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Abmahnung "Streaming"

Urheberrechtliche Abmahnungen wegen dem "Streamen" von Filmen?


Urheberrechtliche Abmahnung bei On-Demand-Streaming

Die Kanzlei U + C Rechtsanwälte URMANN+COLLEGEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH überrascht  uns diese Woche mit einer urheberrechtlichen Abmahnung

Bei einem ersten Blick auf diese Abmahnung der Firma The Archive AG, Blumenweg 3a, 8303 Bassersdorf, Schweiz, mag man zunächst denken: „Wieder eine Filesharing- Abmahnung“. Doch bei genauerem Hinsehen wird schnell klar, dass die Firma The Archive AG nicht die „klassische Urheberrechtsverletzung“ durch die Verwendung eines Filesharing- Clients zur Abmahnung bringt, sondern die Verletzung von Urheberrechten durch das Streamen eines Films der „Erwachsenenunterhaltung“. 

In der Abmahnung lässt die Firma The Archive AG durch die Kanzlei U + C Rechtsanwälte ausführen: 

„Gegenstand unserer Beauftragung ist eine von Ihrem Internetanschluss aus begangene Urheberrechtsverletzung an dem Werk "Dream Trip". Unserer Mandantin steht das ausschließliche Recht zu, dieses Werk zu vervielfältigen (§§ 16, 94 f. UrhG). Dieses Recht wurde durch das Streamen des betreffenden Werkes über Ihren Internetanschluss verletzt.

Folgende Daten konnte die seitens unserer Mandantschaft beauftragte Ermittlungsfirma feststellen und beweissicher dokumentieren:

 Abmahnung Streaming Daten

Hierbei ist zunächst einmal auffällig, dass der in der Abmahnung genannte Link nicht auf das in der Abmahnung genannte Werk "Dream Trip" verweist, sondern auf einen Film mit dem Titel „Emma Mae Adult Supervision

Abmahnung Streaming 1

Der Titel "Dream Trip" ist auf der Videoplattform redtube.com nicht auffindbar.

Abmahnung Streaming 2

Weiter wird als Uploader des Films „Emma Mae Adult Supervision“ ein User Namens „grimrist“ angegeben.

Abmahnung Streaming 3

Völlig ungeachtet dieser Tatsachen und ohne weitere Erklärungen hierzu ist in dem Abmahnschreiben der Firma The Archive AG durch die Kanzlei U + C Rechtsanwälte Bezug weiter zu lesen:

„1. Unsere Mandantin hat daher vor dem Landgericht Köln Ihren Internet-Service-Provider gemäß § 101 Abs. 9 UrhG auf Auskunft in Anspruch genommen. Das Landgericht hat für diesen Vorfall sowohl die Rechtsinhaberschaft als auch die ordnungsgemäße Erfassung der Rechtsverletzung und Funktionsweise der Ermittlungssoftware bejaht. In dem Beschluss mit dem Aktenzeichen 233 0 173/13 wurde Ihrem Internetserviceprovider die Herausgabe Ihrer Daten gestattet.“

Weiter wird dem Empfänger der Abmahnung – mit völliger Selbstverständlichkeit – erklärt:

„2. Die beim Streamen des genannten Werkes technisch notwendige Zwischenspeicherung stellt ein Vervielfältigen nach § 16 UrhG dar und steht ausschließlich dem Urheber bzw. dem Rechteinhaber zu. Hierfür spielt es keine Rolle, ob das Werk dauerhaft oder nur vorübergehend gespeichert wird. Eine rechtmäßige Nutzung der Raubkopie (§ 44a UrhG) ist ohne Genehmigung des Urhebers nicht möglich (vgl. AG Leipzig, Urteil vom 21.12.2011 - Az. 200 Ls 390 Js 184/11). Eine erlaubte Vervielfältigung zum privaten Gebrauch (§ 53 UrhG) kommt hier von vornherein nicht in Betracht, da eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet worden ist. Daher hat unsere Mandantschaft gegen Sie einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz (§ 97 UrhG). Weiterhin hat unsere Mandantschaft gegen Sie den Anspruch auf Vernichtung aller bei Ihnen noch befindlichen rechtswidrigen Kopien (§ 98 UrhG).“

Die Frage, ob man bei einer Internetplattform, die besonders Hervorgehoben mit den Worten „Free“, etc. wirbt, tatsächlich von „offensichtlich“ rechtswidrig hergestellten Vorlagen ausgehen muss, wird in der Abmahnung natürlich nicht weiter thematisiert. Stattdessen begeben sich die U+C Rechtsanwälte sodann wieder auf gewohntes Terrain und schwadronieren:

„3. Aufgrund der Zuordnung der oben bezeichneten IP-Adresse zu Ihrem Internetanschluss besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Inhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Dies hat der Bundesgerichtshof jüngst in seiner Morpheus-Entscheidung am 15.11.2012 bestätigt (Az. I ZR 74/12). Als Anschlussinhaber müssen Sie sich auch das Verhalten Dritter zurechnen lassen. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.05.2010 (Az. I ZR 121/08) entschieden, dass der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLAN-Anschlusses adäquat kausal für Urheberrechtsverletzungen ist, die unbekannte Dritte unter Einsatz dieses Anschlusses begehen. Im Rahmen der sekundären Darlegungs- und Beweislast ist von Ihnen darzulegen und zu beweisen, dass ausreichende Sicherungsmaßnahmen getroffen wurden. Als Anschlussinhaber haften Sie daher zivilrechtlich für die Rechtsverletzung. Die unerlaubte Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke wird gemäß § 106 UrhG zudem mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bestraft.“

Als wäre auch dies eine Selbstverständlich, halten die U+C Rechtsanwälte dem Empfänger der Abmahnung also vor, dass er in jedem Falle als Anschlussinhaber (sog. Störer) für die angebliche Rechtsverletzung hafte. Ob sich die Grundsätze der Anschlussinhaberhaftung, die für Filesharing-Abmahnungen durchaus gelten können, aber auch auf das Streamen anwenden lassen, wird in der Abmahnung natürlich in keiner Weise thematisiert. Offensichtlich versuchen die U+C Rechtsanwälte dies durch Hinweise auf eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren zu kompensieren und hierdurch den Empfänger der Abmahnung zu beeindrucken.

