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Urheberrechtlicher Schutz von Rezeptsammlungen

Zur Frage ob (Koch-) Rezeptsammlungen urheberrechtlich geschützt sind


Urheberrechtlicher Schutz von Rezeptsammlungen

Das LG Frankfurt hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob Rezeptsammlungen, die von einer Hobbyköchin ins Internet gestellt wurden, urheberrechtlich geschützt sein können. Das Gericht ist zu einem interessanten Ergebnis gelangt.

Die Hobbyköchin hatte in dem konkreten Rechtsstreit verschiedene Kochrezepte veröffentlicht, die auf die Nutzung von Tupperwaren-Produkten zugeschnitten waren. Aus den von ihr verfassten Werken stellte sie eine eigene Rezeptsammlung her. Sie bot den Rezeptkatalog kostenpflichtig zum Download im Internet an. Der Beklagte des Rechtsstreits hatte einige identische Kochrezepte im Internet zur Verfügung gestellt, ohne die Hobbyköchin im Vorfeld um Erlaubnis zu fragen. Die Köchin erhob daher Klage vor dem zuständigen Gericht, nachdem sie den Beklagten zuvor durch anwaltliches Schreiben vom 14. Juni 2011 abgemahnt hatte. Sowohl auf die Mahnung als auch auf die Aufforderung, die beigefügte Unterlassungserklärung einzureichen, reagierte der Beklagte nicht.

Nach Ansicht der Klägerin verstößt die Handlung des Beklagten gegen urheberrechtlich geschützte Rechte gemäß § 4 Abs. 1 UrhG. Sie trägt dazu vor, dass die Back- und Kochrezepte, die der Beklagte im Internet vertrieben hat, im Wesentlichen von ihr entwickelt wurden. Insgesamt habe der Beklagte 158 Rezepte übernommen. Dies gehe bereits daraus hervor, dass die Rezepte zum Teil aus ungewöhnlichen Zutaten sowie untypischen Kombinationen derselben bestehen. Ebenso habe der Beklagte orthografische Fehler übernommen. Die Klägerin macht den Verstoß gegen das Urheberrecht deswegen geltend, weil sie die Rezeptsammlungen selbst erarbeitet hat, was auf eine schöpferische Leistung zurückzuführen ist.

Der Beklagte hält die Klage bzw. das Vorgehen der Hobbyköchin für rechtsmissbräuchlich. Dies gehe seiner Ansicht nach schon daraus hervor, dass sie ihn abgemahnt hatte. Seiner Ansicht nach sei die Klage dementsprechend nur eingereicht worden, damit die Klägerin ihre Ansprüche auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten bzw. Aufwendungen ersetzt verlangen kann. Zuletzt behauptet er, dass er kein einziges Rezept der Klägerin genutzt hat. Ebenso schließt er die Verwendung identischer Rezeptsammlungen aus.

Das LG Frankfurt gab der Klage im Ergebnis statt. Das Gericht teilt sofern die Einschätzung des Beklagten nicht, dass die Klägerin rechtsmissbräuchlich vorgegangen ist. Die Tatsache, dass der Beklagte von ihr abgemahnt wurde, lässt ebenso den Schluss zu, dass sie auf die Rechtsverstöße des Beklagten aufmerksam machen wollte. Es besteht daher kein Grund davon auszugehen, dass die Klägerin nicht daran interessiert ist, die Rechte an den streitgegenständlichen Rezepten zu wahren. Die Klage ist auch materiellrechtlich begründet. Der Unterlassungsanspruch gegenüber dem Beklagten ergibt sich unmittelbar aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG. Danach hat er es zu unterlassen, die Sammelwerke der Klägerin zu vervielfältigen bzw. zu verbreiten.

Bei den Rezeptbüchern handelt es sich um Werke im Sinne von § 4 UrhG. Daraus folgt, dass die Sammelwerke schon aufgrund der Anordnung und Auswahl der einzelnen Rezepte eine geistige Schöpfung der Klägerin begründen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob auch das einzelne Rezept nach § 2 Abs.1 UrhG urheberrechtlich geschützt ist. Das Besondere an den Rezepten ist, dass sie auf die Nutzung von speziellen Kochutensilien zugeschnitten sind, die von der Firma "Tupperware" hergestellt werden. Da die Klägerin die Rezepte auf die unterschiedlichen Kochwerkzeuge zugeschnitten hat, sind ihre Kochbücher als "Pionierwerke" einzustufen. § 4 UrhG dient dem Schutz der Struktur eines Werkes, so dass der Inhalt letztendlich nicht unter diese Norm zu subsumieren ist. Insofern ist unerheblich, ob die Rezeptsammlungen originell gewählt und erstellt wurden. Des Weiteren hat es der Beklagten im Rechtsstreit versäumt, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, warum die Rezeptwerke der Klägerin schutzlos sein sollen. Insbesondere hätte er substantiiert vortragen müssen, ob die Klägerin bei der Erstellung ihrer Sammlungen auf vorbekanntes Wissen zurückgegriffen hat. Im Ergebnis ist der Beklagte diesen Anforderungen in dem Rechtsstreit jedoch nicht nachgekommen.

