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Buchpreisbindung

Gutscheinsystem und Buchpreisbindung


Die Buchpreisbindung gehört zu den ältesten wirtschaftlichen Reglungen überhaupt in Deutschland. Sie wurde von Adolf Kröner, dem damaligen Vorsitzenden des Börsenvereins des deutschen Buchhandels (damals noch Börsenverein deutscher Buchhändler) 1888 ersonnen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten sich die beiden Zentren des Buchhandels, Berlin und Leipzig, einen so ruinösen Rabatt-Wettbewerb geliefert, dass daran der ganze Buchhandel in Deutschland zu Grunde zu gehen drohte. Kleine Buchhandlungen drohten zu verschwinden, der hoch rabattierte Versandhandel blüte. Zwar hatten die damaligen Vereinbarungen noch keine Gesetzeskraft, aber das hat sich im Laufe der Jahrzehnte geändert.
Heute beschäftigen sich Gerichte immer wieder mit Verstößen gegen die Buchpreisbindung, wie etwa im jüngsten Fall. Ein Buchhändler kam auf die scheinbar brillante Idee, Bücher nicht etwa billiger zu verkaufen, sondern, ab einen Verkaufswert von 20 Euro, Fünf-Euro-Gutscheine auszugeben. Der Clou dabei war, dass diese Gutscheine nicht etwas von seiner Buchhandlung, sondern von einem ganz anderen Unternehmen finanziert wurden, nämlich von einem Internetbezahlsystem, das sich durch diese Aktion einen hohen Werbeeffekt erhoffte. Damit schien die Sache perfekt:
Der Käufer bezahlt genau den gebundenen Preis, Verlag und Autor erhalten ihren Preis und ihre Tantiemen und der Dritte im Bunde hatte sein Geld in eine gut funktionierende und lukrative Werbung gesteckt. So weit so gut. Doch die Abmahnung folgte auf dem Fuß. Der Rechtsstreit ging durch mehrere Instanzen. Das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main fand dann die Idee fand nicht mehr so brillant, sondern sah darin nur den Versuch, die Buchpreisbindung zu unterlaufen (Az. 11 U 20/12).

Als die Buchpreisbindung 1888 eingeführt wurde, geschah das unter anderem mit der Begründung, dass Vielfalt und Qualität des Buchhandels nur dann gewährleistet seien, wenn Bücher überall zu einem einheitlichen Preis verkauft würden. Genau darauf bezog sich auch das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main. Das Gericht bewertet in seiner Urteilsbegründung, „die Werbung als ein Element des Preiswettbewerbs zwischen den Buchhandlungen, welcher gerade durch die Einführung der Buchpreisbindung verhindert werden soll, da andernfalls ein Niveauverlust (u.a. bezogen auf Titel- und Händlervielfalt) befürchtet wird.“ Zweck der Preisbindung sei die Sicherung eines leistungsfähigen Marktes für Verlagserzeugnisse und die Förderung des Buchs als Kulturgut außerdem solle sie vielfältige, gleichmäßige und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit dem Kulturgut Buch soll gewährleistet werden.

Aus dieses Sätzen lässt sich Erkennen, dass die Buchpreisbindung in den 124 Jahren ihres Bestehens nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat. Allerdings sind heute durch Internet, E-Books und Hörbücher die Anforderungen neu und ganz andere geworden. In Kern jedoch, so argumentieren die Frankfurter Richter, hat sich an Sinn und Zweck der Buchpreisbindung nichts geändert. Im Gegenteil, das Gericht sieht Vielfalt und flächendeckende Versorgung mit dem Kulturgut Buch heute noch deutlich gefährdeter als zu Kaisers Zeiten: „Da die Struktur einer derartigen Gutscheinaktion an das Vorliegen einer größeren Vertriebsorganisation gebunden ist, würde die Zulässigkeit derartiger Aktionen zu einer Verschiebung des Marktes zu Lasten der kleineren Buchhändler führen“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Auch den Aspekt der Werbung sah sich das Oberlandesgericht etwas genauer an. Schließlich habe der Anbieter des Online-Abrechnungssystems, der die Gutscheine herausgab nicht etwa aus altruistischen Gründen Menschen mit Buchgutscheinen versorgt, sondern es ging ihm natürlich ums Geschäft und darum seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen. So geht es aber aus Sicht der Richter nicht. Immerhin habe das Unternehmen so einen geldwerten Vorteil erhalten. Im Urteil heißt es:

„Die Zahlung der EUR 5,00 an die Beklagte stellt sich damit zu einem nicht unerheblichen Teil als Entgelt für die ihr überlassene Werbemöglichkeit dar. Es wäre insoweit jedenfalls Aufgabe der Beklagten gewesen, im Einzelnen darzulegen, aus welchen Tatsachen hier folgen sollte, dass die Zahlung der X -AG dennoch allein auf den Buchpreis erfolgte. Daran fehlt es.“

Grundsätzlich schließt das Gericht Buchgutscheine nicht aus. Entscheidend ist allerdings die Art und Weise. Im Endeffekt geht es darum, dass irgendjemand den vollen gebundenen Buchpreis bezahlt und dass das für den Endkunden dann auch klar und deutlich ersichtlich ist und er sich nicht unwissentlich zum Werbegehilfen desjenigen macht, der einen Gutschein ausgibt.

Entscheidend ist aber in jedem Fall immer eines, und das hat auch das OLG Frankfurt am Main sehr deutlich gemacht: Jede Art von Gutscheinsystem muss mit Sinn und Zweck des Buchpreisbindungsgesetz in Einklang stehen. Alles, was dazu führen könnte – und da reicht offensichtlich schon der kleinste Anschein - das den flächendeckenden Vertrieb oder die Qualität des Kulturgutes Buch einschränken könnte, wird derzeit von deutschen Gerichten immer kassiert werden. Auf der anderen Seite heißt das allerdings auch für Buchhändler, die eine solche Aktion planen – mit welchen Partner auch immer – dass sie stets auch der Gefahr unterliegen, abgemahnt zu werden. Gutscheinaktionen müssen demnach nicht nur minutiös geplant, sondern rechtlich auch sauber abgesichert werden, sonst könnte der geplante Effekt schnell nach hinten los gehen.

Im Zweifelsfall kann so etwa sehr, sehr teuer kommen. Wie teuer, darüber gibt ebenfalls das Urteil des OLGs in Frankfurt Aufschluss. Dem Beklagten wird es darin auferlegt, alles zu unterlassen, was die Buchpreisbindung unterlaufen würde und insbesondere das monierte Gutscheinsystem einzustellen. Sollte er es nicht tun, droht das Gericht mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 125.000 Euro. Von diesem Geld lassen sich eine Menge Bücher kaufen.


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