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Preisangabe USt-befreiter Photovoltaik-Produkte

Landgericht Gießen, Beschluss vom 24.03.2023, Az. 8 O 3/23


Preisangabe USt-befreiter Photovoltaik-Produkte

Das Landgericht Gießen beschloss am 24.03.2023, dass die PAngV nicht verletzt werde, wenn bei Google Shopping umsatzsteuerbefreite Photovoltaik-Produkte nur mit dem Nettopreis angegeben werden. Dies gelte, weil für viele private Interessenten gesetzlich eine Umsatzsteuerbefreiung eingreife und im Online-Shop Details zur Befreiung nachlesbar seien.

Nettopreis oder Bruttopreis?
Beide Parteien vertrieben u.a. Batteriespeicher für Photovoltaikanlagen. Die Antragsgegnerin bewarb ihre Produkte in ihrem Online-Shop sowie über Google Shopping. Interessierte wurden durch Klicken auf die Anzeige bei Google Shopping auf ihren Online Shop weitergeleitet. Bei Google Shopping wies die Antragsgegnerin den Preis als Nettopreis ohne Umsatzsteuer aus. Allerdings war dieser Umstand aus der Anzeige heraus nicht erkennbar. In ihrem Online Shop wiederum befand sich bei der Preisangabe ein Link mit dem Text "Befreiung der USt", gefolgt von einem kleinen "i" im Kreis. Wurde dieser Link angeklickt, erfolgte die Information, dass der Artikel von der MwSt befreit ist. Die Umsatzsteuerbefreiung bezog sich gesetzlich gem. § 12 Abs. 3 UStG im Wesentlichen auf Komponenten kleinerer Photovoltaikanlagen für den privaten Gebrauch. Die Antragstellerin hielt die Nettopreisangabe auf Google Shopping für unlauter. Sie war der Meinung, dass für Interessenten nicht erkennbar sei, dass es sich um Nettobeträge handele. Diejenigen, für die die Umsatzsteuerbefreiung nicht gelte, würden von einem Bruttopreis und damit von einem Angebot ausgehen, das günstiger erscheine, als es tatsächlich ist. Daher beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Antragsgegnerin brachte vor, dass Google Shopping aus technischen Gründen nicht genügend Platz für eine detaillierte Preisinformation habe.

Fehlender Platz von detaillierten Preisinfos kein Argument
Das Landgericht Gießen entschied, der Antrag sei nicht begründet. Zwar würde der Umstand, dass Google Shopping nicht genügen Platz für detaillierte Preisinformationen bieten, keine rechtswidrige Preisangabe rechtfertigen. Bietet eine Plattform keinen Raum für rechtmäßiges Handeln, dürfe sie schlicht nicht genutzt werden.

Nettopreis verstößt ausnahmsweise nicht gegen PAngV
Allerdings sei die Angabe auf Google Shopping nicht rechtwidrig, so das Gericht. Insbesondere stelle sie keinen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) dar. Auch sei sie sonst weder irreführend noch unlauter. Zwar seien Unternehmen nach der PAngV zur Angabe des Gesamtpreises verpflichtet, wenn sie Waren gegenüber Verbrauchern anbieten. Lasse sich jedoch ein Gesamtpreis aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles nicht im Voraus einheitlich berechnen, könne vom Gesamtpreiserfordernis eine Ausnahme gemacht werden. Eine solche Ausnahme liege hier vor.

Gesamtpreis bei privater und gewerblicher Verwendung uneinheitlich
Das LG befand, dass für eine Vielzahl von Interessenten an Photovoltaikanlagen-Komponenten eine Umsatzsteuerbefreiung in Betracht komme. Für diese sei alleinig der umsatzsteuerbefreite Preis interessant, da sie nur diesen Preis zahlen müssten. Die Angabe des Bruttopreises könne einen höheren Preis suggerieren, als er im Ergebnis von einem großen Kreis von Interessenten zu entrichten wäre. Damit wäre eine Bruttopreisangabe ähnlich irreführend wie die Nettopreisangabe. Der Schutz des Verbrauchers, dem die Vorschriften der PAngV in erster Linie dient, gebiete daher in diesem Fall keine Angabe eines Bruttopreises.

Nettopreis fördert Interesse an erneuerbaren Energien
Das Gericht sah aber noch einen weiteren Aspekt für ausschlaggebend. Denn die Umsatzsteuerbefreiung diene auch dazu, Kauf und Nutzung von Photovoltaikanlagen zu fördern und damit zur Erhöhung der Quote an erneuerbaren Energien sowie zum Klimaschutz beizutragen. Dieser Förderungszweck könne umso besser erzielt werden, je mehr umsatzsteuerbefreite Interessenten auf die Steuerermäßigung hingewiesen werden. Dies könne auch gerade durch die Angabe des maßgeblichen Nettopreises geschehen.

Einzelheiten in Online-Shop angegeben und nachlesbar
Ein in Einzelfällen nicht auszuschließender Anlockeffekt müsse angesichts dieser übergeordneten Erwägungen hingenommen werden, so das LG weiter. Gleiches gelte für mögliche Fehlvorstellungen über die preisliche Zusammensetzung auf Google Shopping. Diese Interessenabwägung gelte umso mehr, weil die Antragsgegnerin in ihrem Online Shop die Einzelheiten der Umsatzsteuerbefreiung ausreichend verständlich dargelegt habe. Damit könne sich der potentiell Interessierte vor der endgültigen Kaufentscheidung Gewissheit über den zu zahlenden Kaufpreis verschaffen.

Landgericht Gießen, Beschluss vom 24.03.2023, Az. 8 O 3/23


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