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Streitwert für Spam-Mail kann bei nur 100 Euro liegen

LG Hamm, Urteil vom 17.10.2013, Az. 6 U 95/13


Streitwert für Spam-Mail kann bei nur 100 Euro liegen

Unverlangte Werbemails sind lästig, aber auch nicht mehr. Der Streitwert kann deshalb bei gerade einmal 100 Euro liegen, wie das Oberlandesgericht Hamm jetzt entschieden hat (Urteil vom 17.10.2013, Az. 6 U 95/13).

In dem Fall hatte ein Online-Shop für Musikinstrumente die E-Mail-Adresse einer Kundin aus dem aktiven Kundenbestand herausgenommen und ihr in Folge keine Werbemails mehr zugestellt. Später gab die Kundin die Mail-Adresse auf, der Provider ordnete die Adresse daraufhin einer neuen Kundin zu, nämlich der späteren Klägerin. Durch einen Programmierfehler landete die neu vergebene Adresse wieder im aktiven Kundenbestand des Händlers - und die nächste Werbemail deshalb im Postfach der Klägerin. Eine Verkettung unglücklicher Umstände. Doch die Klägerin ließ den Händler abmahnen, die 627,13 Euro Anwaltskosten wollte sie von ihm erstattet haben. Zudem verlangte sie von dem Händler Auskunft darüber, welche Daten zu ihrer Person bei ihm gespeichert seien. Das OLG Hamm als zweite Instanz legte den Streitwert aber auf gerade einmal 100 Euro fest.

Die Gerichte sind sich uneinig, welcher Streitwert für das Versenden von unerwünschten Werbemails anzusetzen ist. In seinem Urteil weist das OLG darauf hin, dass diesbezüglich schon mehrere tausend Euro für angemessen gehalten worden seien, wobei es sich hier allerdings um Streitfälle im gewerblichen Bereich gehandelt habe. Den Ansatz anderer Urteile, es müsse auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen berücksichtigt werden, teilte das OLG nicht. Maßgeblich sei nicht ein etwaiger volkswirtschaftlicher Gesamtschaden, sondern allein das Interesse des Klägers, künftig keine unerwünschte Werbung mehr zu bekommen. Diene der Streitwert dagegen als Abschreckungsinstrument, müsse er in schwerwiegenderen Fällen, wie zum Beispiel Stalking, exorbitant hoch sein.

Zudem hatte die Klägerin nicht wiederholt E-Mails von dem Beklagten erhalten, sondern nur ein einziges Mal. Der Händler hatte nach der Beschwerde der Frau ihre Daten unverzüglich gelöscht, sodass ein Wiederholungsfall auch nach Ansicht des Gerichts äußerst unwahrscheinlich war. Ein niedrigerer Streitwert sei auch deshalb begründet, weil eine E-Mail mit nur einem Klick gelöscht werden könne, anders als etwa bei unerwünschten Prospekten im Briefkasten, die entsorgt werden müssen.

Auf einem "Nebenkriegsschauplatz" erteilte das OLG der Klägerin eine Absage und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz: Die Händlerin war eine GmbH & Co. KG, welche aus einer GmbH, einer Kommanditgesellschaft und der Geschäftsführerin der GmbH besteht. Vor dem LG war nur die Kommanditgesellschaft dazu verurteilt worden, der Klägerin künftig keine Werbemails mehr zu schicken. Damit wollte sich diese aber nicht zufrieden geben, GmbH und Geschäftsführerin sollten gesondert ebenfalls verurteilt werden. Dem konnten weder das LG noch das OLG folgen. Das Interesse der Klägerin an einer Verurteilung sei kaum erkennbar, zudem seien GmbH und Geschäftsführerin als Organe der Kommanditgesellschaft bereits an das Urteil gebunden.

Kommentar
Unerwünschte Werbemails sind ein stetes Ärgernis in unseren Postfächern. Wer hat sich nicht schon einmal aufgeregt, wenn ihm zum wiederholten Male irgendwelche Produkte angeboten wurden, an denen er überhaupt kein Interesse hat? Von angeblichen Wundermittelchen aus zweifelhafter Herkunft, an denen man auch besser kein Interesse haben sollte, einmal ganz zu schweigen. Gegen viele dieser Spam-Mails lässt sich wenig ausrichten, die Absender sitzen häufig im Ausland. Ganz im Gegensatz zum vorliegenden Fall. Es kann nur spekuliert werden, ob sich die Klägerin ihrem angestauten Ärger über Werbemails Luft machen wollte, als sie endlich an einen Absender geriet, den sie tatsächlich zur Rechenschaft ziehen konnte. Ob sie sich damit angesichts des schlussendlich festgesetzten Streitwerts und ihrer Rechtsanwaltskosten einen Gefallen getan hat, steht auf einem anderen Blatt. Mit einer freundlichen, aber bestimmten Mail an den Händler wäre dieser konkrete Fall vermutlich wesentlich günstiger erledigt gewesen. Mit dem festgelegten Streitwert hat das Gericht diesen Fall korrekt eingeordnet: als Lappalie.

LG Hamm, Urteil vom 17.10.2013, Az. 6 U 95/13


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