Ungeachtet dessen stellt sich dann noch die weitere Frage, auf welchem Wege die Firma The Archive AG Kenntnis von der IP-Adresse des Empfängers der Abmahnung erlangt haben will.

Der Empfänger der Abmahnung wird anschließend zur Entfernung des Films von seinem Computer (was wohl beim Streaming schon denknotwendig unmöglich sein dürfte) und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

„1. Namens und in Vollmacht unserer Mandantin fordern wir Sie hiermit auf, die gegebenenfalls noch vorhandene rechtswidrige Kopie unverzüglich von Ihrem Computer zu entfernen. Weiter fordern wir Sie auf zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr eine Unterlassungserklärung gegenüber unserer Mandantin abzugeben, für deren Eingang in unserer Kanzlei eine Frist bis spätestens

[Datum]

notiert wurde. Die Unterlassungserklärung muss hier im Original mit Unterschrift vorliegen. Eine Kopie oder eine Übermittlung per Telefax ist nicht ausreichend. Die Unterlassungserklärung muss ausreichend strafbewehrt, unbedingt und unwiderruflich sein. Ein entsprechender Formulierungsvorschlag mit einer Vertragsstrafenregelung nach dem gängigen Hamburger Brauch ist in der Anlage beigefügt. Sofern Sie beabsichtigten, diesen abzuändern (§ 97 a Abs. 2 Nr. 4 UrhG), weisen wir darauf hin, dass nur eine Unterlassungserklärung mit einer ausreichenden Vertragsstrafe die Wiederholungsgefahr beseitigt. Im Falle von Änderungen der Unterlassungserklärung tragen Sie das Risiko, dass diese von uns nicht akzeptiert wird.“

Sodann macht die Firma The Archive AG durch die Kanzlei U + C Rechtsanwälte einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Abgemahnten in Höhe von 250 EUR geltend. Hierzu ist in dem Abmahnschreiben zu lesen:

„Gemäß § 97a Abs. 3 UrhG besteht weiterhin ein Kostenerstattungsanspruch gegen Sie. Sie haben unserer Mandantin den durch die unerlaubte Verwertung entstandenen Schaden zu ersetzen, den wir hier mit 15,50 € beziffern. Weiterhin haben Sie die Kosten der Ermittlungsfirma zur Feststellung der Rechtsverletzung, die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Landgericht Köln und die anteiligen Aufwendungen, die Ihrem Provider gemäß § 101 Abs. 2 UrhG zu erstatten waren zu ersetzen. Hierfür sind 65,00 € anzusetzen. Die erstattungspflichtigen Kosten unserer Inanspruchnahme bemessen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und werden wie folgt beziffert:

Abmahnung Streaming Kosten

Insbesondere, wie sich die Pauschale in Höhe von 65 EUR für die angeblichen „Aufwendungen für die Ermittlung der Verletzung“ zusammensetzt, bleibt in dem Abmahnschreiben völlig unklar.

Aber auch in rechtlicher Hinsicht stellen sich viele Fragen, auf die an dieser Stelle lediglich kurz eingegangen werden kann.

Bei dem hier beanstandeten Streaming spricht man von dem sog. On-Demand-Streaming. Im Gegensatz zum sog. Live-Streaming findet zwangsläufig eine Datenspeicherung im Arbeitsspeicher des Internetnutzers statt. Auch kann dabei in der Regel beliebig vor- und zurückgespult werden, das Bild/der Film angehalten oder zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Betrachtung begonnen werden. Zudem werden die Daten regelmäßig in einem Puffer, bspw. im Cache des Internetbrowsers des Betrachters, zwischengespeichert. Sämtliche Speicherungen erfolgen jedoch in der Regel lediglich temporär, werden also automatisch gelöscht oder überschrieben, wenn bspw. der Speicher voll, der Browser wieder geschlossen oder der Computer heruntergefahren und ausgeschaltet wird.

Nun ist fraglich, ob dieser Vorgang überhaupt eine Urheberrechtsverletzung durch den Internetnutzer, der den Film streamt, begründen kann.

Durch die Zwischenspeicherung wird grundsätzlich eine digitale Kopie erstellt – also eine Vervielfältigung im Sinne von § 16 Urhebergesetz (UrhG). In dieser Vorschrift heißt es:

§ 16 UrhG - Vervielfältigungsrecht

(1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.

(2) Eine Vervielfältigung ist auch die Übertragung des Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen (Bild- oder Tonträger), gleichviel, ob es sich um die Aufnahme einer Wiedergabe des Werkes auf einen Bild- oder Tonträger oder um die Übertragung des Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen handelt.“


Dieses Vervielfältigungsrecht steht nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UrhG aber grundsätzlich nur dem Urheber zu, der wiederum Nutzungsrechte auf Dritte übertragen könnte. 

Allerdings könnte dieser Grundsatz eine Einschränkung durch § 53 UrhG erfahren, soweit es dort heißt:

§ 53 Abs. 1 UrhG - Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch

Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt.“


Mit anderen Worten
: Vervielfältigungen, also auch die digitalen Kopien durch das Cachen, Puffern, Zwischenspeichern, etc. sind für den privaten Gebrauch grundsätzlich zulässig. Aber Achtung: Dies gilt (ebenfalls nach dieser Vorschrift) aber dann nicht mehr, wenn eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. 

