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Beweis der Rechteinhaberschaft bei Urheberrechtsverletzungen

AG Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15


Beweis der Rechteinhaberschaft bei Urheberrechtsverletzungen

Mit Urteil vom 21. März 2017 (Az. 410 C 4277/15) hat das Amtsgericht Kassel entschieden, dass der Beweis des Erwerbs von Urheberrechten die Vorlage des Übertragungsvertrags erfordert. Einzelne Vertragsausschnitte reichen nicht, denn der Originalvertrag kann weitere Klauseln enthalten, die einem umfassenden Rechtserwerb entgegenstehen. Ebenso wenig genügt der vermeintliche Rechteinhaber seiner Beweispflicht, wenn er einen Zeugen für den Vertragsinhalt anbietet. Der Zeuge gibt den Vertragstext womöglich bloß sinngemäß wieder. Entscheidend ist jedoch der exakte Wortlaut.

Der Sachverhalt
Die Klägerin, eine Filmverleihfirma, behauptete, die Beklagte habe das Kriegsdrama "Tödliches Kommando – The Hurt Locker" illegal auf einer Tauschbörse angeboten. Sie mahnte die Beklagte ab und forderte Schadensersatz. Nachdem die Beklagte die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert hatte, ging die Klägerin gerichtlich vor.

Bezüglich ihrer Klageberechtigung legte sie Fotokopien des DVD-Covers und einer DVD vor, die den Copyright-Vermerk einer Vertriebsgesellschaft trugen. Die Klägerin führte aus, sie habe die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte am Film von der Vertriebsgesellschaft erworben. Zum Beweis legte sie dem Gericht Auszüge aus der englischsprachigen Übertragungsvereinbarung samt Übersetzung vor. Zudem bot sie die Zeugenvernehmung ihres Justiziars an.

Die Beklagte bestritt den Filesharing-Vorwurf und die Anspruchsberechtigung der Klägerin. Sie machte geltend, die Klägerin sei nach den vorgelegten Fotokopien nicht Inhaberin der Filmrechte. Auch die Vertragsausschnitte bewiesen ihre Rechtsträgerschaft nicht. Es sei nicht einmal klar, ob sich die Auszüge effektiv auf den streitgegenständlichen Film bezögen. Gegen die angebotene Zeugenvernehmung wandte die Beklagte ein, mit der Vorlage des Originalvertrags stehe ein geeigneteres Beweismittel zur Verfügung.

Aus den Gründen
Das Amtsgericht Kassel weist die Klage zurück. Die Klägerin habe ihre Anspruchsberechtigung nicht ausreichend nachgewiesen. Sie habe es sich selbst zuzuschreiben, dass ihre Rechteinhaberschaft fragwürdig erscheine. Der Copyright-Vermerk auf DVD und DVD-Cover deute auf die Vertriebsgesellschaft als Trägerin der Verwertungsrechte am Film. Der Klägerin stehe zwar ein Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch nach § 97 UrhG zu, falls die Vertriebsgesellschaft die ausschließlichen Nutzungsrechte gemäß § 31 Abs. 3 UrhG an sie übertragen habe. Inwieweit eine solche Übertragung erfolgt sei, könne das Gericht indes nicht klären, weil die Klägerin die Vorlage des Originalvertrags verweigert habe.

Nur durch Auslegung des gesamten Vertragstextes – ins Deutsche übertragen durch einen ermächtigten Übersetzer – sei festzustellen, ob eine umfassende Rechtsgewährung vorliege. Denkbar sei etwa, dass die Klägerin Vertragsklauseln zurückhalte, die für die Beurteilung ihrer Anspruchsberechtigung relevant seien. Außerdem lasse sich nicht erkennen, ob alle Ausschnitte aus derselben Vertragsurkunde stammten.

Die Zeugenvernehmung des klägerischen Justiziars kann nach Auffassung des Amtsgerichts die Beweislücke nicht füllen. Das Gericht bezweifelt zwar nicht, dass der Justiziar Angaben zum Vertragswerk machen kann. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass es dem Zeugen nicht gelinge, den Vertragstext vollständig zu erinnern. Eine sinngemäße Wiedergabe des Vertragsinhalts genüge jedoch nicht, handle es sich dabei doch um eine Interpretation, die keinen ungefilterten Blick auf die Vereinbarung ermögliche. Im Übrigen lasse das Prozessverhalten der Klägerin nicht erwarten, dass der Zeuge den vollständigen Vertragstext wiedergebe.

AG Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15


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