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"Zwangsmediation" in AGB unzulässig

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.04.2015, Az. 6 U 110/14


"Zwangsmediation" in AGB unzulässig

Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 09.04.2015 unter dem Az. 6 U 110/14 entschieden, dass ein Rechtsschutzversicherer keine AGB-Klausel verwenden kann, derzufolge die Kostenübernahme für anwaltliche Beratung von einer vorherigen Mediation abhängig gemacht wird. Eine solche Vorgehensweise würde den Verbraucher unangemessen benachteiligen. Dem Versicherungsnehmer würde die Klausel den Zugang zu einer für ihn kostenfreien Beratung erschweren.

Damit hat das LG das Urteil der Vorinstanz nach Berufung seitens der Beklagten abgeändert und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt, in ihren Rechtsschutzversicherungen Klauseln in ihren AGB in irgendeiner Form zu verwenden, die die Kostenübernahme im Schadensfall von einem vorangegangenen Versuch einer Mediation abhängig machen.

Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen und hat entsprechende Klauseln in ihren Angeboten zu einer sogenannen „Rechtsschutzversicherung” verwendet. Hiernach sollte die Übernahme von Beratungskosten durch einen Anwalt von der Versicherungsgesellschaft nur übernommen werden, wenn der Versicherungsnehmer zuvor eine Mediation versucht hat. Die Versicherung war mit günstigeren Konditionen versehen als es beim Abschluss eines herkömmlichen Vertrages der Fall war.
Die Klägerin begehrt Unterlassung hinsichtlich des Verwendens der Klauseln.
Auch möchte sie die Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten und Erlaubnis zur Bekanntmachung des Urteils im Bundesanzeiger sowie allgemeine Veröffentlichung.

Das LG hat die Beklagte bezüglich der AGB-Klauseln und der Bezeichnungen „Mediator”, "Mediation" und ”Mediationsverfahren” zur Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten verurteilt und der Klägerin erlaubt, das Urteil nach Rechtskraft bekannt zu machen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Beide Parteien legten dagegen Berufung ein.

Die Klägerin beantragt u.a., es der Beklagten zu untersagen, Versicherungen als „Rechtsschutzversicherung” zu verkaufen, wenn in deren Rahmen die Kostenübernahme von einer Vorschaltung eines Mediators abhängig gemacht werden.

Die Berufung der Klägerin hat jedoch keinen Erfolg. Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg, nämlich im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch und der Befugnis zur allgemeinen Veröffentlichung des Urteils.
Das Gericht führt aus, die streitigen Klauseln würden einem „Zwangsmediationsversuch” gleichkommen. Diese verschaffe der Beklagten wesentliche Vorteile, weil eine Senkung der Kosten zu erwarten sei. Für den Versicherungsnehmer jedoch stelle sie eine erhebliche Erschwernis dar, weil sie den Zugang zu einer für ihn kostenlosen rechtlichen Beratung durch einen Anwalt erschwere. Kompensiert werde dies jedoch durch den günstigen Tarif.
Es erscheine daher nicht auf den ersten Blick als eine unangemessene Benachteiligung, wenn der Kunde dafür Einschränkungen hinnehmen müsse.

Entscheidend sei, ob die Einschränkung durch den „Zwangsmediationsversuch” schwer durchschaubare Nachteile bringe, welche nicht durch die günstigeren Beiträge aufgewogen werden. Dies sei zu bejahen.

Eine Rechtsschutzversicherung diene dazu, einen Versicherungsnehmer von Kosten freizustellen, die mit der Wahrnehmung seiner Interessen verbunden seien. Dies ergebe sich aus § 125 VVG. Eine sachgerechte Rechtswahrnehmung setze aber zwingend die bei einem Versicherungsnehmer fehlende Kenntnis der Rechtslage und der sich hieraus erwachsenden Konsequenzen voraus. Ein Rechtssuchender bedürfe daher gerade vor dem Beginn des Verfahrens einer rechtlichen Beratung, für deren Kostenübernahme die Rechtsschutzversicherung gerade gedacht sei.

Eine solche Beratung könne ein Mediator nicht leisten, auch wenn er Rechtsanwalt sei.

Eine Mediation sei ein Verfahren, bei dem die Parteien eigenverantwortlich die Lösung ihres Streits anstreben. Dies erfolge losgelöst von rechtlichen Kriterien. Wenn ein Mediator feststelle, dass eine Partei nicht ausreichend beraten sei, könne er diese Beratung nicht selbst vornehmen, sondern müsse auf externe Beratung verweisen (§ 2 VI 2 MediationsG). Insbesondere sei eine Mediation nicht mit einer Schlichtung gleichzusetzen. Denn im Gegensatz zu Schiedsstellen bewerte der Mediator keine Position der Partei in rechtlicher Hinsicht und mache auch keine Kompromissvorschläge. Denn in einem Mediationsverfahren verhalte sich der Mediator lediglich moderierend.

Ein Mediationsversuch ohne zuvor stattfindende rechtliche Beratung stelle jedoch für einen Versicherungsnehmer ein erhebliches Risiko dar, das für ihn nicht einfach zu erkennen sei.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.04.2015, Az. 6 U 110/14


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