In dem konkreten Fall lässt sich somit bereits an dieser Bestimmung anknüpfen und die Frage aufwerfen, ob der Empfänger der Abmahnung wirklich davon ausgehen musste, dass es sich bei dem über die Plattform redtube.com angebotenen Filmmaterial tatsächlich stets um „offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlagen“ handelt. Die mehrfache Verwendung des Wortes „free“ oder des Schlagwortes „Redtube – Home of free po.. videos“ könnte vielmehr suggerieren, dass die dort angebotenen Filme tatsächliche zur freien Betrachtung zur Verfügung stehen – sie also „free“ sind. Unseres Erachtens ist das Gegenteil jedenfalls alles andere als „offensichtlich“ im Sinne von § 53 Abs. 1 UrhG. Gegen die Offensichtlichkeit und damit für das zulässige Betrachten der Filme spricht weiter eine geradezu inflationäre Überflutung des Internets mit kostenlosen Angeboten aus dem Bereich der „Erwachsenenunterhaltung“, dies oftmals in Form von sog. Teasern, um Interessenten zu kostenpflichtigen Angeboten zu locken.

Aber glücklicher Weise muss an dieser Stelle noch nicht stehen geblieben werden. Es gibt nämlich eine weitere Bestimmung im Urhebergesetz, die dem Empfänger der Abmahnung weiterhelfen kann, nämlich § 44a UrhG. Dieser lautet wie folgt:

„§ 44a Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen

Zulässig sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,

1. eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder

2. eine rechtmäßige Nutzung

eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.“


Weil die Ablage des Films lediglich im Cache, Arbeitsspeicher (RAM) oder Puffer erfolgt, dürfte wohl allenfalls eine solche vorübergehende/temporäre Vervielfältigungshandlung vorliegen, die flüchtig oder begleitend ist.

Was einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen soll, ist leider nicht eindeutig definiert. Ausgehend von Sinn und Zweck der Vorschrift des § 44a UrhG kann man allerdings die Meinung vertreten, dass urheberrechtsfrei nur solche Vervielfältigungen sein sollen, die im Zuge einer digitalen Werknutzung erfolgen und die nicht auf einer selbstständigen, von dieser unabhängigen technischen Grundlage oder auf einem zusätzlichen Programmfeature beruhen. Integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sind auch diejenigen vorübergehenden Vervielfältigungen, die das Verfahren einleiten und abschließen und zwar selbst dann, wenn dabei Menschen mitwirken (Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 44a Rn. 6 mit Verweis auf EuGH Rs C-302/10, Slg 2012 I-0000 Tz 39 – Infopaq II: Datenerfassungsverfahren mit manueller Einleitung).

Vor diesem Hintergrund vertreten wir in dem uns vorliegenden Fall die Rechtsauffassung, dass das Kopieren (Vervielfältigen) bei dem hier konkreten On-Demand-Streaming einen integralen und wesentlichen Teil des technischen Verfahrens darstellt.

Allerdings hängt die Zulässigkeit nach § 44a UrhG u.a. auch noch davon ab, ob deren alleiniger Zweck eine rechtmäßige Nutzung ist. Hierbei kommt es dann wieder darauf an, ob die einzelnen Vervielfältigungen nach § 53 UrhG (siehe oben) zulässig sind.

Bejaht man die Zulässigkeit nach § 53 UrhG dürfte nach der von uns in diesem konkreten Falle vertretenen Auffassung auch eine Zulässigkeit des On-Demand-Streamings aus § 44a UrhG folgen.

Von weiterer entscheidender Bedeutung ist sodann noch die Frage, ob überhaupt ein urheberrechtlich relevantes Verhalten vorliegt oder es vielmehr an einem schutzfähigen Werk fehlt. Beim Streaming ist dabei entscheidend, ob die jeweils im Cache temporär gespeicherten Filmeteile ihrerseits bereits eine persönliche geistige Schöpfung darstellen (EuGH Rs C-403/08 Tz 157 – Football Association Premiere League). 

Letztlich von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch eine Entscheidung des Landgerichts München (LG München, Beschluss vom 29.05. 2013, Az. 7 O 22293/12), die hinsichtlich zweier Filme der Erwachsenenunterhaltung zu dem Ergebnis gelangt, dass diese beiden Filme weder als Filmwerk noch als Laufbilder urheberrechtlich geschützt seien. Dort ging es u.a. um einen 7 Minuten und 43 Sekunden lange Film, der – so das Landgericht wörtlich – „lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise“ zeige.

Damit kann man wohl zu Recht zu dem Ergebnis gelangen, dass derartige Abmahnungen aus dem Hause der U + C Rechtsanwälte in jeder Hinsicht vielerlei Fragen aufwerfen, die den Abgemahnten große Chancen und Möglichkeiten bieten, sich mit Erfolg gegen die Abmahnung zu verteidigen. 

Ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein urheberrechtlich geschütztes Werk vorliegt und ob ein Anschlussinhaber für solche Streaming-Vorgänge als Störer haftet, sofern das Streaming bloß (ohne seine aktive Beteiligung) über seinen Internetanschluss begangen worden ist, betrachten wir das Streaming in diesem konkreten Fall als zulässige Vervielfältigungshandlung, das schon deshalb (ungeachtet der Sach- und Rechtslage im Übrigen) keine Urheberrechtsverletzung begründet.

Tatsache ist allerdings ebenfalls, dass sich diese Rechtsfragen sicherlich auch anders beantworten lassen. Es kommt daher – wie immer – auf den Einzelfall an, sodass Sie bei Erhalt einer solchen Abmahnung keinesfalls den Weg zum Rechtsanwalt scheuen sollten, um sich individuell beraten zu lassen und hierdurch unnötige Kosten und Risiken zu vermeiden.

Die Kanzlei U + C Rechtsanwälte hat im Zusammenhang mit Abmahnungen und dem Fehlschlag ihres angedachten Pornoprangers in der Vergangenheit bereits mehrfach für Aufsehen gesorgt.

