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Zur Angabe von wesentlichen Produktinformationen

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 08.05.2020, Az. 6 U 241/19


Zur Angabe von wesentlichen Produktinformationen

Das Oberlandesgericht Köln entschied mit Urteil vom 08.05.2020, dass deutlich darauf hingewiesen werden müsse, ob sich Autositzbezüge für Autos mit Seitenairbags eigne. Denn es handele sich dabei um eine wesentliche Produktinformation.

Über welche Produkteigenschaften muss informiert werden?
Die Parteien boten jeweils Autositzbezüge an und stritten über die Frage, ob und in welcher Form die Beklagte verpflichtet sei, auf die Eignung der Bezüge für Fahrzeuge mit Seitenairbags hinzuweisen. Mittlerweile sind in neueren Fahrzeugen Seitenairbags in die Rückenlehne des Vordersitzes integriert. Autositzbezüge, die über den Originalbezug gezogen werden, können die Funktionsfähigkeit der Seitenairbags in einem Kraftfahrzeug beeinträchtigen. Die Autositzbezüge der Klägerin wiesen eine spezielle, kraftfahrzeugtypabhängige Seitennaht auf, die gewährleistete, dass sich der Seitenairbag ohne Beeinträchtigung durch den Autositzbezug hindurch entfalten konnte. Die Klägerin ließ dies auch regelmäßig vom TÜV überprüfen. Die Beklagte bot auf E-Bay und Amazon Sitzbezüge an, ohne darauf hinzuweisen, ob diese zur Verwendung mit einem Seitenairbag geeignet waren. In einem späteren Angebot integrierte die Beklagte folgende Information: Nicht geeignet für Fahrzeuge mit integrierten Kopfstützen und Seitenairbags. Ohne ABE!" Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen dieser Werbung erfolglos ab und verklagte sie später. Die Vorinstanz wies die Klage teilweise ab. Hiergegen legte die Klägerin Berufung ein.

Eignung bei Seidenairbag stellt wesentliche Information dar
Das OLG Köln befand, dass die Beklagte wesentliche Informationen vorenthalten und daher unlauter gehandelt habe. Wesentliche Informationen seinen solche, die benötigt werden, um eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können. Die fehlende Angabe zu der Frage, ob sich der Sitzbezug für ein Kraftfahrzeug mit Seitenairbags eigne, stelle eine solche wesentliche Information dar. Es handele sich um ein Merkmal, das die Qualität des Produkts und dessen Brauchbarkeit beschreibe. Ohne diese Information werde der Verbraucher keine Gedanken darüber machen, ob eine Nutzung gefahrlos möglich sei oder nicht. Daher könne er auch ohne diese Information die Produkte nicht hinreichend vergleichen.

Kein zusätzlicher Hinweis auf "Gefahr für Leib und Leben"
Einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Bewerbung ohne den Zusatz, dass eine Gefahr für Leib und Leben bestehen könne, verneinte das Gericht jedoch. Denn dabei handele es sich nicht um eine wesentliche Information. Eine Information sei nämlich nicht allein schon deshalb wesentlich, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein könne. Vielmehr sei sie nur dann wesentlich, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen erwartet werden könne und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukomme. Vorliegend gehe es um die Information, dass die Sitzbezüge nicht für Fahrzeuge mit Seitenairbags geeignet seien und dass die Funktion dieser Airbags bei Nutzung der Sitzbezüge gestört sein könne. Dies lasse ohne weiteres den Schluss zu, dass wegen einer Funktionsstörung des Seitenairbags der Schutz im Rahmen eines Unfalls nicht mehr gewährleistet werden könne. Da allein hieraus die von der Klägerin dargelegte Gefahr für Leib und Leben resultiere, bedürfe es keines zusätzlichen Hinweises. Da die Information für den Verbraucher auf der Hand liege, ergebe sich nichts anderes daraus, dass die Information von erheblicher Bedeutung für die sichere Nutzung des Produkts sei.

Keine andere Beurteilung aus § 3 ProdSG
Auch aus § 3 ProdSG ergebe sich nichts anderes, befand das OLG. Dabei handele es sich um eine Marktverhaltensregelung, wonach ein Produkt nur dann "auf dem Markt" bereitgestellt werden dürfe, wenn Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet seien. Allerdings liege ein Verstoß dagegen vorliegend nicht vor. Grund sei, dass keine produktbezogene Richtlinie im Sinne des § 3 Abs. 1 ProdSG vorhanden sei. Danach dürfe ein Produkt auf dem Markt nur bereitgestellt werden, wenn es bei bestimmungsgemäßer Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährde. Bei der Beurteilung seien auch die Aufmachung des Produkts, seine Kennzeichnung, die Warnhinweise und weitere produktbezogene Angaben zu berücksichtigen. Danach liege eine bestimmungsgemäße Verwendung nicht vor, soweit die Sitzbezüge in einem Fahrzeug mit in den Sitzen integrierten Seitenairbags eingesetzt werden. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Hinweise auf die Ungeeignetheit der Verwendung an sich und den Hinweis auf die Gefahr kumulativ geltend macht. Aufgrund des ersten Hinweises sei es auch nicht vorhersehbar, dass der Verkehr die Sitzbezüge in Fahrzeugen mit entsprechenden Seitenairbags verwendet. Vielmehr sei dem Verkehr - wie dargelegt - unter Berücksichtigung des allgemeinen Hinweises bewusst, dass sich die Sitzbezüge für solche Fahrzeuge nicht eignen und daher Gefahren für die Funktion der Seitenairbags bestehen.


Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 08.05.2020, Az. 6 U 241/19


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