglichmachung auf der Ausgangswebsite und die nachfolgende Zugänglichmachung im Wege der Framing-Technik als unterschiedliche öffentliche Wiedergaben anzusehen. Für jede einzelne sei die Erlaubnis des betroffenen Rechtsinhabers erforderlich.
Technische Maßnahmen begrenzen Zugang
Gleiches gelte bei der öffentlichen Wiedergabe von Werken, die zwar auf bestimmten Internetseiten frei zugänglich seien, der Rechtsinhaber aber durch technische Maßnahmen den Zugang zu seinen Werken beschränkt habe. Oder aber seinen Lizenznehmern aufgegeben habe, das Publikum für seine Werke allein auf die Nutzer der ursprünglichen Website zu beschränken. Um die Rechtssicherheit und das ordnungsgemäße Funktionieren des Internets zu gewährleisten, sei es dem Urheberrechtsinhaber nicht gestattet, seine Erlaubnis auf andere Weise als durch wirksame technische Maßnahmen im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 2001/29 zu beschränken. Ohne solche Maßnahmen könne es sich nämlich insbesondere für Einzelpersonen als schwierig erweisen, zu überprüfen, ob sich dieser Rechtsinhaber dem Framing seiner Werke widersetzen wollte. Dies gelte umso mehr, wenn an den Rechten Unterlizenzen vergeben worden seien.
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 09.03.2021, Az. C-392/19