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Kunsturhebergesetz gilt auch unter der DSGVO

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 18.06.2018, Az. 15 W 27/18


Kunsturhebergesetz gilt auch unter der DSGVO

Mit Beschluss vom 18.06.2018 entschied das Oberlandesgericht Köln, dass das Kunsturhebergesetz (KUG) auch nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Bereich der journalistischen Berichterstattung anwendbar bleibe.

Gilt bei Bildaufnahmen die DSGVO oder das Kunsturhebergesetz?
Antragsgegner war ein TV-Sender. Dieser filmte die Räumung, Sperrung und Bewachung eines Gebäudes. Dabei hinderten Sicherheitsleute die Bewohner auch am Betreten ihrer Wohnungen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Antragssteller gefilmt. Dessen Gesicht wurde bei Ausstrahlung des Beitrages nicht verpixelt und war somit voll erkennbar. Der Antragssteller verlangte die Unterlassung der Veröffentlichung. Dabei stützte er sich auch auf die DSGVO. Das Landgericht Köln als Vorinstanz erkannte jedoch keinen Unterlassungsanspruch. Hiergegen wandte sich der Antragssteller erfolglos im Wege der sofortigen Beschwerde.

Lückenhafter Nachweis der gerügten Verletzungen
Das Oberlandesgericht Köln erachtete bereits den Umstand als ausschlaggebend, dass der Antragssteller den Fernsehbeitrag nicht in seiner Gesamtheit zu den Akten gereicht hatte. Die äußerst lückenhaften Fragmente aus der Sendung belegten nur Teile der gerügten Verletzungen. Daher konnte das Gericht die vorgetragenen Verletzungshandlungen auch nicht mangels Glaubhaftmachung im Gesamtkontext überprüfen. Dies galt insbesondere für die Frage, ob es sich vorliegend um Bildnisses der Zeitgeschichte handelte.

Öffentliches Interesse an den Bildaufnahmen sowie Sozialsphäre des Abgebildeten betroffen
Aufgrund der lückenhaften Aktenlage ging das Gericht davon aus, dass die Vorinstanz die Vorschriften des KUG zutreffend angewendet habe. Danach lag zwar keine Einwilligung des Antragsgegners in die Bildaufnahme vor. Allerdings handelte es sich um ein Bildnis der Zeitgeschichte, bei dem die Presse- und Meinungsfreiheit dem Recht am eigenen Bild überwiege. Die Räumung, Sperrung und Bewachung des Gebäudes stand in einem erheblichen öffentlichen Interesse. Gleiches galt für den Umstand, dass die Bewohner von Sicherheitsleuten am Betreten ihrer Wohnungen gehindert wurden. Ferner war zu berücksichtigen, dass der Abgebildete lediglich in seiner Sozialsphäre betroffen war. Die Bildaufnahme zeigte ihn bei der Arbeit; zudem erfolgte sie in der Öffentlichkeit. Der Antragsteller wusste also, dass er gefilmt wurde. Schließlich war auch zu beachten, dass der Antragsteller nicht als Protagonist des Beitrags erwähnt oder kritisiert wurde, sondern lediglich als Beispiel eines vor Ort tätigen Wachmanns kurz gezeigt wurde.

Abwägungskriterien für zulässige Bildberichterstattung
Das OLG Köln war der Meinung, es gehöre zum Kern der Pressefreiheit, dass die Medien grundsätzlich nach eigenen publizistischen Kriterien entscheiden könnten, was sie im öffentlichen Interesse für berichtenswert erachten. Davon umfasst seien auch Abbildungen von Personen. Die Belange der Medien seien dabei in einem möglichst schonenden Ausgleich zum Persönlichkeitsschutz des von der Berichterstattung Betroffenen zu bringen. Von maßgeblicher Bedeutung für die Abwägung sei, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern und damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen würden. Der jeweilige Informationsgehalt einer Bildberichterstattung müsse im Gesamtkontext ermittelt werden, in der das Personenbildnis gestellt wurde. Hierbei müsse auch die dazugehörige Wortberichterstattung berücksichtigt werden, der Anlass der Bildberichterstattung sowie die Umstände, unter denen die Aufnahme entstanden seien. Auch sei bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst wurde und wie er dargestellt werde.

Abweichende Regelung zugunsten journalistische Berichterstattung möglich
Die DSGVO griff vorliegend nicht ein. Denn Artikel 85 DSGVO erlaube nationale Gesetze mit abweichendem Inhalt zugunsten journalistischer Zwecke. Somit enthalte Artikel 85 DSGVO eine Öffnungsklausel, die nicht nur neue Gesetze erlaube, sondern auch bereits bestehende Regelungen erfassen könne. Die journalistische Tätigkeit des Antragsgegners wurde durch § 48 WDR-Gesetz gerade neu geregelt. Danach griff für die Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken das sog. Medienprivileg ein.

Keine europarechtlichen Bedenken
Diese Annahme begegnete aus Sicht des OLG auch keinerlei europarechtlicher Bedenken. Denn Artikel 85 Abs. 2 DSGVO mache keine materiell-rechtlichen Vorgaben. Vielmehr stelle der Artikel auf einen angemessenen Ausgleich zwischen Datenschutz einerseits und Äußerungs- und Kommunikationsfreiheit andererseits ab. Da Datenschutzregelungen letztendlich immer die journalistische Arbeit beeinträchtigten, seien keine strengen Maßstäbe anzulegen. Dies gelte umso mehr vor dem Hintergrund, dass Artikel 85 DSGVO gerade als Normzweck hat, einen Verstoß der DSGVO gegen die Meinungs- und Medienfreiheit zu vermeiden.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 18.06.2018, Az. 15 W 27/18


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