Update 06.12.2012
: Derzeit liegen uns Abmahnung der für folgende "Werke" vor, an denen die Firma The Archive AG die angeblichen Rechte inne haben soll:

„Dream Trip" 
„Miriam’s Adventures“
„Amanda’s secrets“
„Hot Stories“
„Glamour Show Girls“

Update 08.12.2013
: Mit der steigenden Anzahl der Abmahnungen erreichen auch die Spekulationen zu der Frage, wie die Firma The Archive AG an die betroffenen IP-Adressen gelangt ist, neue Dimensionen. Da nicht davon auszugehen ist, dass die Kanzlei Urmann und Collegen hierüber freiwillig Auskunft gibt, erhoffen wir uns derzeit Aufschluss zu dieser Frage durch die bereits vor Tagen beantragte Akteneinsicht beim Landgericht Köln in dem Auskunftsverfahren zum Aktenzeichen 233 0 173/13. 

An Spekulationen einiger Kollegen über den Einsatz von Computerviren oder "gehackten Servern" möchten wir uns derzeit nicht beteiligen. Anhaltspunkte für derartige Vorgänge ergeben sich aus den unzähligen uns vorliegenden Abmahnungen nicht. Auch dass die Streaming-Plattform redtube.com die Daten selbst an die Abmahnerin herausgegeben hat, halten wir aus mehreren Gründen für unwahrscheinlich.  Zum einen ist davon auszugehen, dass sich ein solch laxer Umgang mit Nutzerdaten seitens der Streaming-Plattform redtube.com auf deren „Renommee“ durchschlagen wird. Ungeachtet dieses Umstandes müsste sich die The Archive AG aber auch die Frage im Falle einer Zusammenarbeit mit der Streaming-Plattform redtube.com gefallen lassen, warum denn die streitgegenständlichen Videos auch heute noch auf redtube.com abrufbar sind. Aus unserer Sicht kann es nicht angehen, dass auf einer Streaming-Plattform Videos unberechtigt eingestellt sind und der angebliche Rechteinhaber zwar die entsprechenden Daten vom Betreiber dieser Streaming-Plattform übermittelt bekommt, jedoch die ihm ganz offensichtlich bekannten und dem Abmahnschreiben nach so gewichtigen Verletzungen seiner Rechte nicht zur Beseitigung bringt. Für einen Rechteinhaber, der mit einem Portal in der Form kooperiert, dass er benutzerbezogene Daten abgreifen kann, dürfte die Entfernung der rechtswidrig eingestellten Videos doch kein Problem sein? Aus diesen Gründen sind die Spekulationen um eine Zusammenarbeit zwischen Streaming-Plattform und The Archive AG doch eher fernliegend.

Vermutlich liegt die Antwort auf dieser Frage, wie oftmals, näher.

Eine weitere Möglichkeit, auf die wir seitens unserer IT-Spezialisten hingewiesen wurden, könnte darin liegen, dass die The Archive AG auf der streitbefangenen Streaming-Plattform Werbung bucht. Im Rahmen dieser Werbung würde dann quasi durch die Werbeanzeige der Referrer sowie die IP-Adresse protokolliert. Eine derartige Erfassung von „Informationen zu nutzungsbasierter Online-Werbung“ dürfte zwischenzeitlich zum Standard gehören. Erfasst werden hierbei Informationen über die Aktivitäten der einzelnen Nutzer auf den so vermarkteten Websites (z.B. Surfverhalten, besuchte Unterseiten der Internet-Angebote, geklickte Werbebanner, etc.). Auch Einschränkungen auf deutsche IP-Nummern sind hierbei möglich.

Eine weitere Möglichkeit die IP-Adressen der Nutzer abzugreifen könnte sein, dass die entsprechenden Videos nicht auf der Streaming-Plattform redtube.com selbst sondern auf einer Drittseite, auf die die Firma The Archive AG wiederum Zugriff hat, gespeichert sind. In diesem Szenario wäre es mit vertretbarem technischen Aufwand ebenfalls möglich herauszufinden, bei welchem Nutzer unter welcher IP-Adresse das betreffende Video von der Drittseite auf die Streaming-Plattform redtube.com „zugeladen“ wurde.

In jedem Fall muss die IP-Adressenermittlung jedoch seitens der Firma The Archive AG beweissicher geführt werden und einer gerichtlichen und somit auch gutachterlichen Überprüfung standhalten. Geht man hierbei von den Anforderungen aus, die Gerichte an die Protokollierungsverfahren bei Filesharing- Abmahnungen gestellt haben, ist davon auszugehen, dass die Firma The Archive AG spätestens in einem gerichtlichen Verfahren bei Bestreiten der Fehlerfreiheit der IP-Adressenermittlung die genauen Vorgänge der Ermittlung der IP-Adresse offen legen und deren Richtigkeit beweisen müsste. 

Die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung

Wenn der Empfänger einer derartigen Abmahnung der Firma The Archive AG mit dem Gedanken spielen sollte, eine Unterlassungserklärung an die Kanzlei Urmann und Collegen  zu übersenden, raten wir dringend davon ab, den mit der Abmahnung übersandten Entwurf der Kanzlei Urmann und Collegen zur Unterschrift zu bringen.  Hierzu im Einzelnen:

Unterlassungserklärung The Archive AG

1. Soweit hier auf das „urheberrechtlich geschützte Werk“  Bezug genommen wird, fangen die Probleme bereits an. Das beanstandete Video wird in der Abmahnung zwar mit einem konkreten Titel bezeichnet. In den uns vorliegenden Abmahnungen lauten die Bezeichnungen der Videos auf der Streaming-Plattform redtube.com jedoch nicht so. Die Verwirrung ist perfekt – denn wer kann schon sagen, in Bezug auf welches Werk (welchen konkreten Film) er sich nun zur Unterlassung verpflichtet hat. Das Unterlassungsversprechen ist jedoch der Kerngehalt einer solchen Unterlassungserklärung und sollte daher so konkret und eng wie möglich gefasst sein. Schließlich muss sich der Unterzeichner an dieser vertraglichen Vereinbarung ein Leben lang festhalten lassen.