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.03.2012, Az. 2-06 O 387/11



Das Urteil im Volltext

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 28.03.2012

Aktenzeichen: 2-06 O 387/11


Im Namen des Volkes

(...)

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch (...) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2012

für Recht erkannt:

1. Dem Beklagten wird es bei Meldung von Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 Ordnungshaft - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - insgesamt nicht mehr als zwei Jahren -, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

die aus den Anlagen K 3 und K 5 ersichtlichen Sammelwerke der Klägerin an Kochrezepten mit den Titeln „(...)“ - (Anlage K 3) bzw. „(...)“ (Anlage K 5) zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,

wenn dies geschieht durch Vervielfältigen und/oder Anbieten der aus den (Anlagen K 4 und K 6 ersichtlichen Rezeptsammlungen des Beklagten mit den Titeln „(...)“ (Anlage K4 bzw. Anlagenkonvolut K 11 (Bl. 219-256 d. A.)) sowie „(...)“ (Anlage K 6 bzw. Anlagenkonvolut K 11 (Bl. 257-282 d. A.).

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Art und Umfang der vorstehend unter Ziff. 1.) bezeichneten Verletzungshandlungen, insbesondere über die dadurch erzielten Umsätze, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin wegen der vorstehend unter Ziff. 1.) bezeichneten Verletzungshandlungen zum Ersatz jedweden Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin bislang entstanden ist und noch entstehen wird.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.005,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 06.07.2011 zu zahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar hinsichtlich Ziff. 1.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 25.000,00, hinsichtlich Ziff. 2.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 1.700,00 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

8. Der Streitwert wird auf € 30.000,00 € festgesetzt.


Tatbestand

Die Klägerin entwickelt und verfasst als Hobbyköchin Kochrezepte. Sie bietet im Internet u. a. die aus Anlagen K 3 und K 5 ersichtlichen Rezeptsammlungen zum Kauf an.

Der Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung XXX mehr als 70 Rezeptsammlungen über das Internet, darunter diejenigen in Anlagen K 4 und K6 (vgl. auch Anlagenkonvolut K 11, Bl. 219-282 d. A). Ebenso wie die Kochbücher der Klägerin enthalten vorgenannte Sammlungen des Beklagten Rezepte für bestimmte Tupperware-Produkte, nämlich jeweils den „Ultra Plus“ und die „Microplus-Kanne“, wobei die Sammlungen der Klägerin darüber hinaus Rezepte für „Silikon-Flach & Back“ bzw. den „Sieb-Servierer“ enthalten. Die jeweiligen Sammlungen sind (im Wesentlichen) alphabetisch sortiert.

Die Klägerin geht gegen den Beklagten in erster Linie wegen Verletzung urheberrechtlich geschützter Rechte an ihren Rezeptsammlungen vor (§ 4 Abs. 1 UrhG).

Sie mahnte den Beklagten zunächst mit anwaltlichem Schreiben vom 14.06.2011 vergeblich ab und forderte ihn zur Erstattung ihrer Abmahnkosten bis zum 30.06.2011 (Anlage K 7, Bl. 97 d. A.). Sodann forderte sie ihn erneut mit Schreiben vom 30.06.2011 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung bis zum 05.07.2011 auf (Anlage K 10, Bl. 102 f. d. A.).

Die Klägerin behauptet, die vom Beklagten vertriebenen Back- und Kochrezeptsammlungen (Anlagen K 4 und K 6 bzw. Anlagenkonvolut K 11 d. A.)) bestünden im Wesentlichen aus von ihr selbst entwickelten und in ihren Rezeptsammlungen (Anlagen K 3 und K 5) enthaltenen Rezepten. Der Beklagte habe 103 Back- und 55 Kochrezepte von ihr übernommen (weitgehende Übereinstimmungen der Zutaten wie auch der Arbeitsanweisungen). Dies lasse sich neben kreativen Kombinationen von Zutaten und ungewöhnlichen Zutatenmengen z.B. aus der Übernahme des orthografischen Fehlers „Gries“ statt „Grieß“ in einem Rezept schließen.

