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Kein Unterlassungsanspruch aus DSGVO

Verwaltungsgericht Regensburg, Urteil vom 06.08.2020, Az. RN 9 K 19.1061


Kein Unterlassungsanspruch aus DSGVO

Das Verwaltungsgericht Regensburg entschied am 06.08.2020, dass die DSGVO abschließend die datenschutzrechtlichen Rechtsbehelfe regele. Weitere verwaltungsrechtliche Klagemöglichkeiten oder zivilrechtliche Unterlassungsklagen kommen daneben nicht in Betracht.

Welche Rechtsgrundlage beinhaltet einen Unterlassungsanspruch gegenüber Videoaufzeichnungen?
Der Kläger war Bürger der beklagten Stadt. Für berufliche, private sowie politische Tätigkeiten und Aktivitäten benutzte er eine städtische Gartenanlage. Die örtliche Polizei informierte die Beklage, dass die Anlage seit Jahren insbesondere in den warmen Monaten (April bis Oktober) ein polizeilicher Brennpunkt sei. Der zentrale Omnibusbahnhof grenze direkt an die Anlage an. Beide Örtlichkeiten seien beliebte Treffpunkte und Aufenthaltsorte junger Menschen sowie sozialer Randgruppen, wie Alkoholiker, BtM-Konsumenten etc. Aufgrund zahlreicher Ordnungs- und Sicherheitsstörungen seien beide Örtlichkeiten seit Jahren Gegenstand eines umfassenden polizeilichen Sicherheitskonzeptes. Auf Grundlage des Bayrischen Datenschutzgesetzes und wegen des Drogenhandels sei eine Videoaufzeichnung im Bereich der Gartenanlage denkbar. Der Stadtrat der Beklagten beschloss letztendlich die Installation einer Videoüberwachung. Der Kläger erhob daraufhin Klage und forderte die Unterlassung. Als Begründung führte er an, dass die bisherige polizeiliche Dokumentation nicht genüge, eine sichere Aussage zu Kriminalitätsschwerpunkten innerhalb der Gartenanlage zu treffen. Ob die Kameras eingeschaltet seien, sei für Passanten auch nicht erkennbar; ausführliche Hinweise zur Videoüberwachung fehlten.

DSGVO ist einschlägig
Das Verwaltungsgericht Regensburg stellte fest, dass der sachliche Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eröffnet sei. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit falle in den Anwendungsbereich des zweiten Rechtsakts im Datenschutzreformpaket, der sogenannten „Polizei-RL“, sowie unter die DSGVO. Beide Regelungen seien eng aufeinander abgestimmt und ergänzen sich. Die in Art. 2 Abs. 2 DSGVO genannten Ausnahmen für die Verarbeitung personenbezogener Daten seien nicht einschlägig. Eine Straftat im Sinne der Ausnahme in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO sowie in Bezug auf die Anwendung der „Polizei-RL“ sei als eigenständiger Begriff des Unionsrechts zu verstehen. Die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von reinen Ordnungswidrigkeiten falle nicht darunter. Erfasst seien vielmehr polizeiliche Tätigkeiten in Fällen, in denen nicht von vornherein bekannt ist, ob es sich um Straftaten handele oder nicht. Auch sei die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch Ergreifung von Zwangsmitteln, wie polizeiliche Tätigkeiten bei Demonstrationen, großen Sportveranstaltungen und Ausschreitungen erfasst. Im vorliegenden Fall handele die Beklagte aber vorrangig als Ordnungsbehörde bzw. Sicherheitsbehörde mit der Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Gefahrenabwehr und durch Unterbindung und Beseitigung von Störungen aufrechtzuerhalten. Grundlage dafür sei die DSGVO. Hinzu komme die Ausübung des Hausrechts für die öffentliche Einrichtung der Gartenanlage. Dies falle unter die Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse bzw. zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO).

Kein Unterlassungsanspruch aus der DSGVO
Die DSGVO schließe weitere gerichtliche Rechtsbehelfe gegen Verantwortliche und Auftragsdatenverarbeiter aus, so das Gericht weiter. Somit seien zivilrechtliche Unterlassungsklagen im Bereich des Datenschutzes grundsätzlich nicht möglich. Es bleiben nur andere verwaltungsrechtliche oder außergerichtliche Rechtsbehelfe, nicht aber gerichtliche Rechtsbehelfe. Die Rechte betroffener Personen seien in der DSGVO niedergelegt. Dies betreffe insbesondere Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsrechte sowie das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten. Weitere Rechte gewähre die DSGVO nicht, zu deren Durchsetzung ein wirksamer Rechtsbehelf zur Verfügung gestellt werden müsse. Ein Recht auf Unterlassung rechtswidriger Datenverarbeitung sei nicht als solches in der DSGVO verankert. Zwar konkretisiere die DSGVO das vorrangige Recht auf Schutz persönlicher Daten, aber eben nur soweit, wie die DSGVO die Ausprägungen dieses Rechts normiere.

Auch keine Unterlassungsklage nach BayDSG
Das VG befand, dass die festgestellte Rechtslage auch keine Modifikation durch das Bayerische Datenschutzgesetz erfahre. Zum Rechtsschutz sehe es ausschließlich die Anrufung der Aufsichtsbehörden durch Betroffene vor. Hierin sei eine Konkretisierung des durch die DSGVO gewährleisteten Beschwerderechts gegenüber den Aufsichtsbehörden zu sehen. Aufsichtsbehörden seien u.a. der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz und das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht. An diese könne sich die betroffene Person wenden, sollten bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten ihre Rechte verletzt worden sein. Das Beschwerderecht werde durch Art. 20 Abs. 1 Satz 1 BayDSG konkretisiert und setze eine eigene Rechtsverletzung voraus. Wenn eine Behörde für die Verletzung verantwortlich sei und diese die Beschwerde ablehne, sei dies als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Ein solcher könne regelmäßig per Widerspruch und Verpflichtungsklage angegriffen werden. Damit bleibe es auch im Anwendungsbereich des Bayerischen Datenschutzgesetzes bei der ausschließlichen Klagemöglichkeit eines Betroffenen gegen den Verantwortlichen nach § 79 DSGVO.

Klage unzulässig
Aufgrund dessen erachtete das Gericht die Klage bereits als unzulässig. Sie sei im Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht statthaft. Zudem sei allein durch die regelmäßige Nutzung der Gartenanlage keine eigene selbstständige Rechtsverletzung erkennbar. Auch aufgrund dessen scheide der Klageweg gem. Art. 79 DSGVO aus.

Verwaltungsgericht Regensburg, Urteil vom 06.08.2020, Az. RN 9 K 19.1061


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