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Unternehmer kann Daten über Erfüllung von Mindestlohn-Verpflichtungen vom Subunternehmer verlangen

Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 23.02.2022, Az. 4 U 111/21


Unternehmer kann Daten über Erfüllung von Mindestlohn-Verpflichtungen vom Subunternehmer verlangen

Nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist eine Verarbeitung von Daten rechtmäßig, wenn diese zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen. Das Oberlandesgericht Brandenburg hat hierzu mit Urteil vom 23.03.2022 klargestellt, dass ein berechtigtes Interesse in diesem Sinne vorliegt, wenn ein Unternehmen Daten übermittelt, um Mindestlohn-Verpflichtungen durch einen Subunternehmer zu überprüfen.

Hintergrund
Nachdem die Klägerin von der Beklagten einen Geldbetrag als Vergütung für Reinigungsarbeiten verlangte, hat sich die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Sie entgegnete, die Klägerin müsse erst nachweisen, dass sie an die in den Objekten der Beklagten tätigen Mitarbeiter den Mindestlohn gezahlt hat. Mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin hat die Beklagte einen Nachunternehmervertrag geschlossen, indem sie an die Auftraggeberin Aufträge für Reinigungsarbeiten in diversen Objekten übertragen hat.

Verpflichtungen waren vertraglich vereinbart
In dem Vertrag wurde unter anderem geregelt, dass sich der Nachunternehmer verpflichtet, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sowie den jeweils verbindlich vorgeschriebenen Mindestlohn im Gebäudereiniger-Handwerk zu beachtet. Ebenso war vereinbart, dass der Generalunternehmer berechtigt ist, hierüber jederzeit aktuelle Nachweise (z. B. Vorlage von Stundennachweisen, Lohnabrechnungen, Mitarbeiterlisten) zu verlangen. Der Nachunternehmer musste sich verpflichten, den Generalunternehmer von seiner Haftung auf den Mindestlohn freizustellen. Im Fall der Zuwiderhandlung des Nachunternehmers gegen die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns ist der Generalunternehmer berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen (Auftragsentziehung). Daneben hat er gegenüber fälligen Zahlungen des Nachunternehmers ein Zurückbehaltungsrecht. Die Klägerin verpflichtete sich außerdem in einer Erklärung, die Entlohnung ihrer Arbeitnehmer nicht unter den jeweils geltenden Lohntarifen/Mindestlöhnen der Länder Berlin und Brandenburg vorzunehmen.

Kein pauschaler Ausschluss eines Prüfungsrechtes
Das Gericht war der Auffassung, dass ein berechtigtes Interesse des Generalunternehmers, einer Haftung nach § 13 Mindestlohngesetz (MiLoG) vorzubeugen, grundsätzlich als ein eigenes Prüfungsrecht vertraglich vereinbart werden könne. Einem solches Prüfungs- und Kontrollrecht stehe auch nicht der Datenschutz entgegen, denn sowohl im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) als auch in der DSGVO seien zahlreiche Rechtfertigungsgründe vorgesehen, die auch eine Verarbeitung personenbezogener Daten zuließen. Hierbei sei die Frage, welche Nachweise die Klägerin datenschutzrechtlich bedenkenlos der Beklagten übermitteln könne, nicht pauschal zu beantworten, es sei vielmehr eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen.

Grenzen der Erforderlichkeit und der Datensparsamkeit sind einzuhalten
Die DSGVO hindere die Klägerin nicht, von der Beklagten Nachweise zu verlangen, ob die eingesetzten Arbeitskräfte einen Mindestlohn erhalten. Diese Form der Verarbeitung personenbezogener Daten der Mitarbeiter der Klägerin nach Art 6 Abs. 1 lit. f DSGVO sei stets erlaubt, soweit die Grenzen der Erforderlichkeit und der Datensparsamkeit eingehalten würden. Derartige Vereinbarungen wie die zwischen der Beklagten und einem Subunternehmer wie der Klägerin, in denen Vorlagepflichten und Einsichtsrechte zur Überprüfung der Einhaltung des Mindestlohngesetztes vereinbart sind, seien im Anbetracht einer drohenden Haftung des Generalunternehmers aus § 13 MiLoG i. V. m. § 14 AentG nicht nur allgemein üblich, sondern in einiger Literatur sogar empfohlen.

Verarbeitung verlangt Übermittlung und Bereitstellung
Neben der bestehenden DSGVO ist die hier aufgeworfene Frage, wie ein Unternehmer mit personenbezogenen Daten der bei ihm Beschäftigten umgeht, grundsätzlich zunächst nach § 26 BDSG a. F. zu beurteilen. Dies ist dadurch zu begründen, dass Deutschland mit der Vorschrift von der in Art. 88 DSGVO eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht hat. Dieser bezweckt die Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext, indem spezifischere Vorschriften erlassen werden können. Zur Verarbeitung im Sinne des BDSG gehört aufgrund der Begriffsdefinition in Art. 4 Ziff. 2 DSGVO auch die „Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung“. Die Revision in dem Verfahren vor dem OLG Brandenburg ist nicht zugelassen worden.


Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 23.02.2022, Az. 4 U 111/21


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