Nach Ansicht der Klägerin liegt ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 UrhG vor, da sie die Rezepte in schöpferischer Leistung selbst konzipiert; und darüber hinaus die speziellen Rezepte für bestimmte Kochutensilien (Mikrowelle, Tupperware Ultra Plus, Microplus-Kanne) zusammengestellt habe. Sie sei zu Beginn dieses Jahrzehnts die Erste gewesen, die mit speziellen Rezeptbüchern für die Kochwerkzeuge „Ultra Plus & Silikon-Flach & Back“ und „Microplus Kanne“ der Firma Tupperware auf den Markt gegangen sei. Insoweit gelte der Maßstab der „kleinen Münze“. Es genüge, wenn ein anderer Urheber möglicherweise eine andere Auswahl im Sinne eines individuellen Sammlungsschwerpunktes getroffen hätte. Entscheidend sei die besondere Auswahl und Zusammenstellung der für die jeweiligen Kochutensilien besonders geeigneten Rezepte. Dass der Beklagte die Rezepte im Internet gefunden haben will, sei für die Annahme einer Urheberrechtsverletzung unschädlich; deren Verwendung durch Dritte mache ihre Sammlungen nicht gemeinfrei, zumal es einen qualitativen Unterschied mache, ob Dritte die Rezepte ohne Gewinnerzielungsabsicht auf privaten Internetseiten veröffentlichen oder der Beklagte ganze Passagen ihrer Sammlungen entgeltlich anbiete.

Die Klägerin meint, sie habe Anspruch auf Erstattung ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 1.378,50 € (1,3 Gebühr aus 50.000,00 € nebst 20,00 € Auslagenpauschale).

Die Klägerin beantragt,

1.) den Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, zugunsten der Klägerin urheberrechtlich geschützte Sammlungen von Kochrezepten ganz zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, wenn dies wie geschehen durch Vervielfältigen und/oder Anbieten der folgenden Rezeptsammlungen geschieht:


a) Übernahme der nachfolgend aufgeführten Rezepte aus der Rezeptsammlung der Klägerin (...) wie nachstehend beispielhaft aufgezeigt:

(...)

2. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Art und den Umfang der vorstehend unter Ziffer 1.) bezeichneten Verletzungshandlungen, insbesondere über die dadurch erzielten Umsätze, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren;

3. festzustellen, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin wegen der vorstehend unter Ziffer 1.) bezeichneten Verletzungshandlungen zum Ersatz jedweden Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin bislang entstanden ist und noch entstehen wird;

4. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.379,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.7.2011 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält das Vorgehen der Klägerin für rechtsmissbräuchlich. Mit Blick darauf, dass diese ihn mit Schreiben vom 30.12.2011, 24.01.2012 und 26.01.2012 wegen weiterer Wettbewerbs- bzw. Urheberrechtsverstöße dreimal abgemahnt hat (vgl. Anlagenkonvolut B 18, Bl. 290-306 d. A.), diene die Anspruchsverfolgung offensichtlich nur dazu, gegen ihn Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen bzw. Rechtsverfolgungskosten entstehen zu lassen.

Die Klägerin repliziert, ein primäres Kostenbelastungsinteresse ihrerseits sei nicht ersichtlich. Sie mache lediglich von ihren Rechten Gebrauch und habe keine überhöhten Gebühren oder Streitwerte angesetzt. Im Übrigen finde § 8 Abs. 4 UWG im Rahmen des Urheberrechts keine analoge Anwendung.

Der Beklagte meint, die Klägerin behindere ihn außerdem durch „Test-„ bzw. „Spaßkäufe“ wettbewerbswidrig. Sie habe (was unstreitig ist) am 28.12.2011 über seinen X-Shop 7 Rezeptbände gekauft, diesen Kauf aber noch am selben Tag widerrufen und Rückzahlung des Kaufpreises gefordert, was für ihn mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden gewesen sei.

Der Beklagte behauptet, weder ein einziges Rezept der Klägerin übernommen zu haben (Zeugen) noch ein Rezept der Klägerin in identischer Form zu verwenden.

Während einige seiner Rezepte wortwörtlich mit denjenigen anderer im Internet veröffentlichter Sammlungen übereinstimmten, unterschieden sie sich im Detail von denjenigen der Klägerin (vgl. S. 2 ff. seines Schriftsatzes vom 16.11.2011 (Bl. 167 ff. d. A.) i. V. m. Anlagen B 11, B 12, B 13 und B 16).

Dem Beklagten sei vor Beginn dieser Streitigkeit weder bekannt gewesen, dass die Klägerin Konkurrenzprodukte vertreibt, noch habe er ihre streitgegenständlichen Rezeptsammlungen gekannt.

Vermeintlich von der Klägerin entwickelte Rezepte seien in identischer Form im Internet zu finden (deren Veröffentlichung auf den vom Beklagten genannten Internetseiten bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen). Aus dem Internet habe er einige seiner Rezepte zusammengestellt. Die Rezepte für (...) fürTupperware-Produkte, den (...) und den (...) habe er ebenso wie das Rezept für den falsch geschriebenen (...) der Rezeptsammlung (...) von (...) entnommen (Anlage B 3) (was die Klägerin mit Nichtwissen bestreitet). Eine identische Sammlung werde von (...) im Internet vertrieben (vgl. Anlage B17). Darüber hinaus finde sich eine Vielzahl der angeblich von der Klägerin stammenden Rezepte in der Sammlung (...), die er auf (...) entstanden hat (Anlage B 6), wie auch auf anderen Webseiten wie z. B. www(...) (Anlagen B 11 und B 16). Seine Brotrezepte stimmten beispielsweise mit den Rezepten des Zeugen (...) auf dessen vorgenannter Internetseite überein. Dieser Zeuge habe seine Rezepte weder von der Klägerin übernommen noch eine ihrer Rezeptsammlungen erworben, sondern dessen Ehefrau habe als „Tupper-Beraterin“ Zugriff auf Unmengen von Rezepten.

