Synchronsprecher angemessene Beteiligung
Besteht ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Entlohnung eines die Hauptrolle eines Films bearbeitenden Synchronsprechers und dem wirtschaftlichen Erfolg des Films, kann dem Künstler ein Anspruch auf einen angemessenen zusätzlichen Ausgleich zustehen. Der Künstler hat dann auch das Recht, Auskunft über die erzielten Einnahmen zu verlangen. Die dreijährige Verjährungsfrist für die Ansprüche beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Künstler vom wirtschaftlichen Erfolg Kenntnis hätte haben müssen.
Die Angemessenheit der Höhe der Entlohnung eines Synchronsprechers war Gegenstand einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der Kläger hatte die von Johnny Depp gespielte Hauptrolle des „Jack Sparrow“ in den Filmen Fluch der Karibik I bis III synchronisiert. Er erhielt dafür nach den Feststellungen ein Honorar von 1308 € für Fluch der Karibik I und jeweils ein Pauschalhonorar von 4000 € für Fluch der Karibik II und III. Im Gegenzug hatte der Kläger sämtliche Nutzungsrechte an den erbrachten künstlerischen Leistungen an seine Vertragspartner übertragen. Der Kläger nahm zwei zum Walt-Disney-Konzern gehörende Unternehmen im Wege einer Stufenklage auf Erteilung einer Auskunft und Zahlung in Anspruch. Der ersten Beklagten sind die Erlöse aus der Kinoverwertung, der zweiten Beklagten die Erlöse aus der Video- und DVD-Vermarktung in Deutschland zugeflossen. Der Kläger stützte seine Ansprüche auf § 32a Abs. 1 UrhG: Der Künstler kann vom Nutzungsberechtigten einen Fairnessausgleich verlangen, wenn seine Entlohnung in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werks steht. Bestehen klare Anhaltspunkte für diesen Anspruch, steht dem Künstler auch ein Anspruch auf Auskunft über die erzielten Einnahmen zu. Das Berufungsgericht hatte angenommen, dass ein Missverhältnis bereits deshalb ausgeschlossen wäre, weil der Kläger als Synchronsprecher nur einen untergeordneten Beitrag zum Gesamtwerk erbracht hätte. Der Bundesgerichtshof sah dies anders. Es ist nicht notwendig, dass die Leistung des Künstlers ursächlich für die Erträge und Vorteile ist, die aus der Nutzung des Werks gezogen werden. Ein eher untergeordneter Beitrag führt nicht wie ein marginaler Beitrag dazu, dass ein Fairnessausgleich ausgeschlossen ist. Die Leistung eines Synchronsprechers, der die Synchronisierung des Hauptdarstellers eines Films übernommen hat, kann nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs aufgrund der prägenden Bedeutung für den Eindruck der Filmfigur im Allgemeinen aber nicht als lediglich marginaler Beitrag angesehen werden. Für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Klage wurde im Jahr 2008 eingebracht. Der Kinostart der Spielfilmproduktion Fluch der Karibik I in Deutschland war am 2. September 2003. Nach der vom Bundesgerichtshof geteilten Ansicht des Berufungsgerichtes ist einem Künstler zwar keine allgemeine Marktbeobachtungspflicht auferlegt, der Kläger hätte aber spätestens im Jahr 2004 aufgrund der breiten medialen Berichterstattung auch über die Oskarnominierungen in mehreren Kategorien Kenntnis vom herausragenden Erfolg des Films in Deutschland haben müssen. Die Ansprüche des Klägers auf Auskunft und Zahlung hinsichtlich der Ergebnisse aus der Kinoverwertung des Films Fluch der Karibik I waren daher jedenfalls Ende 2007 verjährt. Hinsichtlich der Ansprüche des Klägers die Filme Fluch der Karibik II und Fluch der Karibik III betreffend sowie hinsichtlich der Ansprüche aus der Video- und DVD-Vermarktung den Film Fluch der Karibik I betreffend wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.05.2012, Az. I ZR 145/11