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Bildberichterstattung mit anderem Zweck ist unzulässig

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 08.10.2018, Az. 15 U 110/18


Bildberichterstattung mit anderem Zweck ist unzulässig

Das Oberlandesgericht Köln entschied mit Beschluss vom 08.10.2018, Az. 15 U 110/18, dass eine Bildberichterstattung unzulässig sei, wenn das mit ihr aufgegriffene Ereignis nur als Deckmantel für eine anderweitige Berichterstattung verwendet werde. Es werde in einem solchen Fall nicht dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit gedient, vielmehr überwiege sodann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen.

Berichterstattung über bekannten Moderator und Ehefrau
Streitpunkt des Verfahrens ist ein in einer Zeitschrift abgedruckter Artikel mit der Überschrift „Jetzt enthüllt! Drama um die Ks – Unglaublich, was in I geschah“. Dieser betraf den bekannten Moderator HK und seine Ehefrau sowie dessen vermeintlich entfernte Verwandtschaft mit dem Staatsanwalt BK, der zur Zeit des Dritten Reiches in I erster Staatsanwalt war. Ein beigefügtes Foto zeigte beide auf einer öffentlichen Veranstaltung und war mit dem Kommentar „Der Moderator mit Ehefrau B. Beide bekennen sich zur K-Geschichte, führen das Familien-Weingut W....“ betitelt.

Landgericht gab einstweiliger Verfügung statt
Die Ehefrau des Moderators (Verfügungsklägerin) setzte sich gegen diese Bildberichterstattung zur Wehr und beantragte hiergegen vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung. Damit hatte sie auch Erfolg. Das Gericht kam mit einem Urteil vom 16.05.2018, Az. 28 O 377/17 zu dem Ergebnis, dass seitens dieser kein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte vorliege. Es fehle ein Aktualitätsbezug zu der Veranstaltung, die auch gar nicht Gegenstand des Artikels sei. Daneben weise der Textbericht auch keinerlei Bezug zum gemeinsamen Betrieb des Weinguts auf. In Wirklichkeit diene das Bildnis nur der Befriedigung der Neugier der Leserschaft an dem Aussehen der in der Öffentlichkeit wenig bekannten Verfügungsklägerin, ohne dass der Beitrag sich über eine Randnotiz hinaus mit ihr beschäftige. Insgesamt hätte es für die gegenständliche Veröffentlichung der Einwilligung der Verfügungsklägerin bedurft. Eine solche habe aber erkennbar nicht vorgelegen. 

Oberlandesgericht teilte Auffassung der Vorinstanz
Auch das mit der Berufung der Verfügungsbeklagten betraute Oberlandesgericht entschied im Folgenden nicht anders. Es hielt das eingelegte Rechtsmittel für unbegründet und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Der Verfügungsklägerin stehe demnach ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG zu.

Keine Verletzung von Verfahrensgrundrechten
Entgegen des umfassenden Vortrags der Verfügungsbeklagten verhelfe die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Berufung nicht zum Erfolg. Laut Gericht verkenne diese, dass – selbst zu ihren Gunsten eine bewusste Verletzung von Verfahrensgrundrechten unterstellt – fachgerichtlicher Rechtsschutz über die regulären Rechtsschutzmöglichkeiten des Widerspruchs gegen die Beschlussverfügung (§§ 936, 924 ZPO) bzw. der Berufung (§ 511 ff. ZPO) gegen eine die Beschlussverfügung bestätigende Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts nicht zu erreichen sei.

Abgestuftes Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG
Nach ständiger und gefestigter Rechtsprechung richte sich die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen nach dem sog. abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGH, Urteil vom 29.05.2018 - VI ZR 56/17). Grundsätzlich dürfen Bildnisse einer Person gemäß § 22 S. 1 KUG nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Dies gehe darauf zurück, dass durch die Veröffentlichung eines Bildes das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Person betroffen sei. Eine Einwilligung erweise sich als rechtfertigungsbedürftige Beschränkung diesbezüglich. Lasse sich keine derartige Erklärung ausmachen, so sei nach den Ausführungen des Gerichts eine Bildverbreitung nur dann zulässig, wenn es sich bei dem gegenständlichen Bild um eines im Bereich der Zeitgeschichte handele (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) oder ein weiterer Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 KUG dies gestatte und gemäß § 23 Abs. 2 KUG keine berechtigten Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Das Inkrafttreten der DSGVO stehe diesen Grundsätzen jedenfalls im vorliegend betroffenen journalistischen Bereich nicht entgegen.