Die Inhaltsverzeichnisse der jeweiligen Sammlungen beider Parteien unterschieden sich erheblich (Klägerin: 180 Backrezepte, Beklagter nur 117, von denen er 103 übernommen haben soll). Während seine Sammlung mit den Verzeichnissen der Damen XXX und XXX nahezu identisch sei, habe die Klägerin eine völlig andere Auswahl getroffen.

Aus Sicht des Beklagten genießen die Rezeptbücher der Klägerin zudem keinen Urheberrechtsschutz. Diese habe nur in handwerklicher Manier nach unklaren Auslesekriterien eine Vielzahl von „Allerweltsrezepten“ alphabetisch sortiert in einer Sammlung zusammengefasst, nicht aber in schöpferischer Weise eine Einheit nach individuellen Ordnungsvorstellungen geformt. Inhaltlich gebe es Überschneidungen mit anderen Sammlungen, auch gebe es auf dem Markt noch andere Sammlungen mit Rezepten für eine bestimmte Ausführungsform oder Produktart; in der Zusammenstellung von speziellen Rezepten für bestimmte Kochutensilien liege daher keine schöpferische Leistung.

Der Beklagte meint, die Klägerin sei für die von ihm bestrittene Behauptung, Anfang dieses Jahrzehnts die Erste mit speziellen Kochbüchern am Markt gewesen zu sein, beweisbelastet.

Dass der Klägerin für die Abmahnung Kosten i.H.v. 1.379,80 € entstanden sind, bestreitet er (mit Nichtwissen). Einen Gegenstandswert von 50.000,00 € hält er für deutlich überhöht.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gelangten Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 19.10.2011 (Bl. 163 f. d. A.) und 15.02.2012 (Bl. 307 f. d. A.) Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist weitgehend begründet.


I.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Klägerin nichts ersichtlich (dafür, dass der Missbrauchseinwand im Bereich des Urheberrechts nicht von vornherein ausgeschlossen ist, vgl. z. B. v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, 4. Aufl. 2010, § 19 a Rn. 47).

Mit der Geltendmachung von Verstößen des Beklagten gegen Vorschriften über die Widerrufsbelehrung (Anlage B 18, Bl. 290-293 d. A.), Vorgaben der Preisangabenverordnung (Anlage B 18, Bl. 294-299 d. A.) und ihr Urheberrecht an einem Werbetext (Anlage B 18, Bl. 300-306 d. A.), macht die Klägerin nach unwidersprochenem Vortrag lediglich von den ihr zustehenden Rechten Gebrauch.

Aufgrund der bloßen Tatsache, dass sie den Beklagten zuletzt mehrfach abgemahnt hat, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass ihre Rechtsverfolgung insgesamt nur der Generierung von Aufwendungsersatzansprüchen dient. Grund für ihre Mehrfachabmahnungen können auch gehäufte Rechtsverstöße des Beklagten sein.

Nicht zuletzt im vorliegenden Fall besteht kein Grund zu der Annahme, dass es der Klägerin nicht um die Wahrung ihrer Rechte an den streitgegenständlichen Rezeptsammlungen geht.

Die Klage ist auch nicht deswegen unzulässig (oder unbegründet), weil die Klägerin den Beklagten durch einen von ihr gleichtägig widerrufenen Kauf von Rezeptbänden am 28.12.2011 aus Beklagtensicht wettbewerbswidrig behindert hat. Selbst wenn in diesem Vorgehen ein Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG oder gegen eine sonstige Rechtsvorschrift gelegen haben sollte, bestünde keinerlei direkter Zusammenhang mit der gegenständlichen Klage. Auf gegenläufige Rechte beruft sich der Beklagte nicht.


II.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG einen Anspruch auf Unterlassung der Vervielfältigung und/oder Verbreitung ihrer aus den Anlagen K3 und K5 ersichtlichen Sammelwerke an Kochrezepten mit den Titeln XXX (Anlage K3) bzw. XXX (Anlage K5) im Wege der Vervielfältigung und/oder Verbreitung von dessen Rezeptsammlungen in den Anlagen K4 und K6.

Soweit die Klägerin ihren Antrag zu 1.) in der letzten mündlichen Verhandlung vom 15.02.2012 durch die Streichung der Worte „teilweise“ und „insbesondere“ abgeändert hat (vgl. Bl. 308, 200 d. A.), diente diese Änderung der Behebung eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Ziel der Antragsänderung war eine Beschränkung des Unterlassungsantrags auf die konkrete Verletzungsform. Die Klägerin wollte mit der Streichung des Wortes „teilweise“ hingegen nicht zum Ausdruck bringen, dass die streitgegenständlichen Rezeptsammlungen des Beklagten in vollem Umfang Kopien ihrer eigenen Rezeptbücher sind, wie die stehengebliebene Wendung „ganz oder ... zu ...“ nunmehr u.U. nahe legt. Dass die Worte „ganz oder“ nicht gestrichen worden sind, stellt ein evidentes Versehen dar, das die Kammer bei ihrer Entscheidung, insbesondere bei der Abfassung des Tenors, berücksichtigt hat.

