Elektronische Lernplattformen und das Urheberrecht
Hochschulen dürfen im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit grundsätzlich Auszüge von urheberrechtlich geschützten Werken auf elektronischen Lernplattformen für die Teilnehmer von Lehrveranstaltungen veröffentlichen.
Dies stellte der Bundesgerichtshof (kurz BGH) in einem Urteil vom 28.11.2013 (Az. I ZR 76/12) fest und begrenzte den zulässigen Umfang solcher Auszüge auf insgesamt maximal 100 Seiten und 12 % des Gesamtwerkes.
Der Kläger als Verlag und Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem Werk „Meilensteine der Psychologie“ hatte dabei vorliegend gegen die Fernuniversität Hagen geklagt. Diese hatte im Rahmen einer Lehrveranstaltung zur Psychologie entsprechende Auszüge des Werkes den für den Kurs eingeschriebenen Studenten zugänglich gemacht. Der Kläger sah sich dieses Verhalten in seinen Rechten verletzt.
Nach Ansicht der Beklagten war ihr Vorgehen jedoch durch § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG legitimiert.
Gemäß dieser Vorschrift ist es grundsätzlich zulässig, kleine Teile von urheberrechtlich geschützten Werken zur Veranschaulichung im Unterricht durch Hochschulen zugänglich zu machen.
Fraglich in diesem Zusammenhang erschien jedoch grundsätzlich die Frage, bis zu welchem Umfang noch von „kleinen Teilen“ im rechtlichen Sinn gesprochen werden kann.
Dies beantwortete der BGH mit dem vorliegenden Urteil und stellte entsprechend fest, dass die Auszüge insgesamt nicht mehr als 100 Seiten und 12 % des Gesamtwerkes umfassen dürfen. Bei der Beurteilung sind dabei grundsätzlich alle Textseiten zu berücksichtigen, die keine reinen Leerseiten sind und demnach Inhalt aufweisen.
Dies gilt jedoch nicht, wenn der Rechtsinhaber der Hochschule die Nutzung grundsätzlich zu angemessenen Konditionen anbietet. Dabei kommt es den Richtern zufolge jedoch nicht nur auf die Höhe der zu entrichtenden Lizenzgebühr an, sondern vielmehr auch auf die schnelle Erreichbarkeit der Lizenzangebote und insbesondere die schnelle und unproblematische Verfügbarkeit der entsprechenden Werke für den Lehrbetrieb.
Der BGH entschied sich damit für eine weniger restriktive Auslegung der Norm als die vorherige Instanz, die das Vorliegen von „kleinen Teilen“ im rechtlichen Sinn nur bei deutlich geringerem Umfang angenommen hatte. Diese Entscheidung hob der BGH entsprechend auf und verwies das Verfahren zur Neubewertung unter den getroffenen Klarstellungen an die vorherige Instanz zurück.
Mit dem vorliegenden Urteil hat der BGH damit klare Anhaltspunkte für die Anwendung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschaffen. Freuen über diese Klarstellungen dürften sich dabei insbesondere Hochschulen, die sich nun bei der Gestaltung ihrer Lehrmaterialen an einer deutlich klareren Rechtslage orientieren können. Der vorgegebene Rahmen kann dabei als durchaus großzügig bemessen bezeichnet werden und sollte für den regelmäßigen Lehrbetrieb entsprechend ausreichend sein.
BGH, Urteil vom 28.11.2013, Az. I ZR 76/12