Ist das veröffentlichte Bild ein Bildnis der Zeitgeschichte?
Mangels Einwilligung der Verfügungsklägerin galt es für das Gericht deshalb zu klären, ob das veröffentliche Bild ein Bildnis der Zeitgeschichte darstellt. Hierfür maßgeblich sei der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser umfasse nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern auch ganz generell das Geschehen der Zeit. Dazu würden alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse gehören, so das Oberlandesgericht Köln. Der Terminus werde mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt und dürfe nicht zu eng ausgelegt werden. Was zum öffentlichen Interesse zähle, könnten die Medien aufgrund der ihnen zustehenden Presse- und Meinungsfreiheit selbst nach ihren eigenen Kriterien festlegen. Insgesamt lasse sich festhalten, dass § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gerade dem Informationsinteresse sowie den Rechten der Presse diene.

Unterschiedlicher Schutz des Persönlichkeitsrechts
Dagegen stehe auf der anderen Seite das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Person, über die berichtet wird. Welches Recht letztendlich überwiege und ob sodann ein Bildnis der Zeitgeschichte vorliege, müsse durch eine Abwägung der beiden Rechtspositionen ermittelt werden. Es bestehe in der Rechtsprechung jedoch Einigkeit darüber, dass nicht jede Persönlichkeit den gleichen Schutz für sich beanspruchen könne. Entscheidend sei vielmehr, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukomme. So sei beispielsweise der Schutz von Politikern aufgrund eines gesteigerten Informationsinteresses des Publikums sowie des Aspekts der Transparenz am schwächsten.

Informationsinteresse vs. Persönlichkeitsrecht
Innerhalb der Abwägung beider Rechte mit Blick auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sei es aber maßgeblich, ob die Medien im konkreten Fall dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch wirklich nachkommen (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2010 – VI ZR 190/08). Das Oberlandesgericht hielt fest, dass die Zulässigkeitsschwelle unterschritten sei, wenn tatsächlich gar keine relevante Berichterstattung erfolge, sondern das herangezogene zeitgeschichtliche Ereignis (vorliegend die genannten Fakten) nur als äußerer Anlass für eine im Kern ganz anderweitige Berichterstattung verwendet werde (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12). Genau dies sei jedoch im Geschehen mit Blick auf das nur in der Bildunterschrift mitgeteilte gemeinsame Betreiben des Weinguts und die dort hochgehaltene Familientradition der Fall gewesen.

Enthüllung der Familiengeschichte nur Deckmantel
Aus der Überschrift sowie dem Duktus des streitgegenständlichen Berichts werde deutlich, dass es hierin nicht um das Weingut und der dort zu Werbezwecken betonten Familientraditionen der Winzervorfahren gehe, sondern dass vielmehr der „dunkle Teil“ des Stammbaums des Ehemanns der Verfügungsklägerin den Kern- und Schwerpunkt darstelle. Nach Ansicht des Gerichts liege es auf der Hand, dass die vermeintliche „Enthüllung“ nur zum Deckmantel genommen werde, um über den gemeinsamen Betrieb des Weinguts der Eheleute zu berichten und in diesem mittelbaren Zusammenhang die nur selten in der Öffentlichkeit auftretende Verfügungsklägerin abzulichten.

Persönlichkeitsrecht setzte sich durch
Letztlich setze sich im Streitfall das Persönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit durch, weshalb es sich bei dem mit der Berichterstattung abgedruckten Foto nicht um ein Bildnis der Zeitgeschichte handele. Zwar erfahre die Ehefrau des Moderators nur geringe Beeinträchtigungen, da sie lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen sei. Allerdings bedeute die Heirat mit einem Prominenten nicht, dass deren Bildnis allein schon ihrer Person wegen ohne Einwilligung verbreitet werden dürfe. Die Verfügungsklägerin halte sich großenteils bewusst aus der (Medien-) Öffentlichkeit heraus. Auch ein hin und wieder stattfindender Auftritt der Verfügungsklägerin mit Lichtbildern im Zusammenhang mit der Vermarktung des gemeinsam betriebenen Weinguts nach außen rechtfertige im Rahmen der Abwägung keine andere Sichtweise, so die Richter. Daneben hielt das Gericht auch fest, dass selbst wenn seitens des Ehemanns der Verfügungsklägerin ein Berichterstattungsinteresse bestanden hätte, nicht auch zugleich über seine Ehefrau berichtet werden hätte dürfen. Insgesamt sei die Bildberichterstattung daher zu untersagen.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 08.10.2018, Az. 15 U 110/18

von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ.


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