Einer Aufnahme sämtlicher (zumindest sachlich) übereinstimmender Rezepte in den Verbotstenor hat es aus Sicht der Kammer ebenso wenig bedurft wie der Aufnahme der von der Klägerin gewählten Beispiele. Im Lichte der Entscheidungsgründe steht der Umfang der Unterlassungspflicht auch bei der gewählten Urteilsfassung fest.

Mit seinen Sammlungen in Anlagen K 4 und K 6 hat der Beklagte gegen das Recht an deren Sammelwerken in Anlagen K 3 und K 5 verstoßen. Angesichts Urheberrechtsverstoßes besteht Wiederholungsgefahr.

Die Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel basiert auf § 890 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 ZPO.

Bei den beiden Rezeptbüchern der Klägerin in den Anlagen K 3 und K 5 handelt es sich um Sanmelwerke i. S. d. § 4 UrhG, sprich um Sammlungen von Werken, Daten oder unabhängigen Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung darstellen.

Die einzelnen Rezepte sind »unabhängige Elemente« i. S. d. Norm. Ob sie selbst urheberrechtlich geschützte Schriftwerke i. S. d. § 2 Abs. 1 UrhG sind, kann dahinstehen. Hierauf kommt es im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 UrhG weder an noch stützt sich die Klägerin auf diesen Gesichtspunkt.

Deren Leistung besteht entgegen der Auffassung des Beklagten in der Auswahl geeigneter Rezepte für die Tupperwareprodukte »Mi(c/k)roplus-Kanne« und »Ultra Plus«. Diese Auswahl – nicht aber die alphabetische Ordnung der Rezepte – ist eine persönliche geistige Schöpfung der Klägerin i. S. d. § 4 Abs. 1 UrhG.

1. Aufgrund des wechselseitigen Parteivortrags ist davon auszugehen, dass die Klägerin als Erste auf die Idee gekommen ist, besonders geeignete Rezepte für bestimmte Kochutensilien der Firma Tupperware in einem Kochbuch zusammenzustellen.

Ihre streitgegenständlichen Kochbücher sind auf diesem Gebiet als „Pionierwerke“ anzusehen.

Bei einem Sammelwerk ist bereits die „kleine Münze“ geschützt (vgl. z. B. Loewenheim in Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 4 Rn. 9).

In der Zusammenstellung eine eigenschöpferische (Auswahl) geeigneter Rezepte liegt demzufolge bereits Leistung

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Klägerin hat nicht nur eine rein handwerkliche, schematische und routinemäßige Auswahl getroffen (siehe dazu Loewenheim, a. a. O., Rn. 10 m. w. N.).

An die Originalität der einzelnen Rezepte sowie an den von ihr hierfür möglicherweise geleisteten Aufwand ist nicht anzuknüpfen. § 4 UrhG schützt lediglich die Struktur des Werkes (die Sammlung und/oder Anordnung des Stoffes), nicht aber seinen Inhalt. Eine Beweisaufnahme über die zwischen den Parteien umstrittene Frage einer Urheberschaft der Klägerin an den einzelnen Rezepten erübrigt sich aus diesem Grund.

Die Tatsache, dass die Klägerin für die von dem Beklagten bestrittene Behauptung, sie habe als Erste Rezepte für bestimmte Tupperwareprodukte zusammengestellt, keinen Beweis angeboten hat, ist nicht entscheidungserheblich. Entgegen der Einschätzung des Beklagten ist dieser selbst für etwaigen vorbekannten Formenschatz darlegungs- und beweisbelastet.

Wer sich der Schutzfähigkeit eines Werkes berühmt, hat dieses durch Darlegung der die Urheberrechtsfähigkeit begründenden Elemente sowie der Einhaltung des gebotenen Abstands zum vorbekannten Formengut zu beweisen (BGH (U. v. 27.05.1981 -1 ZR 102/79) - Stahlrohrstuhl II, GRUR 1981, 820, 822; A. Nordemann in Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Aufl. 2008, § 2 Rn. 236). Hierzu genügt vielfach bereits die Vorlage des Werkstücks (vgl. z. B. BGH-Stahlrohrstuhl II, a. a. O.; A. Nordemann, a. a. O.; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage 2008, § 2 Rn. 70).

Im Streitfall hat die Klägerin nicht nur die Rezeptsammlungen in Anlagen K 3 und K 5 vorgelegt, sondern flankierend ausgeführt, sie sei Anfang des Jahrhunderts die Erste gewesen, die derartige Sammlungen auf den Markt gebracht habe. Dies genügt, um die Kammer von der Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen klägerischen Rezeptsammlungen zu überzeugen.

