Entschädigung nach MFM nur bei Berufsfotografen
Das Oberlandesgericht Köln entschied mit Urteil vom 11.01.2019, dass die MFM-Tabelle bei Berufsfotografen Anwendung finde. Allerdings können die MFM-Empfehlungen nicht schematisch angewendet werden. Es sei stets der konkrete Einzelfall unter Heranziehung aller Umstände zu berücksichtigen.
Wer hat welche Rechte eingeräumt bekommen?
Kläger war ein Berufsfotograf, der auch Mitglied der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst war. Beklagter war ein gemeinnütziger Verein, der eine Online-Plattform betreibt, die Bilddatenbanken verschiedener Hochschulen, Museen und Archive im kunst- und kulturhistorischen Bereich miteinander verknüpft. Der Kläger hatte den „Palast der Republik“ vor seinem Abriß fotografiert. Die Fotos erschienen 2010 in einem Bildband. Die Veröffentlichung erfolgte aufgrund eines zwischen Kläger und einem Verlag geschlossenen Verlagsvertrages, mit dem der Kläger die Verlagsrechte übertrug. Durch den Wahrnehmungsvertrag mit der VG Bild-Kunst übertrug der Kläger ihr als Treuhänderin seine Nutzungsrechte zur Wahrnehmung, insbesondere das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung. Auch der Beklagte schloss mit der VG Bild Kunst eine Lizenzvereinbarung. Diese gestattete ihm die Internetpäsentation seiner Bildbestände. Nur registrierte Nutzer durften die Bilder downloaden. Aufgrund eines kostenlosen einwöchigen Gastzugang des Klägers zur beklagtenseitigen Plattform konnte auch er sich seine Bilder herunterladen. Daher klagte er auf Schadenersatz. Die Vorinstanz wies die Klage ab, woraufhin der Kläger in Berufung ging.
Kläger kann selbst Schadenersatz geltend machen
Das OLG Köln erachtete den Kläger als aktivlegitimiert. Seine Aktivlegitimation ergebe sich daraus, dass er Lichtbildner sei. Außerdem habe er seine Aktivlegitimation auch nicht durch die Rechteübertragung an den Verlag oder die VG Bild-Kunst verloren. An den Verlag habe er lediglich das Vervielfältigungsrecht für den gesamten Bildband übertragen, nicht jedoch bezüglich einzelner Fotos. Der VG Bild-Kunst habe der Kläger lediglich das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung übertragen, welches von ihr in seinem Namen wahrgenommen werde. Das Vervielfältigungsrecht bezüglich der einzelnen Fotografien verbleibe aber beim Kläger. Außerdem habe die VG Bild-Kunst im Verfahren erklärt, das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nicht selbst wahrnehmen zu wollen. Daher könne der Kläger den gesamten Schadenersatzanspruch geltend machen. Denn als Urheber könne er auch den Anspruch eines anderen Rechteinhabers geltend machen, wenn dieser ihm den Anspruch vorher eingeräumt habe.
Plattform vervielfältigte die Fotos und machte sie öffentlich zugänglich
Der Beklagte habe die Bilder auch vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht, so das Gericht weiter. Dass es nicht zu einer Vervielfältigung der Bilder durch die Plattform-Nutzer gekommen sei, sei unterheblich. Denn die Vervielfältigung liege darin, dass die Bilder auf den Server der Beklagten hochgeladen wurden. Dies geschehe immer dann, wenn der eigentlich die Bilder zur Verfügung stellende Server nicht über genügend Speicherplatz verfüge. Auf eine Ausdruck-Möglichkeit komme es dabei nicht an. Die öffentliche Zugänglichmachung habe darin gelegen, dass die Bilder über den Server des Beklagten jederzeit und von jedem aufgerufen werden konnten. Aufgrund der Nutzungsbedigungen sei jeder dazu berechtigt gewesen.
Erhebliche Überschreitung der eingeräumten Rechte durch Beklagten
Das OLG konnte auch keine Berechtigung des Beklagten durch seinen abgeschlossenen Vertrag mit der VG Bild-Kunst erkennen. Der ursprüngliche Vertrag habe die Lichtbilder des Klägers nicht erfasst. Denn darin ging es lediglich um die Nutzung digitalisierter Aufnahmen von Werken der bildenden Kunst. Fotografien seien nach urheberrechtlicher Terminologie jedoch „Lichtbildwerke“ oder „Lichtbilder“ und können daher gerade nicht zu Werken der bildenden Kunst gerechnet werden. Ob durch eine spätere Vertragsänderung dem Beklagten die erforderlichen Rechte übertragen wurden, könne im Ergebnis offenbleiben. Denn grundsätzlich habe er die ihm eingeräumten Rechte erheblich überschritten. Der Beklagte habe es den Nutzern erlaubt, die Bilder zu speichern, herunterzuladen und auszudrucken. Der geänderte Wahrnehmungsvertrag habe aber nur die Zugänglichmachung ausschließlich zu Zwecken der Online-Recherche in der Datenbank ermöglichen wollen.
Schadenersatz-Berechnung auf Grundlage von MFM-Empfehlung
Das Gericht befand, dass der Schadenersatzanspruch des Klägers ausnahmsweise auf Grundlage der MFM-Empfehlungen berechnet werden könne. Grundsätzlich sei für den Schadenersatz der objektive Wert der Benutzungshandlung zu ermitteln. Somit sei also zu ermitteln, was die Vertragsparteien vernünftigerweise hinsichtlich einer zu zahlenden Lizenz vereinbart hätten. Hierfür könne vorliegend auch die Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM-Empfehlungen) als Anhaltspunkt herangezogen werden. Denn die besonderen Umstände des Falles sprechen für die Anwendung. Dies gelte insbesondere für die gewerbliche Tätigkeit des Klägers als Fotograf und die streitgegenständlichen professionellen Lichtbilder. Diese seien nach Abriss des „Palastes der Republik“ zudem nicht mehr reproduzierbar.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16