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Drohnenabschuss über Privatgrundstück kann gerechtfertigt sein

Amtsgericht Riesa, Urteil vom 24.04.2019, Az. 9 Cs 926 Js 3044/19


Drohnenabschuss über Privatgrundstück kann gerechtfertigt sein

Das Amtsgericht Riesa entschied mit Urteil vom 24.04.2019, dass eine Drohne durch den Anwohner eines privaten Grundstückes abgeschossen werden dürfe, wenn sie unerlaubt dessen Eigentum überliegt. Der Abschuss sei durch Defensivnotstand aufgrund Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Eigentums geraechtfertigt.

Darf eine Drohne einfach mit dem Luftgewehr abgeschossen werden?
Der Angeklagte war wegen Sachbeschädigung angeklagt. Er hatte eine 1.500 EUR teure Drohne, die mit einer Kamera ausgestattet war und ca. 5-15 Meter über seinem Garten schwebte, mit einem Luftgewehr abgeschossen. Durch den Abschuss entstand an der Drohne ein Totalschaden. Der Drohnenpilot (der nicht Eigentümer der Drohne war) befand sich derweil auf dem Nachbargrundstück. Er konnte jedoch aufgrund einer hohen Hecke vom Angeklagten weder gesehen noch gehört werden. In der Verhandlung gab der Angeklagte an, dass die Drohne insbesondere seine beiden Töchter derartig verängstigt hatte, dass diese schreiend in Haus liefen und auch seine Ehefrau verfolgt habe.

Abschuss durch Notstand gerechtfertigt
Das Amtsgericht Riesa entschied, dass der Angeklagte nicht wegen Sachbeschädigung zu verurteilen sei. Denn der Abschuss sei aufgrund Notstandes gerechtfertigt gewesen sei. Dieser finde auch bei mittelbaren Angriffen Anwendung. Zwar sei vorliegend die Gefahr nicht von der Drohne selbst, sondern vom Piloten ausgegangen. Der Pilot habe sich aber einer fremden Sache bedient und diese gesteuert.

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Bildaufnahmen
Es habe eine drohende sowie eine bereits eingetretene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes vorgelegen, urteilte das Gericht. Das eigene Wohngrundstück sei typischerweise als privater Rückzugsort des Einzelnen anzusehen. Daher verletzte die Beobachtungen bzw. Ausspähungen anderer Personen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Durch die Bildaufnahme sei in das Selbstdarstellungsrecht des Angeklagten eingegriffen worden. Erschwerend komme hinzu, dass die aufgenommene Person nicht mit einer Aufnahme „von oben” durch eine Drohne rechne. Eine solche Heimlichkeit führe zu einer gesteigerten Erheblichkeit der Verletzung.

Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen als Straftatbestand
Zugleich sei der höchstpersönliche Lebensbereich des Angeklagten durch die Bildaufnahmen verletzt worden, entschied das Gericht. Denn der Drohnenpilot habe unbefugt Bilder hergestellt, obwohl sich der Angeklagte und seine Familie auf einem durch Hecken und Mauern sichtgeschützten Grundstück befunden habe. Zudem könne dahinstehen, ob die aufgenommenen Bilder auch dauerhaft gespeichert worden seien. Dies sei ohnehin nicht mehr überprüfbar, da die Bilder gelöscht wurden. Vielmehr reiche es aus, dass die Bilder in Echtzeit übertragen worden seien.

Verletzung des Eigentums durch Drohnenüberflug
Durch den Überflug wurde zugleich das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht des Angeklagten verletzt. Denn die Drohne habe das Grundstück in einer Höhe von nur 5 - 15 m überflogen. Die durch das Luftverkehrsgesetz vorgesehenen Einschränkungen des Eigentumsrechts seien vorliegend nicht einschlägig. Dies gelte insbesondere für unbemannte leichte Flugmodelle, die in der der Lage seien, optische Signale zu übertragen. Der Betrieb eines solchen unbemannten Flugmodelles über Wohngrundstücken sei nach der Luftverkehrsordnung verboten.

Abschuss als mildestes Mittel der Gefahrenabwehr
Der Abschuss der Drohne als Notstandshandlung sei auch zulässig gewesen, entschied das Amtsgericht. Denn es sei kein milderes Mittel zur Gefahrabwehr ersichtlich gewesen. Zwar sei dem Angeklagten und seiner Familie grundsätzlich auch die Flucht ins Hausinnere zumutbar gewesen. Allerdings wäre die Rechtsgutverletzung damit allenfalls verringert, nicht aber vollständig abgewendet worden. Eine Absicherung des Grundstücks nach oben hin sei auch nicht zumutbar. Andere mildere Maßnahmen zur Angriffsbeendigung einer sich in 5 m - 15 m Höhe befindliche Drohne seien nicht ersichtlich gewesen. Der Abschuss mit einem Gartenschlauch stelle jedenfalls keine solche geeignete Maßnahme dar.

Schaden durch vollständige Zerstörung wiegt geringer als Eingriff in das Eigentum
Zudem befand das Gericht, dass die vollständige Zerstörung der Drohne nicht unverhältnismäßig gewesen sei. Zwar hätte die Drohne einen Wert von 1.500 EUR gehabt. Jedoch sei von ihr auch eine Gefahr ausgegangen. Hinzu komme der Verstoß gegen die Luftverkehrsordnung. Die Nutzbarkeitsbeeinträchtigung des Grundstücks aber habe einen Wert von 1.500 EUR auf jeden Fall überstiegen. Weiterhin sei aufgrund der geringen Höhe beim Überflug und dem Verschrecken der Familie eine Intensität erreicht worden, die eine bloße Belästigung deutlich übersteige. Außerdem habe es sich beim privaten Drohnenflug nicht um eine kindlich-unschuldige Freizeitbeschäftigung wie dem Drachensteigen gehandelt, sondern um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine kameraausgestattete Drohne. Durch die Hecken-Befriedung des Grundstücks habe sich der Angeklagte erkennbar gegen Blicke von außen schützen wollen. Der Eingriff in einen derart privaten und grundrechtlich geschützten Bereich als Rückzugsort sei jedenfalls nicht hinnehmbar, sodass der Abwehrschaden zurücktreten müsse.

Amtsgericht Riesa, Urteil vom 24.04.2019, Az. 9 Cs 926 Js 3044/19


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