Es oblag folglich dem Beklagten, in seiner Eigenschaft als (potenzieller) Verletzer darzutun und zu beweisen, dass sich die Klägerin bei der Erstellung ihrer Rezeptsammlungen des vorbekannten Formenschatzes bedient hat bzw. inwiefern ihre Werke vorbekannt, naheliegend oder aus sonstigen Gründen schutzlos sind (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z. B. BGH aaO. – Stahlrohrstuhl II; GRUR 1991, 449, 450 – Betriebssystem; GRUR 2004, 939, 941 - Klemmhebel; siehe auch Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 2 Rn. 9).

Der Beklagte hätte durch Vorlage konkreter Entgegenhaltungen darlegen und hierfür Beweis antreten müssen, dass die Klägerin als Urheberin bei der Erschaffung ihrer Werke auf Vorbekanntes zurückgegriffen hat (vgl. BGH ZUM-RD 2002, 578 – Technische Lieferbedingungen; GRUR 1991, 531, 533 – Brown Girl I; A. Nordemann, aaO.; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 2 Rn. 73). Diese Obliegenheit gründet auf der Überlegung, dass der Urheber bzw. sein Rechtsnachfolger anderenfalls überfordert wäre(n) (vgl. z. B. BGH aaO. – Stahlrohrstuhl II m. w. N.).

Diesen Anforderungen ist das Vorbringen des Beklagten nicht gerecht geworden.

Sein pauschaler Hinweis auf vergleichbare, mit seinen Sammlungen teilweise identische, im Internet erhältliche Rezeptsammlungen, ist unzureichend. Weder aus seinem Vortrag noch aus den vom ihm vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Rezeptsammlungen in Anlagen B 3, B 12, B 13 und B 17, ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die von dem Beklagten in Bezug genommenen Rezeptsammlungen möglicherweise älteren Datums als diejenigen der Klägerin sind. So steht auf der ersten Seite der Anlage B 12 links oben XXX und am rechten unteren Rand jeder Seite „Generated: 19 August, 2006, 07:57“. Die Rezepte von XXX in Anlage B 13 wurden allesamt im September 2006 ins Internet gestellt.

Da der Beklagte weder seiner Darlegungslast genügt noch einen zur Überzeugungsbildung des Gerichts geeigneten Beweis angeboten hat, ist von einem Urheberrechtsschutz der beiden Rezeptsammlungen der Klägerin auszugehen.

2. Die Rezeptsammlungen des Beklagten in den Anlagen K 4 und K 6 sind Nachahmungen der klägerischen Sammlungen in Anlagen K 3 und K 5.

Dass die Klägerin die Rezepte für ihre Kochbuchsammlungen selbst ausgewählt und zusammengestellt hat, bestreitet der Beklagte nicht. Er stellt lediglich in Abrede, dass sie die Erste war, die entsprechende Sammlungen auf den Markt gebracht hat, und dass sie die einzelnen Rezepte eigenhändig entwickelt hat.

Wie ein Abgleich der jeweiligen Inhaltsverzeichnisse unter Berücksichtigung der Rezeptinhalte ergeben hat, sind die Rezepte in den streitgegenständlichen Sammlungen des Beklagten zu weiten Teilen auch in den Kochbüchern der Klägerin enthalten. Vielfach sind sie identisch bezeichnet, zumindest aber besteht sachliche Übereinstimmung.

a) So decken sich von den insgesamt 117 Rezepten in der Sammlung des Beklagten XXX (Anlage K 4) über 85 jedenfalls in sachlicher Hinsicht mit Rezepten der Klägerin in deren Sammlung XXX (Anlage K 3).

Konkret handelt es sich (jedenfalls) um die folgenden Rezepte des Beklagten (hinsichtlich der korrespondierenden Rezepte der Klägerin vgl. deren Klageantrag zu 1.):

(...)

Von den von der Klägerin nicht aufgelisteten, sind darüber hinaus (jedenfalls) folgende Rezepte übernommen worden: XXX (letztes Rezept auf S. 7; Klägerin: S. 7), XXX (letztes Rezept auf S. 25; Klägerin: 3. Rezept auf S. 25); XXX (1. Rezept auf S. 25; Klägerin: 4. Rezept auf S. 24) und das XXX (1. Rezept auf S. 34; Klägerin: S. 31 f.).

Ob die Rezepte im Einzelnen exakt gleich bezeichnet sind und die Tatsache, dass die Zubereitung und/oder Zutaten einzelner Rezepte zum Teil geringfügig voneinander abweichen, ist bei wertender Gesamtbetrachtung der übernommenen Auswahlleistung unmaßgeblich.

