Abmahnung der ATZ GmbH durch Rechtsanwalt Jens Conrad rechtsmissbräuchlich
Nachdem schon das Landgericht Gera eine durch die ATZ GmbH bzw. durch Ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt Jens Conrad aus Zwickau ausgesprochene Abmahnung als rechtsmissbräuchlich ausgeurteilt hatte (wir haben berichtet), konnten wir zwischenzeitlich ein weiteres Missbrauchsurteil für unsere Mandantin gegen die ATZ GmbH, Geschäftsführer Pierre Hartung, vor dem Landgericht Leipzig erstreiten.
Alleine vor dem Landgericht Leipzig machte die ATZ GmbH durch Rechtsanwalt Jens Conrad im Zeitraum vom 09.07.2009 bis 11.03.2010 insgesamt 46 einstweilige Verfügungsverfahren anhängig. Daneben machte die ATZ GmbH in zwei Hauptsacheverfahren wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Gegen weitere 17 Mitbewerber, die auf die Abmahnung der ATZ GmbH hin eine Unterlassungserklärung abgaben, der ATZ GmbH nicht aber die ihr durch die Inanspruchnahme des RA Conrad entstandenen Abmahnkosten erstatteten, erhob die ATZ GmbH Kostenklage.
Das Landgericht Leipzig führt in seinen Entscheidungsgründen aus:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig.
1. Der Klägerin (Anm.: ATZ GmbH) fehlt gemäß § 8 Abs. 4 UWG die Antragsbefugnis in diesem Verfahren, da die Würdigung aller vorgetragenen und gerichtsbekannten Umstände nur den Schluss zulässt, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin nur dazu dient, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen und Kosten entstehen zu lassen. Diese Annahme beruht auf den hierfür sprechenden Indizien, die in der Gesamtschau, auch bei Beachtung entgegenstehender Indizien, keinen anders lautenden Schluss zulassen.
Die nachstehend angegebenen Indizien führen zur Annahme, dass die Klägerin kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung haben kann und deshalb allein oder ganz überwiegend nur ein Gebühreninteresse verfolgt.
Von einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen ist bereits dann auszugehen, wenn die Klägerin kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung haben kann, wobei insoweit die Sichtweise eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers maßgebend ist, dies im Hinblick auf die für einen Außenstehenden erkennbaren Umstände.
Im vorliegenden Fall sprechenden folgende Indizien für einen Rechtsmissbrauch im oben angegebenen Sinne:
- Abmahnwelle im Zeitraum Juni 2009 bis Februar 2010, wobei das Gericht von weit über 65 Abmahnungen seitens der Klägerin ausgeht, da neben den Abmahnungen, die in 63 Fällen beim Landgericht Leipzig streitgegenständlich gemacht wurden, in diesem Zeitraum weit mehr Abmahnungen erfolgt sein dürften, auf die dann eine Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten erfolgte;
- kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse der Klägerin an der Befolgung der Abmahnungen, da die Umstellung der von der Klägerin jeweils gerügten Widerrufsbelehrungen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Mitbewerber der Klägerin keine nennenswerte Vorteile im Wettbewerb bringt. Die Wettbewerbsverstöße seitens der Mitbewerber behindern nicht, jedenfalls nicht feststellbar, den Vertrieb seitens der Klägerin, dies bei Beachtung, dass im Internet mehrere Tausend Anbieter Autoersatzteile vertreiben;
- die Angabe überhöhter Gegenstandswerte für die Berechnung der anwaltlichen Abmahnkosten;
- Missverhältnis zwischen den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin und dem Umfang ihrer Abmahntätigkeit. Das Umsatzvolumen der Klägerin ist hierbei nicht maßgebend. Maßgebend ist vielmehr der Umstand, dass die Klägerin als reine Vertriebsgesellschaft als Vielfachabmahner auftritt, ohne über ihren Umsatz einen nennenswerten Gewinn zu erzielen. Eine Gewinnerzielung ist auch nicht von der Klägerin beabsichtigt, da sie die von ihr vertriebenen Waren von der Pierre Hartung GmbH bezieht, die sie von dieser anscheinend zu annähernd den Verkaufspreisen einkauft. Die Gewinnerzielung aus dem Verkaufsgeschäft der Klägerin ist auf die Pierre Hartung GmbH oder auf ein dahinter stehendes Unternehmen verlagert;
- die Art und Weise der Organisation des Vertriebsgeschäftes der abmahnenden Klägerin, die dazu führt, dass der wirtschaftliche Erfolg der Vertriebstätigkeit der Klägerin bei der Pierre Hartung GmbH eintritt und die Klägerin das wirtschaftliche Risiko trägt, was für die Klägerin wegen der außergerichtlichen und gerichtlichen Abmahn- und Rechtsverfolgungskosten eine potentielle Existenzgefährdung begründet;
- das für die abgemahnten Mitbewerber bestehende wirtschaftliche Risiko, die bei ihnen aufgrund unberechtigter, insbesondere rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen angefallenen Kosten von der Klägerin erstattet zu erhalten, da die Klägerin über kein Vermögen verfügt, in welches eine Vollstreckung Erfolg versprechen würde.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gemäß §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.