Inkassodrohungen mit Auswirkungen auf Kreditwürdigkeit
Inkassounternehmen dürfen die Daten von Verbrauchern nicht in jedem Fall an Auskunfteien wie die Schufa weitergeben. Nach der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist dies unter Anderem dann nicht zulässig, wenn Verbraucher eine Forderung als unberechtigt zurückgewiesen haben. Daher hat das Landgericht Osnabrück in seiner Entscheidung vom 29.04.2020 untersagt, Betroffenen mit Auswirkungen auf ihre Kreditwürdigkeit zu drohen, sofern Zahlungen ausbleiben.
Inkassoschreiben nach Rücktritt vom Kaufvertrag
Im vorliegenden Fall hatte ein Verbraucher ein Schreiben eines Inkassounternehmens erhalten, in dem er aufgefordert wurde, rund 500 Euro für gekaufte Möbel zu bezahlen. Dieser war jedoch vom Kaufvertrag wegen verspäteter Lieferung bereits rechtmäßig zurückgetreten. Geklagt hat die Verbraucherzentrale Hamburg, die das Schreiben des Inkassounternehmens beanstandete: In diesem beschrieb sich das beklagte Unternehmen selbst als „Vertragspartner der Schufa“. Darüber hinaus hat der Brief mit folgendem Satz abgeschlossen:
„Sorgen Sie für eine fristgerechte Zahlung, um weitere Kosten (Gerichts- Anwalts- und Vollstreckungskosten) und Auswirkungen auf Ihre Kreditwürdigkeit zu vermeiden. Bei Zahlungsschwierigkeiten bitten wir um telefonische Kontaktaufnahme.“
Klägerin: Aggressive geschäftliche Handlung und Irreführung
Die Klägerin war der Ansicht, ihr stünde ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG zu. Die Klausel stelle eine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne von § 4a UWG dar, da sie geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte. Man stelle dem Adressaten für den Fall einer nicht fristgerechten Zahlung eine Beeinträchtigung seiner Kreditwürdigkeit in Aussicht. Daran ändere auch nicht, dass die Beklagte nicht unmittelbar auf die Schufa verweise und auch nicht mitgeteilt werde, auf welchem Weg und mit welchen konkreten Folgen die Kreditwürdigkeit des Adressaten beeinflusst würde: insbesondere im Hinblick auf den Hinweis im Briefkopf der Beklagten verstehe der Verbraucher den Hinweis so, dass er im Falle einer Nichtzahlung, unabhängig davon, warum dies der Fall sei, mit einer Weitergabe seiner Daten an die Schufa rechnen müsse. Eine Irreführung liege ebenfalls darin, dass die Beklagte damit zum Ausdruck bringe, es sei rechtlich erlaubt, bei nicht fristgerechter Zahlung von Forderungen in jedem Fall Daten des Anspruchsgegners weiterzugeben. Dies sei auch nach der DSGVO nicht der Fall.
Entscheidung des Landgerichts
Das LG Osnabrück teilte die Ansicht der Klägerin und nahm einen Wettbewerbsverstoß an. Nach Ansicht der Richter könne jedoch dahinstehen, ob das Verhalten der Beklagten als aggressive geschäftliche Handlung im Sinne von § 4a UWG zu subsumieren sei: Soweit es das Verhältnis zu Verbrauchern betreffe, sei in jedem Fall der Rückgriff auf die Verbrauchergeneralklausel des § 3 Abs. 2 UWG möglich, wenn die geschäftliche Handlung, vorliegend als solche die Mahnung, den Tatbestand des § 4a UWG erfülle. Die Verwendung der Klausel „Sorgen sie für eine fristgerechte Zahlung, um Auswirkungen auf ihre Kreditwürdigkeit zu vermeiden“ sei deshalb unlauter, da sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UWG entspreche. Durch die verwendeten Aussagen entstünde der Eindruck, dass die Beklagte ohne weiteres berechtigt sei, die offenen Verbindlichkeiten an die Schufa zu melden. Demnach ergeben sich mögliche Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers nicht erst nach Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens bzw. einer nachfolgenden Zwangsvollstreckung. Indem die Beklagte bereits in ihrem Briefkopf darauf hinweist, Vertragspartner der Schufa zu sein, ergebe sich auch hieraus für den Verbraucher zwanglos die Befürchtung, dass eine Meldung an dieses Unternehmen erfolgen könnte, was der Beklagten entgegen ihrer Auffassung jedoch nicht uneingeschränkt zustünde.
Schufa Meldungen auch nach DSGVO unzulässig
Die Befugnis, Daten von Schuldnern an Auskunfteien zu vermitteln, richtet sich grundsätzlich nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f), Abs. 4 DSGVO. Für diese Übermittlung ist zunächst die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses erforderlich. Zwar stellt die Mitteilung eines säumigen Schuldners an eine Auskunftei ein solch berechtigtes Interesse generell dar, um Informationen über die Bonität der betreffenden Person zu sichern bzw. zu erhalten. Hierbei ist jedoch zusätzlich abzuwägen, inwiefern die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen die Interessen des Datenverwenders im Einzelfall überwiegen (vgl. LG Bonn, Az. 1 O 322/19). Demnach ist festzuhalten, dass Aussagen über die Bonität eines Schuldners nur im Hinblick auf unbestrittene Forderungen getätigt werden können. Dagegen sagt die Nichtzahlung, wie hier im vorliegenden Fall, nichts über die Bonität aus, wenn der Schuldner die Berechtigung der Forderung bestreitet. Darüber hinaus kann die Frage, ob und inwiefern ein solches Bestreiten hinreichend substantiiert ist, nur im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens festgestellt werden, da andernfalls die Gefahr nichtzutreffender subjektiver Bewertungen besteht. Dies macht der vorliegende Fall exemplarisch deutlich.
Landgericht Osnabrück, Urteil vom 29.04.2020, Az. 18 O 400/19