In dem Rezept des Beklagten für dessen Käsebrot fehlt z. B. das Bestreichen mit Milch und Gouda. Dennoch lassen die verbleibenden Übereinstimmungen, insbesondere die Zutaten XXX und XXX Anweisung XXX (vgl. Anlage K 4, TS. 17), den Schluss auf die Übernahme des von der Klägerin ausgewählten Käsebrotrezepts zu.

Entsprechendes gilt für sein XXX wo die fehlenden 27 g Rosinen unschädlich sind, sein XXX; wo 50 g Erdnüsse fehlen, sein XXX (mit zusätzlichem Basilikum) sowie sein XXX das im Gegensatz zu dem XXX der Klägerin nicht mit Oliven zubereitet wird.

Dass das Rezept der Klägerin für ihr XXX konkret „je 1 Prise“ Salz und daneben Piment und Nelkenpulver als weitere Zutaten vorsieht, fällt angesichts der weitgehenden Übereinstimmung der XXX der Parteien nicht entscheidend ins Gewicht (vgl. u. a. die Wendung XXX) (siehe z. B. auch identische Formulierungen wie XXX in den jeweiligen XXX sowie „10 g Farbmalz (Bioladen)“ in den Rezepten für das XXX.

Das XXX heißt bei der Klägerin z. B. XXX und das XXX (neben dem XXXX) ebenfalls schlicht XXX.

b) Von den 77 Rezepten des Beklagten in seiner Sammlung XXX (Anlage K 6) stimmen (jedenfalls) über 40 sachlich mit Rezepten der Klägerin in ihrer Sammlung XXX (Anlage K 5) überein (zu den Rezepten der Klägerin, vgl. auch insofern deren Klageantrag zu 1.)), und zwar: (...)

Über die von der Klägerin aufgelisteten Rezepte hinaus ist zudem die Auswahl folgender Saucen und Rezepte übernommen worden: (...)

Abweichungen bestehen u. a. darin, dass die Klägerin in Anlage K 5 verschiedene Kuchen separat aufgeführt hat, wohingegen diese in der Sammlung des Beklagten in Anlage K 6 unter XXX (abgesehen von Nr. III) - mit Zusatzbezeichnungen entsprechend der Klägerin - zusammengefasst sind.

In Anlage K 5 listet die Klägerin zudem auf S. 30 unter XXX (alphabetisch zunächst nicht nachvollziehbar) verschiedene Soßen auf. Anders als im Buch selbst, hat sie scheinbar versäumt, diese Soßen als Unterpunkte zu kennzeichnen. Diese Auflistung stimmt mit derjenigen des Beklagten überein, der allerdings jeweils den Zusatz XXX voranstellt. Diesbezüglich hat er sich, auch was z. B. die Schreibweise für den XXX angeht (Klägerin: XXX, nach eigenem Vortrag an der Sammlung in Anlage B 6, die er auf XXX erworben hat (...) angelehnt. Entgegen seiner Auffassung hindert dies einen Urheberrechtsverstoß seinerseits allerdings nicht.

c) Dass die Kochbücher des Beklagten mit denen der Klägerin hinsichtlich der Rezeptauswahl nicht eins zu eins übereinstimmen, ist unmaßgeblich.

Soweit seine Werke „schlanker“ sind als diejenigen der Klägerin, da sie jeweils nur Rezepte für ein Tupperware-Produkt - und nicht zwei - enthalten, gebührt dennoch der Klägerin das Verdienst einer Auswahl besonders geeigneter Rezepte für die einzelnen Tupperware-Produkte.

Dass jeweils nur ein Großteil der Rezepte identisch ist, der Beklagte insbesondere auch andere Rezepte aufgenommen hat, spielt ebenfalls keine Rolle. Im Fall einer unerlaubten Übernahme mehrerer Beiträge eines Sammelwerks kommt es darauf an, ob deren Kombination schon auf der in der Auswahl (und/oder Anordnung) liegenden Leistung des Herausgebers beruht. Dies ist im Streitfall angesichts der weitgehenden Identität der ausgewählten Rezepte der Fall.

Hinsichtlich der Sammlung der Klägerin in Anlage K 4 ist insoweit ein etwas großzügigerer Maßstab anzulegen. Die Rezepte für das Kochutensil „Microplus Kanne“ sind ganz unterschiedlichen Bereichen zuzuordnen (von Kuchen über Eierstich bis hin zu Marmelade). Die Auswahl geeigneter Rezepte erscheint insofern diffiziler bzw. weniger nahe liegend gewesen zu sein.

d) Für eine Parallelschöpfung des Beklagten ist nichts ersichtlich.

Dieser behauptet selbst, die Rezepte aus anderen Rezeptsammlungen, insbesondere derjenigen von XXX in Anlage B 3 (die mit der Sammlung von XXX in Anlage B 17 in vollem Umfang übereinstimmt), übernommen zu haben.

Auch hält er die Auswahlkriterien der Klägerin und ihrer Konkurrenten für nicht nachvollziehbar („unklare Auslesekriterien“, vgl. S. 6 seines Schriftsatzes vom 09.09.2011, Bl. 125 d. A.).