Die Gefahren sind immens:  Man stelle sich vor, der Internetuser klickt z.B. auf einen Werbebanner auf einer ganz gewöhnlichen Internetseite. Dieser Banner lässt nicht darauf schließen, dass eine Weiterleitung auf das Video erfolgt, in Bezug auf das sich der User zur Unterlassung verpflichtet hat. Tatsächlich leitet dieser Link des Werbebanners (nach Umleitungen) aber gerade auf dieses Video. Die IP- Adresse wird wieder geloggt, das Auskunftsverfahren vor dem LG Köln geht wieder durch, die Adressen werden abgeglichen, und schon landet die Aufforderung zur Zahlung einer Vertragsstrafe im Briefkasten des Users.

2. Weiter soll sich der Abgemahnte dazu verpflichten, das beanstandete Werk  nicht mehr im Rahmen von Streaming im Internet zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen.  Angenommen der Unterzeichner der Unterlassungserklärung wäre auf einem (kostenpflichtigen) Videoportal angemeldet, das über die entsprechenden Rechte seitens der Firma The Archive AG an dem konkreten Video verfügt. Würde der Abgemahnte die Unterlassungserklärung, wie von der Kanzlei Urmann und Collegen  vorgelegt, unterzeichnen, dürfe er auch dann das Video nicht streamen.

3. Es besteht zudem kein Anspruch der Firma The Archive AG darauf, den Betrag in Höhe von 250 EUR mit in die „Unterlassungerklärung“ aufzunehmen. Vielmehr wird hier durch die Kanzlei Urmann und Collegen versucht, den Anspruch auf Kostenerstattung auf eine vertragliche Ebene zu heben. Wäre dieser Betrag ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nur zu erstatten, wenn die Kosten tatsächlich angefallen und die Abmahnung berechtigt wäre, was diesseits in Zweifel gezogen wird (s.o.), hat sich der Abgemahnte im Falle der unveränderten Unterzeichnung der Unterlassungserklärung gegenüber  der Firma The Archive AG verpflichtet, den Betrag in Höhe von 250 EUR an diese zu bezahlen; unabhängig davon ob der angebliche Verstoß jemals stattgefunden hat und die Abmahnung aus tatsächlicher und rechtlicher Sicht berechtigt war.

Update 09.12.2013: Eine Hintergrundrecherche: Am 08.11.2013 wurde das Handelsregister des Kantons Zürich in Bezug auf die  The Archive AG wie folgt geändert:

„The Archive AG, in Bassersdorf, CH-020.3.036.349-0, Aktiengesellschaft (SHAB Nr. 69 vom 11.04.2013, Publ. 7142760).
Eingetragene Personen neu oder mutierend: Reichert Ralf, deutscher Staatsangehöriger, Offenbach am Main (DE), Mitglied des Verwaltungsrates, mit Einzelunterschrift; […]“

Der Name Ralf Reichert, insbesondere der Name seiner Firma Intergroove, fällt seit Jahren in direktem Zusammenhang mit Herrn Moses Pelham sowie indirekt mit der Firma Digiprotect, die zwischenzeitlich pleite ist. Das Frankfurter Unternehmen Pelhams, für welches die Kanzlei Urmann und Collegen in den vergangenen Jahren unzählige Filesharing-Abmahnungen ausgesprochen hatte,  hatte sich von Digiprotect in die Firma "FDUDM2 GmbH" (soll angeblich die Abkürzung für „Fick Dich Und Deine Mutter too“ sein) umbenannt, die zwischenzeitlich Insolvenzantrag gestellt hat:

Handelsregister vom 28.05.2013:

„FDUDM2 GmbH, Frankfurt am Main, Krögerstraße 2, 60313 Frankfurt am Main. Die Gesellschaft ist aufgrund Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst.“

Herr Ralf Reichert als Geschäftsführer von Intergroove und Moses Pelham sind sich seit Jahren durch eine wohl enge Geschäftsbeziehung bekannt; die Kanzlei Urmann und Collegen in deren Mitte.

Update 10.12.2013 I: Die Ereignisse in Bezug auf die Abmahnungen der Firma The Archive AG überschlagen sich förmlich. Der Kollege von Rüden hat mittlerweile den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG, und den Beschluss des Landgerichts Köln in dem entsprechenden Verfahren gern. § 101 Abs. 9 UrhG veröffentlicht.

Hierbei fällt zunächst auf, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Auskunft nicht durch die Kanzlei Urmann und Collegen beim Landgericht Köln eingereicht wurde, sondern durch Rechtsanwalt Daniel Sebastian. Herr Rechtsanwalt Sebastian ist dabei ein alter Bekannter, wenn es um urheberrechtliche Abmahnungen in sog. Tauschbörsen geht. In welcher Beziehung RA Sebastian mit den Kollegen der Kanzlei Urmann steht, können wir derzeit noch nicht beurteilen.

