Haftung für fremde, aber selbst online gestellte Inhalte
Am 04.07.2013 hat der Bundesgerichtshof (BGH) durch Urteil in dem unter dem Aktenzeichen I ZR 39/12 geführte Revisionsverfahren in einer urheberschutzrechtlichen Angelegenheit entschieden.
Die Klägerin leitet ihre Legitimation aus der Behauptung ab, sie sei Inhaberin der Urheberrechte für unter der Domain „ www.stadtplandienst.de“ veröffentlichtes Kartenmaterial.
Beklagter war der Leiter eine Stiftung, die als Inhaber der Domain „www.saveourseeds.org“ auftritt. Gestritten wurde über die rechtliche Verantwortlichkeit für ein Einladungsschreiben, das in einem gesonderten, nicht öffentlich zugänglichen Ordner auf der Website des Beklagten niedergelegt war und mit Hilfe eines Links, der von einer Terminsnotiz, die in einen von dem Beklagten geführten Terminkalender aufgenommen worden war, geöffnet werden konnte.
Der Beklagte ist unstreitig nicht der Verfasser des Einladungsschreibens, in dem ohne Zustimmung der Klägerin ein von ihrer Webseite kopierter Kartenausschnitt worden ist. Die Klägerin, die ein Unternehmen damit beauftragt hat, unrechtmäßig verwendete Kartenausschnitte im Internet ausfindig zu machen, wandte sich trotzdem an den Beklagten und verlangte neben Unterlassung auch Nachzahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 300,00 € und Übernahme von Rechtsanwaltskosten. Der Beklagte erkannte nur den Unterlassungsanspruch an und wies die Zahlungsforderungen zurück.
Die Klägerin erhob Klage vor dem Amtsgericht Charlottenburg in Berlin und beantragte, den Beklagten zur Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 300,00 €, von vorgerichtlichen Kosten für die Rechtsanwaltsbeauftragung in Höhe von 273,50 € und Ermittlungskosten in Höhe von 95,00 € zu verurteilen.
In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin daraufhin eingelegte Berufung hatte vor dem Landgericht Berlin ebenfalls keinen Erfolg. Gegen die Abweisung hat die Klägerin Revision beim Bundesgerichtshof eingereicht.
Der I.Senat des Bundesgerichtshofes hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Bearbeitung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Die Annahme des Berufungsgerichts, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Einladungsschreiben um einen fremden Inhalt handele, für den der Beklagte grundsätzlich nicht haftbar gemacht werden könne, teilen die Richter des 1. Senats am Bundesgerichtshof so nicht. Sie halten es vielmehr für möglich, dass dem Beklagten die Verletzung von Urheberrechten durch Verwendung eines Ausschnitts aus einem urheberrechtlich geschützten Kartenwerk zugerechnet werden kann, weil er das streitgegenständliche Einladungsschreiben auf seiner Internetseite der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Zur endgültigen Entscheidung hält der Bundesgerichtshof weitere Tatsachenermittlungen für notwendig, die nur vom Berufungsgericht durchgeführt werden können. Deshalb erfolgte die Zurückverweisung.
Nach dem vorliegenden Kenntnisstand schließen die Richter des Bundesgerichtshofes aus, dass es sich bei der Einstellung der Terminsnachricht und der Verlinkung des Einladungsschreibens lediglich um Durchleitung oder kurzfristige Zwischenspeicherung von fremden Informationen auf der Webseite des Beklagten handelte.
Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beklagte die strittigen Informationen im eigenen Namen weiter verbreiten wollte, blieb zu prüfen, ob ihm die Haftungsfreistellung aus den §§ 8, 10 Telemediengesetz (TMG) zugutekommt. Der I. Senat des BGH zweifelte daran, weil die geschilderten Umstände darauf hinweisen, dass die Einstellung von Terminsnachrichten und die Hinterlegung von dazugehörigen Einladungsschreiben nicht durch Nutzer selbst oder durch automatische Einrichtungen geschieht. Es schien vielmehr so zu sein, dass Mitarbeiter des Beklagten die angebotenen Informationen in das Kalendarium einfügen und die Einladungen als PDF-Dateien speichern. In diesem Fall wären aus den fremden Informationen durch die Bearbeitung eigene Informationen des Beklagten geworden.
BGH, Urteil vom 04.07.2013, Aktenzeichen I ZR 39/12