Haftung für unerwünschte E-Mail-Werbung
Das Landgericht Frankenthal entschied mit Urteil vom 10.07.2018, dass ein Unternehmen keine Werbe-E-Mails versenden dürfe, wenn dafür keine ausdrückliche Einwilligung des Empfängers vorliegt.
Wer haftet, wenn eine Werbe-E-Mails ohne Zustimmung versendet wird?
Kläger war ein Rechtsanwalt, Beklagte ein in der Finanzdienstleistung tätiges Unternehmen. Die Beklagte sendete dem Kläger unaufgefordert eine Werbemail zu. In dieser warb sie für die von ihr angebotene Versicherungsvermittlungen. Der Kläger hatte diese Werbung weder bestellt noch in irgendeiner anderen Weise in die Zusendung eingewilligt. Aufgrund dessen mahnte er die Beklagte ab und verlangte Unterlassung. Die Beklagte bot daraufhin eine Unterlassungserklärung durch eine dritte Gesellschaft an, die mit der Werbeversendung beauftragt wurde. Außerdem behauptete sie, dass die E-Mail-Adresse des Klägers auf einer Sperrliste stand. Dem Kläger genügte jedoch die Unterlassungserklärung des dritten Unternehmens nicht; er reichte daher Klage ein.
Auch freie Berufe vom Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt
Das Landgericht Frankenthal entschied, dass der Kläger in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt sei. Hierunter sei alles zu verstehen, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähige. Dieses Recht schütze auch Angehörige freier Berufe und somit auch Rechtsanwälte. Denn auch sie seien durch den Rechtseingriff in ihrer Berufstätigkeit betroffen.
Werbe-E-Mails als erhebliche Belästigung
Das Gericht urteilte, dass die Versendung der E-Mail eine erhebliche, im Ergebnis nicht hinnehmbare Belästigung darstelle. Denn der Kläger müsse Arbeitszeit aufwenden, um die unerwünschte Werbe-Mail auszusortieren. Für einen Rechtsanwalt komme bei der zeitaufwendigen Durchsuchung der E-Mails erschwerend das hohe Haftungsrisiko seiner Berufsgruppe hinzu. Es sei dem Kläger daher nicht möglich, eine Löschung einzelner Mails durchzuführen, ohne diese vorher auf Relevanz zu überprüfen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass ein Werbender mit sehr geringen Kosten E-Mails an eine Vielzahl von Personen gleichzeitig versenden könne. Wäre ein solches Versenden zulässig, würde dies zu einer unübersehbaren Sendeflut führen, da E-Mails bei weitem günstiger seien als die Werbung per Post zu verschicken.
Beklagte als Mitstörerin
Das Gericht entschied, dass die Beklagte für die Zusendung der Werbe-E-Mails als (Mit-)Störerin zu haften habe. Denn grundsätzlich habe auch derjenige als Störer zu haften, der auch ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten beteiligt sei und somit an der Beeinträchtigung mitwirke. Dabei sei es ohne Bedeutung, dass der Versand der E-Mail letztlich auf die (möglicherweise fehlerhafte) Eingabe der E-Mail-Adresse durch ein beauftragtes Unternehmen zurückgehe. Denn es genüge auch die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten. Somit reiche aus, dass die Beklagte an der Schaffung des rechtswidrigen Zustands durch ihre Beauftragung mitgewirkt habe. Sinn und Zweck der E-Mail sei ja gerade auch der Hinweis auf das Angebot der Beklagten gewesen.
Irrtümliche Nutzung von Sperrliste wirkt sich auf Mithaftung nicht aus
Die irrtümliche Nutzung der Mail-Adresse von einer Sperrliste stehe der Haftung nicht entgegen, stellte das Gericht fest. Denn es genüge für die Störerhaftung, dass die Beklagte durch die Beauftragung eines Drittunternehmens überhaupt einen kausalen Beitrag zur Werbeaktionen geleistet habe. Dabei liege auch keine Unterbrechung der Handlungskette vor. Für die Störerhaftung sei es gerade nicht notwendig, dass die Beklagte von der Werbeaktion positive Kenntnis gehabt habe. Daher sei es auch unschädlich, dass die Mailadresse des Klägers nicht durch die Beklagte an das beauftragte Unternehmen weitergeleitet wurde. Dieser strenge Maßstab zur Mitstörerhaftung bei Onlinewerbung fuße auch darauf, die sonst ausufernde rechtswidrige Mailwerbung zu begrenzen. Denn ansonsten würden Werbeunternehmen vermehrt Werbeaufträge an unsorgfältig arbeitende Werbedienstleister auslagern, da potentielle Rechtsverstöße durch diese Auftragnehmer ohne Haftungsrisiko wären. Gerade dies würde einen verstärkten Anreiz setzen, rechtswidrige Werbemaßnahmen durchzuführen.
Auskunftspflicht über die Datenspeicherung
Das Landgericht stellte auch fest, dass dem Kläger ein Auskunftsanspruch darüber zustehe, welche Daten zu seiner Person und Tätigkeit gespeichert seien. Nach dem alten Bundesdatenschutzgesetz (BDSG a.F.) habe die "verantwortliche Stelle" dem Betroffenen auf Verlangen Auskunft über die über ihn gespeicherten Daten zu erteilen. Durch die im Vorfeld des Klageverfahrens per Schriftsatz erfolgte Auskunft habe die Beklagte den Auskunftsanspruch des Klägers bereits erfüllt. Sie habe Herkunft und Empfänger der Daten sowie den Zweck der Speicherung der Daten genannt und auch, an welche Personen diese Daten übermittelt werden.
Landgericht Frankenthal, Urteil vom 10.07.2018, Az. 6 O 322/17