BGH zur Verantwortung beim Filesharing
Eltern haften für ihre Kinder. Dieser allgemeine Grundsatz kann unter Umständen auch gelten, wenn der Nachwuchs den Internetzugang der Eltern nutzt und es dabei zu Rechtsverletzungen kommt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein entsprechendes Urteil gefällt, nach welchem der Inhaber eines Internetanschlusses generell für Rechtsverletzungen durch Dritte haftbar gemacht werden kann, insbesondere wenn es sich dabei um die im eigenen Haushalt lebenden Kinder handelt. Dies gilt auch dann, wenn das Kind die Rechtsverletzung im minderjährigen Alter begangenen hat, zum Tatzeitpunkt also noch unter 14 Jahre alt war.
Dem BGH wurde drei voneinander unabhängige, aber in der Sache sehr ähnlich gelagerte Fälle zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Mit allen drei Fällen hatten sich zuvor das Landgericht Köln in erster bzw. Oberlandesgericht Köln in zweiter Instanz beschäftigt und waren dabei teilweise zu unterschiedlichen Beurteilungen gekommen. Als Klägerinnen traten insgesamt vier führende Tonträgerherstellerinnen auf, die ihre Urheberrechte verletzt sahen. Von den Klägerinnen geschützte Werke seien demnach auf den Rechnern der Beklagten zum Download verfügbar gemacht worden, wobei die Zuordnung der Rechner über die IP-Adresse zweifelsfrei festgestellt worden war. In drei getrennt geführten Verfahren forderten die Klägerinnen von den Beklagten insgesamt 3.000 Euro Schadensersatz zuzüglich dem Ersatz der Abmahnkosten und Gebühren für die Anwälte.
Im ersten Fall hatte der Beklagte behauptet, sich zum fraglichen Zeitpunkt im Urlaub befunden und vor der Abreise sowohl den PC als auch den Router vom Stromnetz getrennt zu haben. Während seiner Abwesenheit habe auch keine andere Person Zugang zum Rechner gehabt, so der Beklagte. Dieser Darstellung folgte zunächst zwar das LG Köln, das OLG Köln verwarf das erstinstanzliche Urteil jedoch in der Berufung und sah den Nachweis durch die Recherche eines von den Klägerinnen beauftragten Softwareunternehmens als erbracht an. Gleichzeitig nahm man dem Beklagten seine Darstellung einer vermeintlichen Urlaubsreise zum fraglichen Zeitpunkt nicht ab. Das Urteil des OLG Köln wurde nun vom BGH bestätigt.
In den beiden anderen Fällen hatten die Klägerinnen bereits in den ersten Instanzen vor dem Landes- bzw. Oberlandesgericht Erfolg und wurden in ihrer Auffassung ebenfalls vom BGH bestätigt. Der Inhaber eines Internetanschlusses hatte vergeblich behauptet, er habe die Musiktitel nicht auf seinem Rechner zum Download zur Verfügung gestellt. Er konnte nachweisen, dass weder die Ehefrau noch der 17-jährige Sohn Zugang zum PC haben konnten, da sie entweder nicht im Besitz ausreichender Administrationsrechte oder des Passworts waren. Auch im Falle eines minderjährigen Kindes, welches über den PC der Eltern das Urheberrecht der Klägerinnen verletzt hat, sprach der BGH die Eltern nicht von ihrer Haftung frei. Der BGH ist ebenso wie die Vorinstanzen der Auffassung, dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht dadurch verletzt haben, dass sie ihr Kind nicht hinreichend über den Umgang mit dem Internet, insbesondere Tausch-Börsen, belehrt haben.
Als Grundlage für die Entscheidung des BGH im Falle des minderjährigen Kindes diente vor allem § 832 BGB, der die Haftung von Aufsichtspflichtigen beim Verhalten Minderjähriger regelt.
BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, Az. I ZR 19/14, I ZR 21/14, I ZR 75/14