In dem Antrag des Kollegen Sebastian ist zu lesen:

„Die Antragstellerin ist Inhaberin des ausschließlichen Rechts, das Filmwerk „Amanda's Secret“ in allen Teilen im Rahmen der Auswertung im Internet über dezentrale Computernetzwerke auszuwerten und in solchen öffentlich zugänglich zu machen, sowie mittels Streaming und Download- und Progressive-Downloadangeboten kommerziell und nicht-kommerziell zu nutzen.“

Weiter führt der RA Sebastian in Bezug auf die vieldiskutierte Frage, wie die entsprechenden IP-Adressen ermittelt wurden, aus:

„Das von dem Antragsteller beauftragte Unternehmen itGuards Inc., überwacht mit der Software "GLADII 1.1.3. ", ob im Internet auf sogenannten Download-Portalen für Filme solche Portale ohne Zustimmung der Rechteinhaber geschützte Filmdateien zum Herunterladen anbieten und damit Rechte der Filmhersteller bzw. deren Lizenznehmer verletzen. Protokolliert wird dabei die IP-Adresse des Nutzers, welcher den Download-Link auf dem Portal betätigt, sowie der Zeitpunkt, ab dem die Datei abgerufen wird.“

Hierbei wird lediglich auf Downloadportale Bezug genommen, auf denen seitens des Betreibers die Möglichkeit eröffnet wird, den entsprechenden Film via Download auf den eigenen Computer herunterzuladen. Nicht eingegangen wird auf die streitgegenständlichen Video- Streams. Stattdessen wird zur Fehlerfreiheit der eingesetzten Software suggeriert:

„Die Vorgehensweise der Software beruht auf üblichen und gebräuchlichen Internet- Technologien, die von der […] in dem Gutachten vom 22. März 2013 untersucht und die Funktionsfähigkeit und Richtigkeit der Erfassung bestätigt wurden. Die Erfassungsgenauigkeit ist unabhängig von der Verwendung des vom Nutzer eingesetzten Internetbrowsers.

Dateien bzw. Dateibündel werden eindeutig durch eigene URL, mithin eine einzigartige Ressourcenverweisung (Link) identifiziert. Für jeden dieser Links existiert ein einzigartiger, sogenannter Hash-Wert, der dem digitalen Fingerabdruck einer Datei oder eines Links vergleichbar ist und diesen unverwechselbar macht.

Da durch minimale Änderungen an einer Datei, wie die Änderung der Qualität oder der Länge einer Musik- oder Videodatei, die ursprüngliche Variante der Datei nicht mehr durch dieselbe URL identifizierbar gemacht wird und diese dann einen anderen Hash-Wert aufweist, werden immer alle aufgefundenen Varianten der Dateien, welche den selben Inhalt aufweisen, sich aber durch kleinste Details und die jeweilige URL voneinander unterscheiden, dokumentiert.

Für jeden dieser Links gibt es jeweils einen Hash-Wert, welcher als Einstiegspunkt zur Datenerfassung dient.

Nach dem Sammeln dieser Daten zu den einzelnen urheberrechtlich geschützten Werken, werden zunächst die Dateien zur Probe herunter geladen.

Diese Dateien werden dann mittels manueller Hör- und Sichtprobe daraufhin überprüft, ob sie tatsächlich das urheberrechtlich geschützte Material enthalten.

Sobald der Abgleich erfolgreich abgeschlossen wurde, beginnt das System, bei den Netzwerkteilnehmern die zur eindeutigen Identifizierung relevanten Daten, wie die IP-Adresse samt genauem Zeitpunkt, welche von offiziellen Zeitdiensten erfragt wird, Werkname und Hash-Wert, zu protokollieren.“

Im gesamten Antrag gemäß § 101 Abs. 9 UrhG finden sich keinerlei explizite Ausführungen, dass es sich bei den angeblich festgestellten Urheberrechtsverstößen nicht um solche durch das Herunterladen und gleichzeitige Bereitstellen in einer Tauschbörse oder ähnliches, sondern um angebliche Verstöße durch das Streamen von Videos handelt. Lediglich die Ausführung, dass die Antragstellerin die ausschließlichen Rechte „mittels Streaming und Download- und Progressive-Downloadangeboten“ inne habe, lässt jedoch noch nicht darauf schließen, dass die angeblichen Verstöße hier durch das reine Betrachten eines Streams stattgefunden haben sollen.

Unserer Ansicht nach ist der Antrag ganz offensichtlich geeignet das Gericht zu täuschen. Hier hätte es auf Grund des besonderen Umstandes, dass nicht die illegale Tauschbörsennutzung im Mittelpunkt des Antrags steht, weiterer Ausführungen der Antragstellerin bedurft.

Das Landgericht hat auf Grund dieser, bestenfalls mangelhaften Ausführungen, sodann beschlossen, dass durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen des geschützten Werks zu aus der Anlage ersichtlichen Zeitpunkten über eine sog. Tauschbörse eine Rechtsverletzung i.S.v. § 19a UrhG vorliegt.

Dass das Gericht hier auf das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen des geschützten Werks über eine sog. Tauschbörse ausgeht, macht deutlich, dass der Beschluss offensichtlich nicht unter Zugrundelegung der angeblichen Rechtsverstöße auf einer Streaming- Plattform erlassen wurde. 

Auch die Tatsache, dass die Firma itGuards die IP-Adressen der Abgemahnten mit Hilfe der Software "GladII 1.1.3" erfasst haben mag, wird diesseits in Zweifel gezogen. Diese Software wurde für die Überwachung von Tauschbörsen entwickelt und dürfte für die Überwachung von Streaming- Portalen ungeeignet sein. In jedem Fall ist uns hier bis dato kein technisches Gutachten bekannt, in dem der technisch einwandfreie Betrieb der Software "GladII 1.1.3" auf Streaming- Seiten bestätigt wurde. In jedem Fall jedoch hätte es auch bezüglich der genauen Datenerfassung auf einer Streaming- Plattform unter Einsatz der Software "GladII 1.1.3" weitere Ausführungen bedurft.

Dass die Kanzlei U+C die Abmahnungen in Kenntnis dieser Umstände ausgesprochen hat, bleibt völlig unverständlich. 

Update 10.12.2013 II: Vorsicht, die ersten Trittbrettfahrer versenden mit Viren verseuchte E-Mail; angeblich im Namen der The Archive AG durch die Kanzlei U+C.