III.

Aufgrund des Urheberrechtsverstoßes hat die Klägerin gemäß § 101 Abs. 1 und 3 UrhG bzw. nach dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Annexanspruch zum Schadensersatzanspruch Anspruch auf Auskunft über Art und Umfang der Verletzungshandlungen des Beklagten, darunter dessen Umsatz; dieser ist ein möglicher Wertbemessungsfaktor bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (zum Verschulden des Beklagten siehe Ziff. IV.).


IV.

Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten folgt aus § 97 Abs. 2 UrhG i. V. m. § 256 Abs. 1 ZPO.

Das erforderliche Feststellungsinteresse gründet darauf, dass sie bis zur Auskunftserteilung des Beklagten keine Kenntnis von dessen Verletzungshandlungen hat und daher derzeit noch keine bezifferte Leistungsklage erheben kann.

Soweit der Beklagte die Rezeptsammlungen der Klägerin zum Zeitpunkt der mittelbaren Übernahme der von dieser getroffenen Rezeptauswahl entsprechend seiner Behauptung nicht gekannt haben sollte, handelte er jedenfalls fahrlässig.

Die Rechtsprechung stellt an die im Verkehr erforderliche Sorgfalt strenge Anforderungen (vgl. Schricker, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 97 Rn. 138 m. w. N.). Angesichts dessen hätte der Beklagte um seine Rechtsverletzung wissen können und müssen (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB). Er hätte die Kochbücher Dritter nicht einfach weitgehend übernehmen und unter der Geschäftsbezeichnung XXX auf den Markt bringen dürfen, sondern sich vergewissern müssen, dass er hierdurch keine Rechte Dritter verletzt.


V.

Die Klägerin hat dem Grunde nach gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG auch Anspruch auf Ersatz ihrer Abmahnkosten. Der Höhe nach stehen ihr allerdings nur 1.005,40 € nebst Verzugszinsen zu; im Übrigen war die Klage abzuweisen.

1. In vorgenannter Höhe waren die Aufwendungen für die berechtigte Abmahnung erforderlich.

a) Die Klägerin hat den Beklagten durch den von ihr zunächst beauftragten Anwalt unter dem 14.06.2011 (Anlage K 7, Bl. 96 f. d. A.) und 30.06.2011 (Anlage K 10, Bl. 102 f. d. A.) unstreitig zwei Mal vergeblich abgemahnt und unter Fristsetzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

Soweit der Beklagte (mit Nichtwissen) bestreitet, dass der Klägerin für die Abmahnung Kosten i. H. v. 1.379,80 € entstanden sind, besteht zunächst ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein Anwalt seinem Mandanten für sein Tätigwerden zeitnah Kosten in Rechnung stellt.

Sofern der Beklagte darüber hinaus bestreiten sollte, dass die Klägerin die ihr in Rechnung gestellten Anwaltskosten bereits beglichen hat, wäre dies unmaßgeblich.

Der Beklagte hat die Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten ernsthaft und endgültig verweigert.

Er hat sich noch im Laufe dieses Prozesses auf den Standpunkt gestellt, keine Rechte der Klägerin verletzt zu haben und ihr daher auch nicht ersatzpflichtig zu sein.

Ein etwaiger Freistellungs- hat sich demzufolge in einen Zahlungsanspruch umgewandelt (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 23.08.2011 – 6 U 49/11, zitiert nach juris, Rn. 22–25 m. w. N.).

b) Der Höhe nach kann die Klägerin lediglich 1.005,40 € verlangen (1,3-Gebühr aus 30.000,00 € gemäß Nr. 2300 VV RVG plus Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG).

Da sie für dieses Verfahren in Diskrepanz zu dem von ihr vorgerichtlich zu Grunde gelegten Gegenstandswert von 50.000,00 € lediglich einen Gesamtstreitwert von 30.000,00 € ansetzt, ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte für ein höher zu gewichtendes Interesse von diesem reduzierten Klagestreitwert auszugehen.

2. Der Antrag auf Zahlung von Verzugszinsen auf den zugesprochenen Betrag ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Mit Schreiben vom 14.06.2011 hat die Klägerin den Beklagten abgemahnt und ihm eine Zahlungsfrist bis zum 30.06.2011 gesetzt, sodass sich der Beklagte seit dem 01.07.2011 in Verzug befindet.

Die Klägerin kann daher jedenfalls ab dem 06.07.2011 Verzugszinsen verlangen (§ 308 Abs. 1 ZPO); ob im zweiten Schreiben der Klägerseite vom 30.06.2011 nicht nur eine letztmalige Fristsetzung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, sondern auch eine letztmalige Zahlungsaufforderung bis zum 05.07.2011 gesehen werden kann, kann dahinstehen.


VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 2, 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Kosten des Verfahrens waren gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dem Beklagten aufzuerlegen, da dieser zum weit überwiegenden Teil unterlegen ist und die Zuvielforderung der Klägerin nur verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten verursacht hat.


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