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Der Streitwert beim Anbieten illegaler Bootlegs

OLG Schleswig, Beschluss vom 20.01.2015, Az. 6 W 36/14


Der Streitwert beim Anbieten illegaler Bootlegs

Bei der Festlegung des Streitwerts für urheberrechtlich geschütztes Material spielt auch die Beschaffenheit des Datenträgers eine Rolle. Verfügt dieser über keine nennenswerte ökonomische Relevanz, führt dies zu einer Minderung des Streitwerts, so der Beschluss des Schleswiger Oberlandesgerichts (OLG) vom 20.01.2015 (Az. 6 W 36/14).

In dem Verfahren trat die Rechteinhaberin der Auftritte und Musikstücke, einer weltweit bekannten Band, als Antragstellerin einer Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts (LG) Flensburg auf. Sie wollte der Antragsgegnerin mit einer einstweiligen Verfügung gerichtlich verbieten lassen, ein Vinyl-Doppelalbum als Bootleg anzubieten, auf dem zweiundzwanzig Musiktitel enthalten waren, für die sie (die Antragstellerin) die Rechte besaß. Das LG Flensburg bezifferte den Streitwert auf eine Summe von bis zu 5.000 Euro und verneinte seine Zuständigkeit. Deshalb verwies es die Antragstellerin an das Amtsgericht (AG) Pinneberg.

Gegen diesen Beschluss richtete sich die beim OLG Schleswig eingereichte Beschwerde der Antragstellerin. Sie wollte eine Anhebung des Streitwerts auf den Betrag von 10.000 Euro und den Erlass der von ihr begehrten einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin erreichen. Der Beschluss des OLG fiel jedoch nicht im Sinne der Antragstellerin aus.

Wie das LG bezifferte auch das OLG den Streitwert auf unter 5.000 Euro. Seine Entscheidung begründete das Gericht damit, dass für die Festsetzung eines Streitwerts allein "das nach objektiven Maßstäben zu beurteilende individuelle Interesse der Antragstellerin" entscheidend sei. Bei dem streitgegenständlichen Artikel handele es sich um ein Bootleg-Album mit zweiundzwanzig Musikstücken eines Konzerts aus dem Jahr 1986. Der Vinyl-Tonträger wurde von der Antragsgegnerin in einem Exemplar auf der Verkaufsplattform eBay angeboten. Bei der Musikgruppe handelte es sich um eine international bekannte Band, die bis heute rund fünfzig Millionen Alben verkauft hat.

Auch unter Anerkennung des Umstands, dass die Antragstellerin als Rechteinhaber nicht nur ein kommerzielles, sondern auch ein künstlerisches Interesse daran habe, die Verbreitung nicht von ihr lizensierter Aufnahmen zu unterbinden, könne für ihr Unterlassungsbegehren nur die objektive Bemessung ihres ökonomischen Interesses maßgebend sein, so das Gericht. Seit dem Auftauchen von Musik CDs auf dem Markt in den 1980er-Jahren, sei der Absatz von Vinyl-Tonträgern ständig zurückgegangen. Heute mache er gerade noch ein Prozent vom Gesamtumsatz aus. Zudem könne ein Tonträger dieser Art nicht so leicht wie eine CD kopiert oder auf Filesharing-Börsen angeboten werden. Somit sei davon auszugehen, dass es sich bei dem hier begangenen Urheberrechtsverstoß durch die als Privatperson handelnde Antragsgegnerin um ein einmaliges Vergehen zum Nachteil der Antragstellerin handele.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte setzte das OLG Schleswig den Streitwert auf insgesamt 4.400 Euro fest. Dieser Betrag setzt sich aus der vierfachen Summe der Lizenzkosten in Höhe von 50 Euro für jeden der 22 Titel fest (22x50x4). Mit seiner Entscheidung wies das OLG Schleswig die Beschwerde der Antragstellerin zurück und legte ihr die Kosten für das Verfahren auf.

OLG Schleswig, Beschluss vom 20.01.2015, Az. 6 W 36/14


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