Update 10.12.2013 III: Auf die zahlreichen Fragen, ob eine abgeänderte strafbewehrte Unterlassungserklärung (also die sog. modifizierte Unterlassungserklärung bzw. mod. UE) abgegeben werden soll, möchten wir unsere generellen Gedanken hierzu mitteilen, die aber eine einzelfallbezogene Beratung keinesfalls ersetzen können:

Auch die modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung gilt grundsätzlich zeitlich uneingeschränkt (also "lebenslänglich"). Das bedeutet, dass man quasi nie wieder aus dieser Unterlassungserklärung "rauskommt".

Und: Auch bei grob-fahrlässigen Verstößen gegen die modifizierte Unterlassungserklärung muss damit gerechnet werden, dass empfindlich hohe Vertragsstrafenforderungen von mehreren tausend Euro geltend gemacht werden können.

Wenn Sie also mit dem Gedanken spielen, eine solche modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben, sollten Sie zunächst hinterfragen, ob Sie tatsächlich zukünftige Verstöße (lebenslänglich) ausschließen können oder ob Sie dazu bereit sind, mit Vertragsstrafenforderungen von mehreren tausend Euro konfrontiert werden zu wollen und mit dem entsprechenden Risiko leben zu wollen.

Wenn Sie sich aber schon jetzt überhaupt nicht erklären können, wie es überhaupt zu dem Vorwurf aus der Abmahnung kommen konnte, sollten Sie ebenso kritisch hinterfragen, wie dann in Zukunft Wiederholungen vermieden werden können, um so Verstöße gegen die modifizierte Unterlassungserklärung zu vermeiden.

Generell gilt, dass das Formulieren derartiger Erklärungen nicht dem Zufall überlassen werden und nicht ohne fachliche Überprüfung erfolgen sollte. Sie gehen mit der Unterlassungserklärung - nochmals vereinfacht ausgedrückt - ein lebenslängliches Vertragsverhältnis mit der Gegenseite ein, bei dem Vertragsverletzungen zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen kann.

Bitte besprechen Sie dies in jedweden Zweifelsfallen mit dem Rechtsanwalt Ihres Vertrauen.

Update 11.12.2013:Die Pressestelle des Landgerichts Köln hat gestern unter dem Aktenzeichen PM 18/13 folgende Pressemitteilung veröffentlicht:

"Stellungnahme des Landgerichts Köln zu Abmahnungen durch die „The Archive AG“

Aufgrund der Vielzahl der Anfragen zu den im Namen der „The Archive AG“ ausgesprochenen Abmahnungen weist das Landgericht Köln auf folgende Aspekte hin: 

- Die Beschlüsse, mit denen die Auskunftserteilung genehmigt worden ist, beruhen auf § 101 Abs. 9 des Urheberrechtsgesetzes. Diese Vorschrift gibt dem Urheber eines Werkes im Falle der Verletzung seines Urheberrechts in gewerblichem Ausmaß einen Anspruch auf Auskunft gegenüber Internetprovidern dergestalt, dass diese ihm dann Namen und Anschrift derjenigen ihrer Kunden, denen eine bestimmte IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war, benennen müssen. Ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall gegeben waren, ist in den ca. 90 hier anhängig gewesenen Verfahren durch die jeweils zuständigen Zivilkammern unterschiedlich beurteilt worden. Während teilweise den Anträgen stattgegeben worden ist, wurde teilweise auch der Antrag zurückgewiesen oder nach einem vom Gericht erteilten Hinweis von der Antragstellerin zurückgenommen. Eine einheitliche Rechtsprechung innerhalb des Landgerichts existiert insoweit nicht. Mit den Anträgen wurde im hier interessierenden Fall (wie auch in den anderen Fällen der beim Landgericht Köln anhängigen Auskunftsansprüche anderer Rechteinhaber) Auskunft über jeweils mehrere IP-Adressen begehrt; die Zahl der beigefügten IP-Adressen lag zwischen 400 und 1000. Insgesamt wurden die Anträge von 16 verschiedenen Zivilkammern bearbeitet. Mit der Entscheidung über die Auskunftsanträge ist keine Aussage darüber verbunden, ob der Anschlussinhaber, dem eine bestimmte IP-Adresse zugeordnet war, selbst die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen hat und ob die Abmahnung hinsichtlich der Höhe berechtigt ist.

- Zu inhaltlichen Aspekten einzelner Verfahren und zur Begründung der Beschlüsse kann die Pressestelle des Landgerichts Köln keine Stellungnahme abgeben. Anschlussinhabern, die mit der Auskunftserteilung nicht einverstanden sind, steht ggf. ein Beschwerderecht zu. In diesem Rahmen können die Entscheidungen nochmals überprüft werden. Konkrete Handlungsempfehlungen - auch zur Frage der Berechtigung der Abmahnung - kann und darf das Landgericht Köln insoweit nicht geben. Bei Bedarf an rechtlicher Beratung sollten sich Betroffene an einen Rechtsanwalt ihrer Wahl oder an Verbraucherschutzorganisationen wenden.

- Heute ist aufgrund von Mitteilungen Betroffener gegenüber dem Landgericht Köln bekanntgeworden, dass sich offenbar Dritte als Rechteinhaber „The Archive AG“ bzw. deren Vertreter (Rechtsanwälte Urmann + Collegen) ausgegeben haben und von Internet-Nutzern per Email die Zahlung von Abmahngebühren für angebliche Urheberrechtsverletzungen gefordert haben. Diese Emails, die offenbar von Trittbrettfahrern stammen, zeichnen sich dadurch aus, dass auf Rechtsverletzungen zu einem Zeitpunkt abgestellt wird, der in der Zukunft liegt (z.B. 16.12.2013 oder 23.12.2013) und dass die Absenderadresse nicht zum Anzeigenamen passt. Es muss befürchtet werden, dass sich im Anhang dieser Emails sog. Malware (Virus- oder sonstige Schadprogramme) befindet; von einem Öffnen ist daher dringend abzuraten. 

(Dr. )
Pressesprecher" (Quelle

Update 19.12.2013: Wird nun bei Redtube gestreamt oder heruntergeladen? 

Das haben wir zusammen mit einem IT- Unternehmen einmal genauer untersucht. Das Ergebnis ist eindeutig: Es findet ein Download statt. Den ganzen Test für die Browser IE, Firefox und Chrome haben wir einmal zusammengestellt.

Update 16.01.2014: The Archive AG tauscht "Führungsspitze" aus

Dem Handelsregister des Kanton Zürich ist seit heute folgender Eintrag zu entnehmen:

"The Archive AG, in Bassersdorf, CHE-305.748.231, Aktiengesellschaft (SHAB Nr. 217 vom 08.11.2013, Publ. 1169275).

Statutenänderung: 27.12.2013.

Sitz Neu: Weisslingen.

Domizil Neu: Grabenwiese 10, 8484 Weisslingen.

Ausgeschiedene Personen und erloschene Unterschriften: Wiik Philipp, deutscher Staatsangehöriger, Bassersdorf, Direktor, mit Einzelunterschrift.

Eingetragene Personen neu oder mutierend: Djengue Nounagnon Sedjro Crespin, beninischer Staatsangehöriger, Weisslingen, Direktor, mit Einzelunterschrift."

Ob Herr Djengue Nounagnon Sedjro Crespin aus Benin etwas von seinem neuen Job weiß?

Update 14.02.2014: RedTube-Massenabmahnungen: Schadensersatzklage gegen Abmahnkanzlei eingereicht. 

Betroffener der RedTube-Abmahnwelle lässt Schadensersatzklage gegen abmahnenden Rechtsanwalt und dessen Anwaltskanzlei einreichen. Beachten Sie hierzu unsere Pressemitteilung.

Update 28.10.2014: RedTube-Massenabmahnungen: Der aktuelle Stand der Schadensersatzklage.


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Kommentare (3)

  • Alex Metzger

    28 November 2014 um 10:48 |
    Die RedTube-Affäre ist ja schon sehr bekannt und somit auch die Gefahr, die solche falschen Abmahnwellen mit sich tragen. Doch es ist immer noch so, dass manche nicht genau wissen, wann eine Abmahnung nun echt ist oder auch nicht. Ich finde, dass man sich dann mit solchen Fällen näher beschäftigen sollte und da die RedTube-Affäre ja ein Paradebeispiel für einen solchen Fall ist, wäre es empfehlenswert auch diesen Fall genau zu studieren. Hier ist mal ein Link zu einem Artikel eines Rechtsanwaltes, der sich mit der RedTube-Affäre befasst hat und meiner Meinung nach gute Informationen liefert: aid24.de/rechtsblog/rechtsanwalt-thomas-urmann-wegen-versuchten-betruges-verurteilt

    antworten

    • Rene

      28 November 2014 um 11:06 |
      Was sollen denn auf der genannten Seite für "gute Informationen" zu finden sein? Ist doch alles ein alter Hut!

      antworten

  • BillyGates

    19 Januar 2014 um 15:41 |
    Es ist wichtig zu wissen: Die Software zum Überpfen von Tauschportalen usw. die hier genannt wurde kann nur Inhalte von Webseiten überprüfen. D.h. Sie kann feststellen ob eine Seite einen Film ect. Illegal anbietet. SOLL ein Nutzer ermittelt werden MUSS eine Software entweder beim Seitenbetreiber auf dem Server ausgeführt werden (Hier Red Tube) oder bei dem Internetprovider des Nutzers(zB. Telekom) oder beim Nutzer selber ( 60000 Rechner mit Fremdsoftware infiziert ?). Ein Drittrechner kann hier nur mitschneiden wenn dieser eine Verbindung zum (gehackten, zB. eingeschleuste Software, Trojaner ect.) Seitenbetreiber oder Provider oder User hat. Dies legt mir den Verdacht nahe dass entweder Red Tube oder die Telekom gehackt wurde ODER dass eine derartige Software ÜBERHAUPT NICHT exisitiert sondern einfach ins Blaue gelogen wurde zum Erwirken der Herausgabe von massenhaften IP-Adressen die zufällig im Zeitrauem XY mit Redtube verbunden waren, womöglich RedTube, die Schweiz und die Mahnanwälte unter einer Decke stecken.. Der Schuss ins Blaue war hier erfolgreich weil ja die ganze Welt auf solchen Seiten surft. Man hätte genauso die Telekom Frankreich zur Herausgabe von Daten mit gleichem Ergebnis herannehmen können. Für mich ist klar dass diese Adressen auf nicht legale Weise "beschafft" wurden und dass sich ein höheres Gericht nicht mit der Rechtslage sondern mit den beteiligten Herrschaften befassen sollte.

    PS: Wer einem Sänger der auf der Strasse ein geschützes Lied vorträgt zuhört wird ja auch nicht bestraft...

    PS2: Es ist ja bekannt dass sich tausendfach die "Erwachsenenseiten" untereinander verlinken. Klickt man auf ein Bildchen kommt man oft sostwo heraus und das nicht selten auf RedTube! Ergo gehören tausende von Webseiten zu ein und demselben Eigentümer. Mir ist schon (ich kenn mich da bissl aus;-) oft alleine schon am Programmierstil aufgefallen dass hinter vielen solcher Seiten ein und derselbe Mensch steckt. Ich hatte beim Surfen im Netz oft den Eindruck (den ich jetzt nicht näher begründen möchte) dass viele solcher Seiten von Deutschland aus gewebmastert werden, den oder die genauen "Urheber" konnte ich aber noch nicht ermitteln. Im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit könnten da doch einige Dinge zusammenpassen...

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